Zwischen Tüll und Lachen

Gestern hatte ich ja erzählt, dass ich nicht so der sentimentale Typ bin. Das war auch bei meinem Brautkleidkauf so. Damals hatte ich meine Nichte und drei Freundinnen dabei und wir lachten viel. Geheult hat niemand. Schon gar nicht ich.

Ich schaue ab und zu die Sendung “Zwischen Tüll und Tränen” und jede zweite Braut heult und die Begleiterinnen ebenso. Bei der gestrigen Folge war eine Braut dabei, die nicht geheult hat. Sie war total gechillt, hat sich zwar über ihr Kleid gefreut, aber sie war nicht total aus dem Häuschen. Sie war mir sehr sympathisch. Ich habe nix dagegen, wenn die Frauen vor Ergriffenheit anfangen zu weinen. Jeder ist wie er ist. Ich verstehe es einfach nicht. Es ist nur ein Kleid, nicht ein Heilmittel gegen Krebs.

Wenn ich heute heiraten würde, würde ich ein anderes Kleid auswählen. Mir gefällt meines zwar immer noch, aber es gibt inzwischen so tolle Boho Kleider. Ein Prinzessinnenkleid würde es nicht werden. Obwohl, wenn ich es recht bedenke ist mein Kleid schon echt noch immer schön. Es ist zeitlos. Wer weiss, wie ich in 10-15 Jahren die heute so hippen Boho-Retro-Kleider finde. Vermutlich finde ich sie dann gar nicht mehr schön. Ich wollte mein Kleid auch nie verkaufen. Klar, anziehen kann ich es gesellschaftstauglich nur daheim, aber das ist auch völlig in Ordnung. Dasselbe gilt ja auch für mein Rotkäppchenkostüm, mein Waldfeenkleid, mein Fuchsoutfit, meine Katzenmaske, meinen Einhornhaarreif mit Farbwechsler im Horn und mein Rehfaschingskostüm.

Reingehüpft ins Fettnäpfchen

und noch schön drin gewälzt. Genau das ist mir passiert und das sicher nicht zum ersten Mal, aber der Reihe nach:

Wir adoptierten im Frühjahr unseren Yoshi und am letzten Samstag im Februar kam er mit einem Sprinter aus Bulgarien. Freitagmittags war der Konvoi von mehreren Transportern los gefahren. Es gab Adoptanten in ganz Deutschland. Deshalb hatte die Organisation eine WhatsApp Gruppe namens “Trapo” erstellt. In dieser Gruppe waren alle Adoptiveltern und es kamen im Sekundentakt Meldungen wie “Ich bin so aufgeregt”, “Ich bin nur am heulen”, “das ist ja sooooo emotional”, “Ich habe Pippi in den Augen” (speziell diese Ausdrucksweise hasse ich sowieso bäh!) und so fort. Wir waren die dritte Station in Deutschland. Die Übergabe fand auf einem Parkplatz an einer Autobahnabfahrt statt. Als wir dort ankamen standen schon ungefähr 100 Menschen mit Transportboxen und Leinen auf diesem Parkplatz und alle warteten sehnsüchtig auf die Ankunft der Sprinter. Es kamen auch pünktlich einige Transportfahrzeuge angefahren von verschiedensten Tierschutzorganisationen. Zum Schluss kam natürlich unsere Orga mit drei Fahrzeugen die randvoll mit Katzen und Hunden aus Bulgarien waren. Der Reihe nach stellten sich die Leute auf, nannten den Namen des Tieres, gaben den Helfern die Transportboxen und bekamen ein paar Minuten später die gefüllten Boxen zurück. Auch wir bekamen unseren Yoshi zusammen mit seinen Papieren wie Impfpass und ärztlichen Unterlagen. Wir fuhren nochmals 2 Stunden mit ihm nach Hause. Auf der Fahrt und während des gesamten abends bis tief in die Nacht kamen weiterhin die “Trapo” Meldungen bis alle Katzen und Hunde verteilt waren. Es war durchgehend emotional und es wurde viel geheult. Man hatte Gänsehaut und war komplett überwältigt. Und ich so? Ich war einfach froh, dass der kleine Kerl alles halbwegs überstanden hatte und wir ließen ihm und auch uns erstmal unsere Ruhe. Versteht mich nicht falsch, natürlich freuten wir uns auf ihn und es war auch alles interessant mal zu erleben, aber ich war nicht ergriffen und total von den Socken. Lag vielleicht auch daran, dass er sich komplett eingeschissen hatte und das sehr unglücklich gewählte Holzspanstreu sich in seinem Fell verfangen hatte. Wir mussten ihn zuhause erst einmal von dem Zeug befreien und waschen. Da hätte ich heulen können, aber nicht vor Rührung. Eher vom Ammoniak-lastigen Gestank.

Ok, ich bin jetzt auch nicht der Typ, der wegen jedem Sonnenuntergang ergriffen ist und beim Anblick eines Maikäfers heult. Ich bin eher der rationelle Typ, vielleicht habe ich auch einfach schon zu viel erlebt, wer weiss.  Jedenfalls war unter den anderen Adoptiveltern eine ganz nette Frau, mit der ich noch heute ab und zu schreibe. Sie hat nun, nach einem halben Jahr nochmals zwei Katzen aus Bulgarien adoptiert, welche letztes Wochenende ankamen. Sie schrieb mir, dass der Trapo diesmal nicht so nett gewesen wäre wie damals im Februar. Mir rutschte dann raus “gab es da noch mehr emotional total ergriffene Heulsusen?” und sie antwortete “Ich gehörte auch zu den Heulsusen” uuupppsalllaaa… ich entschuldigte mich und sie fing an zu lachen. Alles gut, sie hat es mir nicht krumm genommen. Noch mal Glück gehabt. Oder besser gesagt, wenn sie deswegen tödlich und unendlich beleidigt gewesen wäre, wäre es auch nicht der richtige Umgang für mich gewesen. Ich mag Menschen, die nicht wegen jedem Scheiß eingeschnappt sind. Das wäre mir viel zu anstrengend. Menschen die sich kugeln vor Lachen, weil ich nicht nur in ein Fettnäpfchen getreten bin, sondern mich auch noch schön darin gesuhlt habe, sind mir deutlich lieber!

Endlich wieder auf Schatzsuche

Meine beste Freundin und ich hatten heute einen wirklich schönen Freundinnentag. Wir haben zuerst zusammen gefrühstückt und fuhren dann in die Nachbarstadt, wo in der Stadthalle endlich wieder ein Frauenflohmarkt stattfand.

Die Ausbeute des Tages war:

1 dunkelblaues Abendkleid, 1 hellgrünes Blümchenkleid, 1 rot-orange gemustertes Spaghettiträgerkleid, 1 hellblauer Pullover mit Ajourmuster, 1 altrosa Plüschjacke, 1 knöchellanges dunkelblaues Kleid mit weissen Blumen, 1  weisses T-Shirt mit dem Aufdruck “That`s Awsome”, 1 schwarzer Spitzencardigan, 1 blaue Bluse sowie 1 senfgelber Schal mit Singvögeln drauf. Zusammen mit dem Eintritt habe ich für alles zusammen 49€ bezahlt. Das teuerste Teil war das Abendkleid für 17€. Alle anderen Teile lagen in einer Range von 2-5€. Alle Klamotten waren entweder neu oder neuwertig. Neu haben sie bestimmt mindestens das 5fache gekostet.

Es war schön, mal wieder Zeit mit meiner besten Freundin alleine zu verbringen und auf Schatzsuche zu gehen. Es war ein Flohmarkt nach meinem Geschmack. Die Frauen / Mädchen wo ich gekauft habe, waren alle sehr gepflegt und nett. Genauso mag ich Flohmärkte. Ich mag Secondhandläden und Flohmarktkonzepte, wo man nicht weiss, wem die Kleidung vorher gehört hat, nicht besonders. Heute war es wirklich schön. Auch wieder ein Stück Normalität. Das letzte Mal, als wir auf einem Flohmarkt waren, war im Januar 2020, kurz bevor die ganze Scheiße anfing. Wir waren damals auf einem Nachtflohmarkt in der nächstgelegenen Großstadt mit DJ, Tanzfläche, Bar und Snacktheke. Das war auch richtig toll. Dieser Flohmarkt sollte im Sommer diesen Jahres wieder stattfinden, jedoch kam er aufgrund der Pandemie-Bedingungen leider nicht zustande, was wir sehr schade fanden. Irgendwann wird es wieder normale Flohmärkte geben, wo wir nicht 15 Minuten anstehen müssen, weil unsere 3 G Nachweise gecheckt werden müssen und kontrolliert wird, ob wir uns mit der Luca-App registriert haben und keine Masken mehr tragen müssen. Ich hoffe sehr, dass das in naher Zukunft sein wird. Ich bin Pandemie-müde. Wie die meisten Menschen. Ich denke jedoch, dass wir das Schlimmste endlich überstanden haben und hoffe, dass es keinen Lockdown mehr gibt mit Kontaktverboten. Das war das Schlimmste für mich, dass der Kontakt zu Familie und Freunden verboten war. Umso mehr genoss ich den heutigen Tag und hoffe sehr, dass solche Tage bald wieder die Norm sein werden.

It`s good to be me!

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Jahrzehntelang habe ich mein Selbstvertrauen aus der Bewunderung anderer gezogen. Das funktionierte eine sehr lange Zeit. Es fing mit 17 an (davor war ich ein unscheinbares Mauerblümchen) und dauerte an, bis ich älter wurde. Die bewundernden Blicke wurden im Laufe der Jahre weniger, die Anmachen nahmen ab und ich bekam kaum mehr Drinks spendiert, wenn ich mit Freundinnen unterwegs war. Früher war ich es gewohnt, mit wenig bis gar keinem Geld aus dem Haus zu gehen, weil alles “gesponsert” wurde.

Das hat mir eine Weile echt zu schaffen gemacht, doch diese schwachen Zeiten sind zum Glück vorbei. Ich benötige die Bewunderung von Männern nicht. Ich bin schließlich glücklich verheiratet und ich verdiene genug, dass ich meine Drinks selbst bezahlen kann. Es war meist eh nervig, denn ganz “umsonst” waren die Getränke nie. Man musste sich (zumindest gebot es der Anstand) ein paar Minuten mit den Typen unterhalten. Es hat also Lebenszeit gekostet, die so viel mehr wert ist, als die paar Kröten, die ein Captain Morgan / Cola oder ein Wodka/Bull kostet. Es war auch oft psychopathisch, von irgendwelchen dahergelaufenen Kerlen angebaggert zu werden. Es hat also durchaus Vorteile, dass ich inzwischen in einem Alter angelangt bin, wo ich immer “unsichtbarer” werde. Unsichtbarkeit birgt Freiheit. Ich bin so viel mehr als mein Aussehen, das noch immer ziemlich passabel ist. Es ist gut, ich zu sein. Ich möchte niemand anderes sein. Manchmal – und das sind wirklich schwache Momente – hätte ich gerne Haare wie Diese oder ein Gesicht wie Jene, wäre gerne 20 Jahre jünger oder wünschte meine Fältchen weg. Doch diese Momente gehen vorüber. Sie ziehen vorbei wie Wolken und es klart wieder auf und ich weiß: It`s good to be me!

Mein Outing

Ich muss mich heute mal outen. Ich bin transtemporal. Ich wurde im falschen Jahrzehnt geboren.

Ich fühle es ganz deutlich. Die 70er und 80er Jahre waren so Scheiße. Erst ab den 90ern wurde zumindest die Musik passender für mich und so richtig besser wurde das Leben erst ab 2003.

Ich wurde also mindestens 20 Jahre zu früh geboren. Wenn ich Anfang der 90er Jahre geboren worden wäre, würde mein gefühltes und empfundenes Alter passen. Egal ob Musik, Style, Freunde. Nur wenige Freunde und Bekannte sind im selben biologischen Alter wie ich oder gar älter. Der überwiegende Teil mindestens 10 Jahre jünger. Mein Selbstbild ist das einer allerhöchstens Mitte 30Jährigen. Die Freunde und Bekannte, die auch Ende der 60er oder Anfang der 70er Jahre geboren wurden, sind ähnlich drauf wie ich. Sie haben zumindest transtemporale Tendenzen. Vermutlich nicht so ausgeprägt wie bei mir, aber dennoch vorhanden.

Eine Geistheilerin erzählte mir vor 6 Jahren einmal, dass sie bei mir sicher wäre, dass bei meiner jetzigen Inkarnation etwas schief gegangen wäre. Das würde erklären, warum ich mich als transtemporal empfinde.

Mir kam einmal der Gedanke, ob manche Menschen womöglich noch Erinnerungsfetzen an ihr vorheriges Leben haben, in dem sie ein anderes Geschlecht hatten als bei dieser Wiedergeburt. Vielleicht bin auch ich im falschen Körper geboren, aber dann wäre ich nicht transsexuell (ich fühle mich als weibliches Wesen ausgesprochen wohl und möchte auf keinen Fall ein männliches Wesen sein) sondern transspeziell. Ich wurde im Körper der falschen Spezies geboren. Auch das würde einen meiner allerersten Sätze erklären. Viele Zeugen können bestätigen, dass ich als Kleinkind jedem der es hören wollte oder auch nicht deutlich und bestimmt erklärte: “Ich bin eine Katze”. Als Katze müsste ich mich nicht transtemporal fühlen und hätte kein Problem mit dem altern. Katzen sehen immer toll aus, egal wie alt sie sind. Meine Katzentochter Onya wird im September 12 Jahre alt, aber sie schaut manchmal noch immer aus wie ein Kitten und sie ist nach wie vor genauso wunderschön wie sie immer war. Ja, ich glaube, das trifft es eher: ich wäre gerne eine Katze! Ich wäre eine herrliche Katze. Ich lebe seit der Pandemie eh schon so wie meine pelzigen Kinder. Katzen sind auch einfach toll.

Forever young

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Das bin ich, ungeschminkt, ungekämmt, so wie ich heute aufgestanden bin, unangezogen im Morgenmantel. Mit den feinen Linien auf Stirn und um die Augen und den Mitessern auf der Nase. Und doch mag ich mich so. Ich bin 53 Jahre alt und noch immer jung. Ich werde den Teufel tun und in “Würde altern”. Ich werde Croptops tragen, einen hohen Dutt machen, Zöpfe flechten, kurze Röcke und Kleider anziehen und infantile Tierprints kaufen. Ich werde weiterhin meine Papageienohrringe tragen und um die Weihnachtszeit meinen Elfenpulli anziehen.

Gestern sah ich in einem Film eine mega infantile, tolle Frisur. Zwei kleine geflochtene Dutts wie Teufelshörner. Das werde ich als nächstes ausprobieren. Ich werde wieder Make-up tragen, wenn mir danach ist und mich aufbrezeln. Nur für mich Daheim. Warum? Weil ich es kann!

Youth is a state of mind und keine Zahl auf der Geburtsurkunde.

Never look back

In Filmen und Serien ist es oft so, dass die Protagonisten noch an ihren Expartnern hängen oder gar wieder mit ihnen zusammen kommen. Im echten Leben kenne ich nur zwei Fälle, wo das gut ausgegangen ist und es wirklich so war, dass die Paare nach einer Trennung wieder zusammen gefunden haben. Beide waren aber nur wenige Monate getrennt.

In den meisten Fällen ist es allerdings eher so, dass die Expartner keine Rolle mehr spielen, es sei denn, man hat gemeinsame Kinder. In diesen Fällen ist man gezwungen weiterhin mit ihnen in Kontakt zu sein. Ich für meinen Teil denke nie an meinen Ex und habe den vergessen, wenn mich niemand an ihn erinnert und das ist vollkommen ok so.

Vielleicht ist es das Gleiche mit dem “Zurück zum / zur Ex” wie mit dem Ausdruck “Grundgütiger”. Ist schon mal jemand aufgefallen, wie oft in Filmen und Serien “Grundgütiger” ausgerufen wird? Das sagt doch im wahren Leben niemand! Ich jedenfalls kenne niemand der das schon mal gesagt hat, es sei denn er hat Doc Brown aus “Zurück in die Zukunft” zitiert.

Wenn das nächste mal jemand wieder mit seiner / seinem Ex zusammen kommt, werde ich es lautstark mit “Grundgütiger” kommentieren.

Im Grossmutteralter angelangt

Vorgestern traf ich eine alte Klassenkameradin und sie berichtete mir freudestrahlend “Margit, stell Dir vor, ich bin heute Nacht Oma geworden”. Ich freute mich mit ihr, war aber auch geschockt. Ja klar, dass jemand mit 53 Oma wird ist jetzt nicht so ungewöhnlich, aber ich fühle mich so ganz und gar nicht, wie eine Frau im Grossmutteralter. Ich fürchte, ich werde für immer 28 sein, ob das nun gut ist oder nicht. Ich bin im Geiste so jung, wie ich es mit 28 war. Was ist verkehrt daran? Ach ja, da gibt es die Fraktion, die das als “nicht in Würde altern” ansieht. Es gibt bestimmt genügend, die denken, dass ich mich krampfhaft an meine Jugend klammere. So ist das aber nicht. Ich klammere mich nicht verzweifelt an etwas und ich kämpfe nicht krampfhaft gegen etwas an. Ich bin einfach noch genauso, wie vor 25 Jahren. Infantil? Gut möglich, aber so what!

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