Echt jetzt?

Es gibt Momente in meinem Leben, wo ich denke “das kann doch nicht Eurer Ernst sein?”. Doch, die meinen das Ernst, Bierernst sogar.

Mir fehlt die Leichtigkeit und der Spass in meinem Leben und das gänzlich unabhängig von Corona und der Lockdown-Situation.

Ich würde gerne wieder sorglos sein. Ausgelassen und Lebensfreude verspüren. Wieso muss alles so seriös sein? Das ist so sterbenslangweilig. Ich möchte nicht mehr in so einer Ernsthaftigkeit und Seriosität leben. Tief in mir bin ich nicht nur eine Hippie-Seele, ich habe auch rebellische Anteile in mir. Ich hätte gerne etwas mehr Anarchie, habe aber nicht mehr den Mut dazu.

Wenn ich mutiger wäre, würde ich Schabernack treiben, Unfug anstellen, ich wäre total albern. Unangepasst und anarchisch.

Früher war ich das viel mehr als heute, aber es wurde mir gehörig abtrainiert. Ich kann mich noch gut an eine Schulstunde erinnern, in der mein Klassenlehrer meine Hausarbeit für alle sichtbar hochhielt und sagte, dass ihm noch nie so eine ungehörige Frechheit untergekommen wäre. Es war eigentlich ein Versehen. Aber von Vorne: es muss ungefähr in der 11ten oder 12ten Klasse gewesen sein. Wir sollten im Fach Betriebswirtschaft (es war ein Wirtschaftsgymnasium) irgend etwas darstellen. Was genau, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiss nur noch, dass ich das Thema mega öde und langweilig fand.

Um es für mich interessanter zu gestalten, hatte ich die im Beispiel dargestellte Person – als damals echt großer Fan des Mad-Magazins – als Alfred E. Neumann benannt, wohnhaft in Madhausen in der Madstrasse etc. Ich hatte das nur für mich gemacht, um das trockene Thema für einen kreativen Menschen wie mich etwas phantasievoller zu gestalten. Es half ungemein und als ich es fertig hatte, schrieb ich es quasi nochmals ins “Reine”, damit es eine seriöse Arbeit ergab. Als ich die Hausarbeit am nächsten Tag abgeben musste, verwechselte ich die Versionen und gab die “Unreine” ab. Der Lehrer empfand es als persönlichen Affront gegen ihn. Ich hatte ihn bis zu diesem Tag eigentlich für recht liberal und offen gehalten, wurde aber eines Schlechteren belehrt. Er machte komplett zu. Er hörte mich auch nicht an, als ich versuchte ihm zu erklären, dass ich die Versionen schlicht verwechselt hatte. Ich gab ihm die “ordnungsgemäße Variante”, aber er sah sie sich nicht einmal an. Er blieb bei der 6, die er mir dafür gegeben hatte und wechselte mehrere Wochen kein Wort mit mir. Irgendwann war sein Groll verflogen und er war wieder normaler, ganz so wie vorher wurde es aber nie wieder zwischen uns.

Es gab trotz dieses Einschnitts immer wieder leichtes Aufflackern der Rebellin in mir. Als ich vor Jahrzehnten in einem Fotogeschäft jobbte und für die Dekoration des Schaufensters zuständig war, schmuggelte ich versteckt ein paar kleine Jägermeisterfläschchen ins Fenster. Sie fielen erst auf den zweiten oder dritten Blick auf und vielen Menschen gar nicht. Mein ehemaliger Chef, sah es natürlich und es gab eine ordentliche Standpauke.

An Karneval erschien ich dort ein andermal verkleidet als Councelor Deanna Troi aus StarTrek. Dazu konnte der Chef aber nichts sagen, denn es war ja nichts Anstößiges, was ich trug.

Jahre später brachte ich ernsthaft ein Raclettegerät mit ins Büro und brutzelte mit ein paar gleichgesinnten Kollegen tatsächlich ein paar Pfännchen. Man konnte den Geruch des Raclettekäses noch drei Stockwerke weiter nur allzu deutlich riechen. Es hatte keine Konsequenzen, ausser schrägen Blicken.

Wir bestellten auch mal aus dem Ausland Cocktailpulver, welches man wie Brause mit Wasser anrührte und somit quasi Instant Cocktails mixen konnte. Ich war an dem Tag ziemlich besoffen, aber zum Glück wurde es anscheinend nicht bemerkt.

Während einer Jubiläumsfeier fand ein Gottesdienst statt und dieselben Kollegen wie oben erwähnt und ich hatten in der Nacht zuvor Erdbeeren in Rum eingelegt und zum Frühstück gegessen. Wir waren so betrunken, dass wir – während der Kirchenchor sang – laut “for whom the bell tolls” von Metallica grölten. Das hörte das gesamte Unternehmen, aber niemand verlor je ein Wort darüber. Ich weiss bis heute nicht, wie ich an dem Tag nach Hause gekommen bin, aber ich erinnere mich deutlich daran, dass ich morgens um 10 schon richtig schön angeschickt war.

Wenn ich so darüber nachdenke, ist es schon mindestens 10 Jahre her, seit ich das letzte mal etwas Unkonventionelles getan habe. Das “Rebellischste” was ich in den letzten 8 Jahren tat, war das Tragen von zu kurzen Kleidchen um eine gewisse Person zu ärgern. Ganz schön traurig. Das muss sich wieder ändern. Ich brauche diesen Unfug. Ich kann nicht immer so angepasst und konventionell leben. Diese konservative Welt ist nicht die Meine. Das Leben ist zu kurz um es immer so ernst zu leben. Wenn ich mal alt und am sterben bin, will ich nicht bereuen, dass ich immer versucht habe “es allen recht zu machen”, das ich immer alles “richtig” und korrekt gemacht und so unendlich uncool gelebt habe. Das würde ich ganz sicher bereuen. Ich bereue es ja jetzt schon, dass ich so lange so angepasst war. Mögen die subversiven Spiele wieder beginnen.

 

Es ist mal wieder Zeit…

… für eine mega abstruse Story aus meinem Leben.

Es war vor 17 Jahren, als ich noch eine Friseurin hatte, mit der ich auch befreundet war. Sie war nett, wenn auch mega naiv. Sie war der wandelnde Inbegriff von “Ich hab’s nur gut gemeint”. Wie wir wissen, ist “gut gemeint” echt immer Scheisse.

Ich war zu der Zeit Single und sie hatte wohl einen Kunden, der für mich schwärmte. Sie gab ihm unerlaubt und ohne zu fragen meine Handynummer. Ich habe keinen Schimmer mehr, wie er hieß, nennen wir ihn einfach Martin. Irgendwie sah der aus wie ein Martin. Er war ungefähr 5 Jahre älter als ich. Das wäre eigentlich kein Grund gewesen, aber Martin war sowas von nicht mein Typ. Er trug doch tatsächlich einen Schnauzer. Wir reden hier nicht von den 70er Jahren, sondern es war 2004 zur Hölle. Wer trug denn zu der Zeit einen Schnauzer, wenn er unter 60 war???

Er schrieb mir jeden Morgen “Hallo Du Süsse, na, wie geht es Dir, was machst Du denn heute Schönes?”. Ich wusste damals noch nichts von Ghosting und selbst wenn, hätte ich so etwas fieses nicht gemacht. Sehr nett war das, was ich mit Martin gemacht habe, jedoch auch nicht, aber nach zwei Wochen musste das ein Ende haben.

Er wollte ein Date mit mir und ich dachte mir, hier hilft nur die Holzhammermethode und willigte ein. Es war ein lauer Sommerabend und wir trafen uns im Biergarten. Das war mein üblicher Treffpunkt zum Körbe verteilen. Der Parkplatz war direkt daneben und er war nicht sehr gut besucht, so dass ich immer schnell wieder abhauen konnte. Strategisch klug wählte ich auch immer den ersten Tisch direkt neben dem Parkplatz, an dem – ausser mir – auch niemand sitzen wollte.

Er sass, wie von mir bestellt am “Katzentisch”als ich kam. Der gute Martin “strahlte” noch über beide Backen. Noch… Er erzählte mir von einer Kaffeefahrt und dass er sich dort eine Magnetfelddecke gekauft hätte. Oh mein Einhorn! Er fragte mich, was ich so in meiner Freizeit machen würde. Grober Fehler. Ich sagte ihm in aller Ernsthaftigkeit, zu der ich fähig war, dass ich schon seit Jahren nach dem Heiligen Gral suche, mich aber auch mit der Manna-Maschine begnügen würde. Er schaute etwas seltsam, aber jetzt kam ich erst richtig in Fahrt. Ich erklärte ihm, dass ich gerade Klingonisch lerne (was ich tatsächlich versucht hatte) und dass ich einen Hexenzirkel gegründet hätte (das stimmte nicht ganz, aber fast). Er war bleich geworden, beinahe grün. Ich verabschiedete mich auch recht schnell mit dem Hinweis, dass ich jetzt nach Hause müsse, um “Buffy” zu schauen, weil ich auch eine Vampirjägerin werden möchte. Letzteres stimmte nicht, aber dass ich nach Hause wollte um “Buffy” zu schauen, stimmte sehr wohl.

Ich dachte, dass ich ihn nachhaltig verschreckt hätte, aber denkste. Am nächsten Tag rief mich die Friseurin an. Der Martin hätte ihr von unserem netten Abend erzählt und dass er mich unbedingt wieder treffen wolle. Ich sagte ihr, dass sie sich gerne mit dem guten Martin treffen könne, aber ich auf gar keinen Fall ein zweites Mal. Ich sagte ihr, dass sie ihm das bitte beibringen solle und falls sie jemals wieder auf die Idee käme, dass sie irgend einem dahergelaufenen Hoschi meine Nummer geben würde, ohne meine Erlaubnis einzuholen, würde sie ihre Nummer in Riesengröße auf einem Plakat im Stadtklo wiederfinden. Das war mein Ernst und das wusste sie auch. Sie erklärte ihm, dass ich ihn nicht mehr sehen möchte, dass er niemals mein Typ sein wird und dass er sich eine andere Frau suchen soll.

Er schrieb mir ab diesem Zeitpunkt nicht mehr und das war gut so. Ich löschte auch direkt seine Nummer und dachte, “den seh ich nie wieder”. Aber dem war nicht so.

An Silvester desselben Jahres war ich mit meiner Nichte unterwegs und bekamen einen Anruf ihres Bruders mit der Bitte, ihn auf einer Veranstaltung in der Stadthalle abzuholen. Wir fuhren gleich hin und der Türsteher war so freundlich, uns unentgeltlich Eintritt zu gewähren. Wir suchten also meinen Neffen und liefen den Flur entlang, als Martin uns entgegen kam. Er starrte uns mit weit aufgerissen Augen an und murmelte etwas, was sich “Nixwieweghier” anhörte, was bei meiner Nichte und mir zu einem langen Lachflash führte. Er rannte daraufhin weg, als wäre der Teufel hinter ihm her. Vielleicht erinnerte er sich an meine Vampirjägerphantasien. Egal, ab da sah ich ihn wirklich nicht wieder. Oder vielleicht doch, keine Ahnung, ich wüsste nicht mehr, wie der aussah. Ist auch irrelevant und schon ewig verjährt. Wahrscheinlich hat der mich aber nicht vergessen, hahahahaha

Mit der Gesamtsituation unzufrieden

Ich bin – mal wieder – mit der Gesamtsituation unzufrieden. Es ist nicht nur der Corona-Lagerkoller. Momentan trifft wohl der symbolträchtige Vollmond vor Imbolc mit einer akuten PMS-lastigen Phase zusammen. Das birgt Zündstoff. Aber vielleicht muss manchmal raus, was keine Miete zahlt. Auch ich kann und darf launisch sein. Aber hier ist es wie mit allem, wenn man es von jemandem nicht gewohnt ist, fällt es mehr auf.

Ich habe einen Bekannten, der extrem stoffelig ist. Er bringt kaum ein vernünftiges “Hallo” zustande, wenn man ihm begegnet. Wenn es dann alle Schaltjahre vorkommt, dass er doch mit einem redet, ist man mehr als erstaunt, weil man es von ihm einfach nicht erwartet. Eine Bekannte von mir ist mega launisch. Die Launen sind nicht nur Tagesform abhängig, sondern sie können innerhalb einer Stunde mehrfach wechseln. Es macht sich aber keiner groß Gedanken darüber, weil “die ist halt so”. Wenn aber so ein angepasstes, braves Wesen wie ich einmal in 10 Jahren jemand über den Mund fährt, dann ist das was “gaaaanz anderes”. Es ist meistens so, dass es eher toleriert und akzeptiert wird, wenn sich jemand immer Scheisse verhält, als wenn man sehr selten die “innere Sau raus lässt”.

Vielleicht sollte ich es auch etablieren, dass ich ab jetzt immer launisch bin. Das ist aber nicht mein Naturell. Doch ab und an etwas zickiger und den Mund deutlich aufmachen, schadet auf keinen Fall. Oder wie es Madonna einst besang: Express yourself. Sich selbst ausdrücken. Verbal und Non-verbal. Egal wie. Durch die Kleidung, durch das Geschriebene, durch Gesten und Mimik, durch das äußern was man wirklich wirklich wirklich will.

Ich bin so viel mehr, als das, was ich momentan zeige. Ich bin die, die beim Spazierenlaufen die Hunde vor den Menschen grüsst. Manchmal auch nur die Hunde, wenn die Leute unsympathisch wirken. Ich bin die verrückte Katzenlady, ich bin die mit dem Klamottentick, ich bin die, die ewig jung sein will, ich bin die mit dem storchenhaften Gang. Ich bin die mit den verrückten Entwürfen für Kleider und die, die fantasievolle Kurzgeschichten schreibt. Ich bin die, die für ihre Katzenkinder ein Zelt baut und sich mit ihnen darin versteckt. Ich bin die, die sich um einen Marder sorgt. Ich bin die, die Tauben füttert. Ich bin die, die sich mit zunehmendem Alter in Gesellschaft von Tieren wohler fühlt als in Gesellschaft meiner Spezies. Ich bin die, deren Leben wieder mehr Magie benötigt, ich bin die, die immer noch auf der Suche nach ihrer Berufung ist. Ich bin die, die nach finanzieller Unabhängigkeit strebt. Ich bin die, die mehr Selbstbewusstsein braucht. Ich bin die, die niemals wieder einen Zettel mit “Bitte sprich mich an” bekommen will! Ich bin die, die ihren Frust rauslassen muss, bevor er mich auffrisst. Ich bin die, die eben gerade mies drauf ist und gar vielen in ihrem Umfeld einfach gerne sagen würde “verpisst Euch ihr Pissgurken” oder “F… Euch doch alle!”. Aber natürlich denke ich das nur. Vielleicht sollte ich auch einfach etwas asozialer und nicht mehr so gesellschaftsfähig sein. Sozial, lieb, nett und gesellschaftsfähig hat mich bisher nicht weit gebracht. Vielleicht sollte ich den Drachen mal rauslassen. Drachenzähmen ist nicht angebracht!

Was ich von meinen Kindern lernen kann

Gestern war ich mit unserem Sohn Orpheus beim Tierarzt zur Blutabnahme. Nur zur Kontrolle, weil er an einer – für ein carnivores Wesen suboptimalen – Allergie gegen fast sämtliche Fleischsorten leidet. Wir haben nach dem Ausschlussverfahren eines gefunden, was er halbwegs verträgt. Jedenfalls musste er eine längere Autofahrt ertragen, die Blutabnahme beim Tierarzt und die Rückfahrt. Er ertrug alles sehr stoisch. Als wir wieder Zuhause waren, tat er kurz und energisch seinen Unmut durch nölendes Maunzen kund. Keine zwei Minuten später lag er bei mir, schnurrte was das Zeug hält und hatte alle Strapazen des frühen Morgens komplett vergessen.

Er grübelte nicht noch lange über das nach, was ihm passiert war. Er dachte nicht noch ewig an die Schmerzen, die er durch die Blutabnahme hatte, seine Gedanken drehten sich nicht noch tage- oder gar wochenlang um das Geschehene. Er stieg aus dem Transportkorb, äußerte seine Meinung und damit war die Sache für ihn erledigt. Wie schlau er doch ist!

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Von meiner Tochter Onya kann ich ebenfalls viel lernen. Sie hat vor nichts Angst. Sie ist gänzlich unerschrocken und taff. Egal was kommt, ob Handwerker, familiärer Besuch, Freundschaftsbesuch oder wer/was auch immer. Die kleine Dame setzt sich in Pose und gewährt den Leuten ihre Audienz. Wenn sie jemand besonders mag, lässt sie sich sogar dazu herab, dass man ihr huldigen darf. Sie weiss dass sie schön ist und sie weiss, dass sie bewundert wird. Sie ist sich ihrer selbst bewusst. Eine kleine Katzengöttin, die einfordert, genau so behandelt zu werden. Sie käme niemals auf die hirnrissige Idee, an sich herum zu mäkeln, sich klein zu machen, sich unter Wert zu verkaufen. Sie fühlt sich nie zu dick, alt, faltig oder sonst irgendwie unzulänglich. Sie IST!

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Ich muss mir vom Verhalten meiner Kinder eine gute Portion abschneiden. Der größte Feind bin ich mir nämlich selbst. Niemand mäkelt mehr an mir rum als ich. Wenn eine meiner Freundinnen mich so behandeln würde, wie ich mich manchmal selbst behandle, hätte ich die schon lange zum Teufel gejagt. Wieso tue ich mir selbst das an? Ich kritisiere harsch und ohne Mitleid an mir selbst herum. Rede mir ein, dass ich nicht gut genug bin und dass ich immer wieder versage. Ich mache mich so klein, dass ich mich schon fast nicht mehr sehen kann. Das muss aufhören. Ich bin jung, schön, habe eine tolle Haut, wundervolle lange Beine, ich bin belesen, gebildet und talentiert. Nichts an mir ist verkehrt, auch nicht meine angeblichen “Schwächen” und “Schatten” oder gar “Abgründe”. Ich bin gut und liebenswert genau so, wie ich bin. Ich bin genug!

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Sei Du selbst

Das ist einfach gesagt. Wenn ich wirklich und wahrhaftig mein “Wahres Ich” rauslasse, würde ich bestenfalls als egozentrisch gelten, schlimmstenfalls in einer Zwangsjacke enden.

Wenn ich mich nicht “zurücknehmen” und auf Konventionen, die “Anderen Leute” und den aktuell gültigen Zeitgeist pfeifen würde, könnte es schon sein, dass ich ab und zu in Ballkleidern oder meinem Rotkäppchenkostüm anzutreffen wäre. Ein Krönchen zur Arbeit und meine Katzenmaske als Mund-Nasen-Schutz wäre durchaus im Rahmen des möglichen. Das wären aber nur Äußerlichkeiten. Gravierender wären die “inneren Werte”. Mein wahres Selbst ist nämlich nicht so zurückhaltend, nett, freundlich und angepasst. Die innere Sau, die ich rauslassen muss, ist aufmüpfig, rebellisch, unangepasst, politisch inkorrekt, oftmals gnadenlos ehrlich, wütend. Die echte Margit ist auch nicht dieses unsichere Wesen, das mir unglaublich auf den Zeiger geht. Ich bin im Grunde nicht so ängstlich und ohne Selbstvertrauen.

Ich bin in einem Alter angelangt, wo die Zeitspanne, die mir noch bleibt vermutlich kürzer ist, als die schon gelebten Jahre. Wenn die Zeit knapper wird, hat das den Vorteil, dass man mehr und mehr das aus seinem Leben eliminiert, was nicht mehr taugt. Ich bin viel kompromissloser geworden als in meinen 20, 30 und auch noch in den 40ern. Mein Harmoniebedürfnis schwindet ebenfalls. Ich muss nicht mehr mit jedem können und es muss mich wahrlich nicht mehr jeder mögen. Ich ecke jetzt gerne mal an und mach mir nicht mehr so einen Kopf darum wie früher. Was raus muss, muss halt ab und zu raus.

Es gibt jetzt auch Phasen, in denen ich nicht nur “Fick Dich doch” denke, sondern es auch sage. Vielleicht ist das so eine Art Superkraft, die ich jetzt habe. Kürzlich fand ich auf Insta einen Spruch: “You will be the most tempted to quit when you are the closest to your calling”. Dann bin ich wirklich sehr nah dran an meiner Berufung, denn ich würde lieber heute als morgen alles hinschmeißen. Vielleicht eines schönen Tages, werde ich Tabula Rasa machen. Ich weiss zwar nicht, wie es danach weiter gehen kann, aber vielleicht muss das Alte und Unnütze erst verschwinden, damit Platz für Neues entsteht. Mein Sicherheitsbedürfnis schwindet ebenfalls und das ist gut so.

Mark Darcy sagt in Teil 1 zu Bridget Jones, dass er sie genau so mag, wie sie ist. Gerade sah ich im Netz einen ebenfalls passenden Spruch dazu: “Wer Dich wirklich mag, mag Dich so, wie Du Biest”.

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Mit etwas Wehmut

Das war ich 2005. Beim heiligen Einhorn war ich damals hübsch und dünn:

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und wisst Ihr was? Damals gab es – genauso wie heute – Zeiten, wo ich mich hässlich und fett gefühlt habe. Damals hatte ich nur etwas mehr – aus der äußeren Bewunderung gezogenes – Selbstvertrauen. Mit zunehmendem Alter schwand dies jedoch mehr und mehr. Ich bin nicht mehr das “It Girl” von damals. Seither sind 15 Jahre vergangen und ich keine 37 mehr und ich wiege auch keine 62 Kg mehr, sondern 67 Kg.

Heute sehe ich so aus:

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Klar habe ich mich in 15 Jahren etwas verändert, aber so arg auch wieder nicht. Ich bin noch immer hübsch und schlank. Wann kapiere ich das endlich und höre auf, ständig an mir herum zu mäkeln. Das ist doch bescheuert.

Als ich so um die 20 war, las ich mal einen ziemlich fiesen Spruch: “Der Mensch in seiner unendlichen Grausamkeit hat ein 11tes Gebot erfunden: Du darfst nicht alt aussehen”. Das habe ich damals wirklich verinnerlicht und ich habe schon mit Mitte 20 mit natürlichen Anti-Aging Maßnahmen begonnen, wie Vitamin E Öl regelmässig in die Gesichtshaut einmassieren. Klar habe ich mich schon immer “gut gehalten”, aber trotzdem hadere ich mit jeder Falte die dazu kommt. Altern ist nichts für Weicheier.

Ich werde noch älter werden und irgendwann vielleicht auch alt aussehen, wenn ich nicht früh sterbe. Das wird schwer zu ertragen sein, das weiss ich. Hoffentlich werde ich vorher das Elixier des Grafen von St. Germain finden und niemals alt ausschauen!

Im Wandel der Zeit

Musik war für mich schon immer sehr wichtig. Tolle Lieder können in mir wahre Glücksgefühle auslösen. Es gibt speziell ein Lied, das mich immer euphorisch werden lässt. Es ist “Temple of Love” von den Sisters of Mercy. Ich darf es aber nicht zu oft hören, sonst nutzt es sich ab.

Das mit der Abnützung ist mir mit einem früheren Lieblingslied passiert, das ich eine Zeitlang als Klingelton am Handy hatte: “Down Under” von den Men at Work. Ich mag es immer noch, aber jetzt denke ich immer es ruft mich jemand an, wenn ich es höre. Es hat nicht mehr den “Zauber” von früher.

Mein Musikgeschmack ist an kein Genre geknüpft und ich höre (fast) alles, ausser Volksmusik, Schlager, 80er Metal und Progressive Rock (das ist echt nicht mein Ding und verursacht mir teilweise wirklich Übelkeit). Gerade ging ich meine Liste mit Lieblingslieder durch und es wurde eine kleine Zeitreise.

Die 80er Jahre waren geprägt von Ratt, einer Hair-Glam-Metalband. Besonders hatte es mir der Song “Youre in love" angetan. Aber schon damals zeichnete sich ein anderer Trend ab. Rick Springfield war ebenfalls einer meiner Favoriten. "Celebrate the Youth" höre ich noch immer total gerne. Ebenso wie "Ice Ice Baby" von Vanille Ice. Immer wenn ich den Anfang von dem Queen Song höre, der genauso anfängt freue ich mich auf Ice Ice Baby und bin total enttäuscht, wenn es "Under Pressure" ist, hahahaha. Gleichzeitig mit REM verlor ich meinen früheren Glauben und die Talking Heads führten mich auf eine "Road to Nowhere" und ich verschwendete meine Zeit mit den Toten Hosen. Als Rick James einen "Super Freak" besang, fühlte ich mich doch gleich direkt angesprochen.

Ende der 80er entdeckte ich Metallica und ich wurde echt ein großer Fan. Heute höre ich das nur noch sehr selten. Ich mag es immer noch, aber es passt nicht mehr zu mir. Als rebellische Jugendliche / junge Erwachsene sprachen mich die Texte und der Sound mehr an. Auch ich fühlte mich damals als ob der schleichende Tod hinter mir her wäre und  ich kannte die "Master of Puppets" nur zu gut. Jedoch, "we didn`t start the fire" und ich wählte "One way are another" und ich schaute mit Big Country weg und Camouflage gaben mir "The Great Commandment" und ich wurde "Being Boiled" mit The Human League, aber ebenso führte mich Madonna "into the Grove".

Die 90er wurden einerseits von Rush und "Nobodys Hero"eingeläutet und dann kam Rammstein, deren vorher noch nie dagewesener Stampf-Takt eine regelrechte Offenbarung für mich war, andererseits aber auch von Nirvana. Als Kurt Cobain sich umbrachte, war ich so betroffen, als hätte ich ihn persönlich gekannt. Nirvana ist noch immer meine absolute Lieblingsband und “Lithium” mein unübertroffenes Lieblingslied, auch nach so vielen Jahren noch. Ende der 90 / Anfang der 2000 entdeckte ich Linkin Park und war wieder verzaubert. Die Songtexte waren wie für mich geschrieben. “Numb”, “In the end” und “one step closer to the edge” beschrieben sehr gut meine damalige Lebenssituation.  Aber gleichzeitig gaben mir Crazy Town “Butterflys” und Ricky Martin sang “Living la vida loca”. Ja, ich musste wieder ein verrücktes  Leben leben. Mit Nelly Furtado fühlte auch ich mich “Powerless” und dann kam Sean Paul und ich tanzte mit “Get Busy” und “Gimme the light” durch mein neues Leben und hatte zwei Jahre lang eine einzige rauschende Party “in the Club” mit 50Cent und eine richtig “Geile Zeit”mit Juli und H-Blockx rieten mir zu “Risin`High”. Ich erkannte mit Faithless: “God is a DJ”, war aber auch manchmal schlaflos. Wir sind Helden haben mir ein “Denkmal” gebaut und ich flog mit Savage Garden “To the Moon and back”. Ich lebte mit “Tito und Tarantula” “After dark”. Aber gleichzeitig verlor ich mit Wonderwall meine “Witchcraft” und Missy Elliot empfahl mir to “Get your freak on” und Eminem  lehrte mich, mich selbst zu verlieren. Shakira forderte mich dazu auf, Einspruch zu erheben. Ich war mit Beyonce ein “Naughty Girl” und “Crazy in love” und so “Hot” wie es Avril Lavigne besang. “The Bloodhound Gang” gaben mir “The bad touch” und erzählten mir “the Ballade of Chasey Lane”.

Später entdeckte ich Seed und ich liebe “Augenbling” und “Ding” noch immer. Wenn ich das höre, bin ich sofort gut drauf. Gute Laune Mucke, bei der die Füsse nicht still stehen können. Einen ähnlichen Effekt hat auch Ofenbach auf mich, speziell “Be Mine” und “Katchi” und natürlich meine inoffizielle Hymne “Hangover” von Taio Cruz feat. Flo Rida. Ich reiste mit Cro “einmal um die Welt” und mit Pitbull “Back in Time”. Die “Swedish House Mafia” sagte mir, dass ich mich nicht sorgen soll und ich schloss mich der “Seven Nation Army” an und lebte mit Timbaland “The Way I are”.

Momentan sagt mir OneRepublic, dass ich mich selbst retten muss und Nirvana gibt mir noch immer den Tip “Come as you are”. Wieder ich selbst sein. Die verrückte alte Schachtel, die sich mit fast 53 noch immer so fühlt, als wäre sie für immer und ewig 28 Jahre alt, manchmal auch erst 13. Aber warum sollte ich nicht für immer 28 sein? Vielleicht ist das meine “Evolution”, wie Korn es besingen. Es ist nur the Basic Beast inside, das mir immer zuflüstert, ich wäre nicht gut genug, nicht schön genug, nicht jung aussehend genug, nicht fähig ein glückliches erfülltes sinnvolles Leben zu führen. “Isn`t it ironic” dass ich das noch immer nicht kapiert habe?

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Das bin ich. Unbearbeitet, ohne Make-up, gestern morgen an der Bushaltestelle auf dem Weg zur Arbeit. Mit langen weissen Haaren meiner Katzentochter auf der Mütze, denn ohne Katzenhaare ist man nicht richtig angezogen. Ich geriatrisches Wesen mit meinem noch immer langem Haupthaar. Ich bin gut so wie ich bin und ich bin genug!

In Deinem Alter…

Am Montag traf ich eine Klassenkameradin wieder, die ich bestimmt 20 Jahre nicht gesehen hatte, Sie hatte von meiner RCS erfahren und sagte “Ja gell, wir sind jetzt in dem Alter, wo wir sowas bekommen”. Hä? Was hat das denn mit dem Alter zu tun. Ich entgegnete Fakten getreu, dass ich eigentlich schon über das Alter für eine RCS hinaus bin. Das bekommen meistens Männer im Alter von 30 – 50 Jahren. Ich gehöre also überhaupt nicht zur Risikogruppe und mit meinem ach so hohen Alter hat das nicht das Geringste zu tun. So ein Bullshit. Hätte nur noch gefehlt, dass sie gesagt hätte, dass es an meiner Ernährungsweise liegt, darauf habe ich beinahe gewartet.

Als das Thema Krankheiten endlich abgehakt war, sagte sie mit einem leicht vorwurfsvollen Unterton “Du hast ja immer noch Deine langen Haare”. Ja hab ich und die werden auch lang bleiben, weil ich kurze Haare an mir nicht leiden kann! Das hat nichts mit meinem greisenhaften Alter zu tun, sondern ist ein Kindheitstrauma. Meine Mutter hat mich als Kind immer zu kurzen Haaren gezwungen und ab dem Zeitpunkt, wo ich mir das nicht mehr gefallen lies, sind sie lang. Also ungefähr seit 1984. Es gibt Frauen, denen stehen kurze Haare, aber das ist selten. Meistens haben sie dann so ein hübsches Gesicht, dass es egal ist, was für eine Frisur sie haben. Bei vielen – gerade älteren Frauen – sehen kurze Haare bieder und altbacken aus. Is so!

Kurz bevor ich die Frau aus der Kindheit getroffen habe war ich beim Zahnarzt und wurde gefragt ob ich schwanger wäre, weil Röntgenaufnahmen von meinen Zähnen gemacht wurden. Die müssen das fragen, ist schon klar und trotz meines unendlich hohen Alters könnte ich rein theoretisch noch schwanger sein, das ist absolut nicht ausgeschlossen. Ich bin also noch jung genug um gefragt zu werden, ob ich schwanger bin, aber zu alt für lange Haare. Pff drauf gesch…. ich habe mir ein Haarwachstumsserum gekauft. Jetzt werden die Haare noch länger gezüchtet. Bis zum Arsch sollen sie wachsen! Jetzt erst recht!

Solche bescheuerten Aussagen erwecken den kleinen Trotzbock in mir. Das ist wie bei einer ehemaligen Kollegin, die sich über meine viel zu kurzen Röcke mokierte. Ich ging nach Hause und kürzte den Rock abends nochmal um ein paar Zentimeter. Ich zog ihn kurz darauf wieder an und erklärte ihr, dass der Rock nicht zu kurz ist, sondern meine Beine einfach so lang.

Vielleicht basieren solche unangebrachten Bemerkungen auf Neid? Ich habe total schöne Beine und kann gut kurze Röcke tragen. Ich habe auch schöne Haare, warum sollte ich die abschneiden lassen? Nur weil irgend eine Trulla das “nicht mehr angebracht” findet? Schön ist was gefällt! Was maßen sich diese Menschen eigentlich an? Ich wäre noch nie auf die Idee gekommen, jemandem sowas zu sagen. Wenn ich was zu anderer Leute Haare oder Kleidungsstil sage, dann nur schöne Sachen. Wenn ich jemand mit total wunderschönen Haaren sehe, spreche ich sie darauf an oder wenn mir ein Kleidungsstück gut gefällt sage ich das ebenfalls. Wenn mir bei jemandem was nicht gefällt, halte ich doch einfach meinen Schnabel, ist das denn so schwer?

Der kleine Ansgar möchte dringend abgeholt werden

Szene von heute morgen im Drogeriemarkt:

Ich lungerte etwas unentschlossen vor dem Bioregal, als 5 Meter von mir entfernt ein Kind anfing zu brüllen, gefolgt von einem schrillen Monolog seiner Mutter “Ansgaaaaar, Du bekommst das nicht. Ansgaaar, leg das sofort wieder ins Regal. Ansgaaaaar ich sage es jetzt ein letztes Mal. Leg das zurück ins Regaaaaaaaaaal. Ansgaaar verdammt noch mal, wie oft soll ich es denn noch sagen. Ansgaaaaar”

Es ging eine gefühlte Ewigkeit so weiter. Als ich alle meine Einkäufe beisammen hatte und zur Kasse schlenderte, verließ das schreiende Kind mit der schrillen Mutter gerade das Geschäft.

Ich hatte das Ganze schon vergessen, bis ich eine halbe Stunde später einen Supermarkt ansteuerte. 10m vom Eingang entfernt hörte ich schon das vertraute “Ansgaaaaaaar….” und ich dachte “Oh nein, nicht die schon wieder”. Doch ich hatte Glück. Ansgar rannte seiner Mutter davon und sie stürmte hinter ihm her um ihn wieder einzufangen. Den Markt betraten sie DemEinhornseiDank nicht mehr. Vermutlich werde ich die beiden nie wieder sehen und ich wäre wahrlich nicht traurig darüber.

Was bin ich froh, dass wir keine solchen nervigen Kinder haben. Unsere sind einfach toll. Als ich nach Hause kam, war das Mädchen auf der Terrasse und genoss die letzten Sonnenstrahlen des Tages und der Sohnemann forderte gleich seine dritte Mahlzeit des Tages. Ich nahm sie fest in den Arm und knuddelte sie. Sie sind einfach perfekt. Das Mädchen ist taff und furchtlos und der Sohn ist so unsagbar lieb. Sie lehren mich täglich so viel. Ob das die Mutter von Ansgar auch von ihrem Kind sagt? Ich fürchte wenn er etwas älter wird, wird er ihr ein ungepflegtes “F… Dich!” entgegen schleudern, anstatt nur zu brüllen. Vielleicht war es aber nur eine “Trotzphase”, obwohl ich den schon auf 4 oder 5 Jahre geschätzt hätte. Weiss nicht, ob man das in dem Alter noch hat. Dachte eher, das wäre früher, aber vielleicht variiert das. Kann ja sein. Ich bin trotzdem froh, dass ich keinen Ansgar habe. Damit wäre ich glaub hilflos überfordert. Die Natur weiss es meist wirklich besser und ich bin dankbar, dass ich kein Kind meiner Spezies habe. Mit meinen Adoptivkindern bin ich mit Sicherheit glücklicher.