Red Flags

Ich habe mal überlegt, was meine Red Flags sind und kam zu folgendem Ergebnis:

  • wenn jemand wegen Kleinigkeiten beleidigt und unversöhnlich nachtragend ist
  • wenn mir jemand im näheren Umfeld zum Geburtstag nur eine Email schreibt. Das finde ich sehr unpersönlich und “businessmässig”
  • Wenn sich jemand oft über mich lustig macht im Sinne von “Das ist mal wieder typisch Margit”, wenn ich stolpere oder wenn ich mich verspreche oder mir irgendwas Tollpatschiges geschieht. Mag ja sein, dass das “typisch” für mich ist, aber ich finde es trotzdem daneben, so etwas zu sagen
  • Wenn mich jemand bevormunden will à la “Tu dies oder das” oder ” Du musst das so oder so machen”, “Kannst Du das nicht endlich mal richtig machen”
  • Aussagen wie “Der Witz war selbst für Deine Verhältnisse sehr flach”. Selbst wenn es so ist, kann man sich das denken, aber nicht aussprechen
  • “Wenn es in dem Restaurant nichts für Veganer gegeben hätte, hätte ich Dich nicht zu meinem Geburtstag eingeladen, sondern später dann extra”. Da fühle ich mich ja richtig willkommen. NICHT!
  • “Dein Engagement ist mehr so als Ehrenamt anzusehen”.
  • Ungefragte Ratschläge, wie “Du solltest mal Deine Haare schneiden lassen”. Nö, sollte ich definitiv nicht!
  • “Also Katzen mag ich nicht so”
  • “Sind doch nur Viecher”
  • cancel culture. Ich wurde ernsthaft von einem Dienstleister gecancelt, weil ich es gewagt hatte, eine Mailingaktion, die sehr im Befehlston verfasst war, zu hinterfragen
  • Gaslightning. Wenn mich jemand der Lüge bezichtigt, obwohl ich Fakten ausspreche. Wenn mir jemand Gefühle absprechen will, mit Aussagen wie “Du übertreibst”, “Du steigerst Dich da rein”, “Das bildest Du Dir ein” ich es aber anders fühle und ich mit meiner Intuition in der Vergangenheit immer recht hatte

Die unsägliche Leichtigkeit des unverbindlichen Lebens

“Wir müssen mal wieder was ausmachen”, “Meldet Euch mal, wenn Ihr in der Stadt seid, dann treffen wir uns”, “Wenn ich mal wieder Zeit habe, melde ich mich”. Genau, am Sankt Nimmerleinstag. Woher ich das weiß? Weil ich es mit Leuten, mit denen ich mich nicht so gerne treffe, genauso handhabe. Ich schiebe es und schiebe es und schiebe es, bis das “Treffen” im Tal des Vergessens verschwindet und die Menschen, die ich nicht treffen wollte, irgendwann nur noch Randfiguren in meinem “Spiel des Lebens” sind oder ganz daraus verschwinden.

Ich verhalte mich nicht gerade nett, aber ich weiss nicht, was ich sonst machen sollte. Direkt sagen, dass ich mich nicht treffen will, bring ich echt nicht.

Da ist die an sich schon nette Dame, die sich mit mir anfreunden wollte, aber es passte so gar nicht. Ihre Ansichten sind nicht die Meinen, ihr Dialekt hat mich getriggert und sie war auch einen Tick zu aufdringlich. Etwas weird. Ich habe das “Kaffee-Date” mit ihr immer wieder unter fadenscheinigen Gründen verschoben. Sie ist nicht dumm, sie hat schnell gemerkt, dass es einfach nicht sein soll.

Die Kollegin, die sich seit Jahren mit mir treffen wollte, habe ich so lange vertröstet, bis sie in Rente ging. Ich bin nicht stolz drauf, aber es war genauso wie bei der oben erwähnten Frau. Es passte hinten und vorne nicht. Ihre Stimme und ihre Art ging mir so auf den Zeiger, dass ich keinen Bock hatte, mich mit ihr zu treffen, auch wenn sie objektiv betrachtet sicher ein netter Mensch ist.

Nun ist es momentan bei Leuten in meinem Bekanntenkreis so, dass sie das “Spiel” mit mir spielen. Auch da ist es so, dass es einfach nicht passt und man sollte das auch nicht erzwingen. Es hat vielleicht mal gepasst und beide “Parteien” haben sich verändert. Wenn es mir wichtig wäre, den Kontakt aufrecht zu erhalten, würde ich mich melden, wenn ich in der Stadt bin, tue ich aber nicht. Stattdessen denke ich mir “Ich habe keinen Bock mich immer bei Euch zu melden, Ihr könntet Euch ja auch mal melden, wenn Ihr in der Stadt seid, pfff”, aber mir ist es offensichtlich ja auch nicht so wichtig, sonst würde ich mich mehr engagieren.

Ich hatte vor 22 Jahren eine Bekannte, von der ich nicht einmal mehr den Namen weiss, obwohl wir 2 Jahre lang jeden Mittwoch so eine Art privates “Perfektes Dinner” miteinander hatten (zusammen mit anderen Leuten). Ich versuche verzweifelt mich an ihren Namen zu erinnern, aber ich weiss ihn wirklich nicht mehr. Irgendwas an ihr hat auch damals nicht gepasst. Es ist schlimm das zu sagen, aber sie hat mich mal abgeholt und hatte total viel Ohrenschmalz in den Ohren und mich hat es so geekelt, dass ich mich ab da zurück zog. Das war vermutlich sehr oberflächlich von mir, aber ich empfand sie ab diesem Tag als sehr schmuddelig. Sie trug auch oft etwas gammelige Klamotten.

Das Leben ist unbeschwerter mit einem kleinen aber feinen Freundes- und Bekanntenkreis. Es ist besser, wenn es matcht, anstatt dass man krampfhaft versucht etwas aufrecht zu erhalten, was einen mehr nervt als guttut. Ich fürchte nur, wenn der Sankt Nimmerleinstag irgendwann tatsächlich kommt, werde ich ziemlich viel zu tun haben.

Angst

Es gibt Nächte, in denen ich aufwache und vor Angst kaum atmen kann. Die Gedanken rasen und ich kann sie nicht abstellen. Ich fürchte, dass unser Orpheus und meine Mutter vielleicht bald nicht mehr bei uns sein werden. Erst im Sommer war es bei beiden spitz auf knapp. Sie haben sich wieder erholt, aber die Grundangst ist immer da. Sie begleitet mich seit vielen Jahren.

Schon seit 2010 gab es immer wieder Vorfälle, wo geliebte Wesen entweder starben, oder knapp dem Tod entkamen. Auch Leesi war im Spätsommer urplötzlich schwer krank. Zum Glück konnte ihr der Tierarzt gut helfen. Vermutlich steigere ich mich in diese Angst hinein, aber ich weiss nicht, wie ich sie abschalten kann.

Ich weiss, dass die Angst nicht hilft. Sie ist in diesem Fall kein Schutzmechanismus, sondern versetzt mich oft in unbegründete Panik. Irgendwann wird das Unvermeidliche eintreten, egal ob ich mich vorher verrückt mache oder nicht.

Ich habe Mitte Januar eine Art Workshop gegen Angstzustände gebucht. Ich werde berichten. Ich muss etwas tun, weil mich die Angst so sehr hemmt und mein Leben behindert. Sie überfällt mich hinterrücks und raubt mir den Schlaf. Sie ist keine Hilfe, sondern ein Klotz am Bein. Vor etwas Angst zu haben ist ja grundsätzlich nichts schlechtes, aber nicht wenn es ein Dauerzustand wird und ich oft panisch aufwache und nicht mehr einschlafen kann. Wenn die Angst den Cortisolspiegel dauerhaft hoch hält, dann muss ich reagieren und etwas gegen sie unternehmen.

Ausgelaugt

Es gibt so einen bestimmten Menschenschlag, der laugt einen aus. Schon ihre bloße Anwesenheit saugt einem Lebensenergie ab, einfach nur durch ihre Ausstrahlung, Mimik und Gestik. Ganz schlimm wird es, wenn sie den Mund aufmachen. Meistens gehe ich ihnen aus dem Weg, aber nicht in allen Lebensbereichen ist es möglich. Es kam schon vor, dass ich mich nach Treffen mit den Energievampiren noch Tage lang elend gefühlt habe.

Es gibt so einen Spruch, dass man sich in der Natur und unter Tieren von den Menschen erholen kann. Das ist wahr. Heute mittag war ich früher als gewohnt zuhause. Zuerst dachte ich, ich putze das Haus, aber es war wichtiger, mit meinen Kindern zu spielen und zu schmusen. Das tat uns 6 gleichermaßen gut. Der Dreck läuft leider nicht weg, aber es war so ein wohltuender Nachmittag. Wir alle haben die Streicheleinheiten und die gemeinsame Zeit genossen.

So sollte es sein! Man sollte sich gut fühlen nach Treffen mit anderen Lebewesen und nicht deprimiert. So etwas geschieht mir aber nur mit Menschen, niemals mit Tieren. Schade eigentlich, dass die eigene Spezies einem oftmals nicht guttut. Tiere reden nicht ununterbrochen über Tod, Elend, Verbrechen und Krankheit, böse Politik und sie leugnen auch nicht den Klimawandel (wieviele Scheuklappen muss man aufhaben?). Tiere akzeptieren das Hier und Jetzt, genauso wie es ist. Sie jammern nicht über die Vergangenheit und malen auch keine düstere Zukunft. So bescheuert sind nur Menschen. Wir sind nicht die Krone der Evolution. Eher sowas wie ein misslungenes Experiment. Wenn es einen oder auch mehrere Götter tatsächlich geben sollte, hätten sie einen echt kruden Sinn für Humor.

Ich weiss nicht, ob ich ihn durchhalten werde, aber mein Neujahrsvorsatz ist, Solchen, die immer nur über schlimme Dinge reden oder über wirklich alles jammern und echt selten bis nie irgendwas Schönes oder Positives reden, so weit es geht aus dem Weg zu gehen. Ich bin jetzt 57 Jahre alt, meine Lebenszeit ist begrenzt. Ich bin schon oft genug dazu genötigt, sie zu verschwenden. Wenn ich es aber in der Hand habe, werde ich mir das nicht mehr geben, dass mich jemand über mehrere Stunden in Endlosschleife über tragische Ereignisse oder über allgemein Negatives vollmüllt.

Natürlich gibt es tragische Ereignisse und wenn das in der Familie oder im Freundeskreis geschieht, ist das natürlich furchtbar. Das meine ich auch nicht. Es gibt aber so Leute, für die ist alles tragisch und das Leben ein unendliches Jammertal. In deren Welt will ich nicht hineingezogen werden. Die können sich gerne in ihrem Leid suhlen und griesgrämig alles madig machen, denn vermutlich haben sie sonst nichts, über dass sie sich identifizieren können. Vielleicht sind sie leer, wenn sie nicht über tragische, furchtbare Ereignisse lamentieren, sich über Lappalien beschweren oder über Belanglosigkeiten jammern können. Wie unfassbar traurig, aber es ist nicht in meiner Macht sie aus ihrem Strudel der Misere herauszuholen. Das können nur sie selbst.

Kein politischer Abend

Ich war in geselliger Runde. Wir tranken Glühwein. Soweit so gut. Doch dann begannen die Debatten über Parteien und deren angebliches Unvermögen, es ging um das für und wider von Windrädern, E-Autos und und und. Ich mag die Menschen gerne, aber es war nun schon zum wiederholten Mal so.

Wenn ich mich über politische Themen unterhalten wollte, würde ich zu einem politischen Abend gehen. Ich will aber nicht zu einem politischen Abend, sondern einfach eine angenehme Zeit haben. Es ist aber schon erschreckend, wenn bei solchen Treffen unterschwellig herauskommt, dass die Bekannten Klimaleugner sind und einen Scheiss drauf geben, was ihre Kinder und Kindeskinder für eine Zukunft haben.

Nur weil wir vegan leben und E-Autos fahren, heißt das noch lange nicht, dass wir immer und überall über die Probleme dieser Welt diskutieren wollen. Wollen wir nämlich ganz und gar nicht. Auf sachlicher Ebene gerne hin und wieder mal, aber nicht mit den immer gleichen Parolen, wo die Meinung so festgemeiselt ist, dass eine Diskussion sinnlos wäre.

Es ist nicht so, dass ich schwierigen Themen grundsätzlich aus dem Weg gehe. Alles zu seiner Zeit. Nach zwei Glühwein auf nem Weihnachtsmarkt ist definitiv nicht die richtige Zeit dafür!

Alte Leute

Ich war auf einer Feier und neben mir saßen Menschen, die ich nur vom Sehen her kannte. Wir kamen zwangsläufig ins Gespräch. Mir gegenüber sass eine “ältere Frau”. Ich schätzte sie auf ungefähr Ende 60. Ihr Mann sah etwas jünger aus, aber auch ihn schätzte ich auf mindestens Anfang 60. Im Laufe des Abends erzählten sie von einem Künstler, dessen Ausstellung sie besucht hatten. Sie nannten den Namen des Künstlers und ich erkannte, dass sie von einem ehemaligen Nachbarn von mir redeten.

Ich fragte das Paar, woher sie den ehemaligen Nachbarn denn kennen würden und die Frau sagte “Der ging in meine Parallelklasse am Gymnasium” und der Mann ergänzte “Daher kenne ich ihn auch. Ich bin zwar zwei Jahre jünger, aber die Klassen so 1-2 Jahre über einem, kannte man schon”. Da erkannte ich es! Der Typ war mein Jahrgang! Ich ging zwar auf das Kaufmännische und er auf das Allgemeinbildende, aber der Campus war nicht weit weg und es waren auch keine geburtenstarken Jahrgänge mehr. Die Anzahl der Schüler war überschaubar. Die Frau hatte wohl damals eine ähnliche Clique wie der Künstler und sein Umfeld und die Namen die sie nannte, kannte ich alle sehr gut.

Diese “alten Menschen” waren gleich alt, bzw. nur geringfügig älter als ich, doch gefühlt waren wir eine Generation auseinander. Wir hatten – ausser den gleichen Bekannten von früher – wirklich nichts gemeinsam. Die Eheleute redeten wie alte Menschen, sahen aus wie alte Menschen, kleideten sich wie alte Menschen. Da kenne ich Bekannte, die wirklich Mitte und Ende 60 sind, die deutlich jugendlicher und frischer wirken. Alter ist echt relativ.

Déjà-vu

Vor zwei Wochen hatte ich ein Déjà-vu. Meine beste Freundin und ich waren in einem Wellnessbad und dort trafen wir eine Frau, die meiner 2015 verstorbenen Freundin zum verwechseln ähnlich sah. Dieselbe Frisur, eine ähnliche Brille, sogar die Mimik war fast gleich.

Ich habe meinen Frieden mit ihrem frühen Tod gemacht. Wir hatten damals darüber gesprochen und auch für sie war es ok, zu gehen. Deshalb tat mir der Anblick der Doppelgängerin nicht weh. Es weckte nur gute Erinnerungen und gab mir kein schlechtes Gefühl.

Die Eltern der Freundin waren damals komplett mit ihrem Sterben überfordert und wollten es nicht wahrhaben. Es ist für Eltern wahrscheinlich das denkbar Schlimmste, wenn man sein Kind beerdigen muss.

Weil ihre Eltern mit ihrem baldigen Tod überfordert waren, war es so, dass ich bis kurz vor ihrem letzten Atemzug alleine mit ihr war. Später war eine Krankenschwester von der Palliativstation mit mir bei ihr. Wir wussten, dass es zu Ende geht und die Station hatte die Verwandten und mich ja auch entsprechend informiert.

Ich hatte wiederum eine Bekannte informiert, die in der Stadt wohnte, in der sich die Palliativstation befand. Sie wohnte nur unweit der Klinik und ich wollte ihr die Chance geben, sich von der Freundin zu verabschieden. Die Lieblingskollegin der Freundin hatte ich ebenfalls angerufen, doch sie sagte mir, dass sie das nicht könne und sie nicht genügend Kraft dafür hätte.

ALs ich schon gar nicht mehr damit rechnete, kamen die Eltern kurz vor Schluss doch noch und auch die Bekannte aus der Stadt erschien in letzter Sekunde. Ich glaube sogar, dass meine Freundin so lange gewartet hatte, bis alle endlich da waren. Als das Herz aufhörte zu schlagen, informierte ich die liebe Krankenschwester, diese bestätigte unsere Beobachtung. Sie öffnete das Fenster, wir warfen noch einen letzten Blick auf die Freundin, aber ich wusste und spürte, dass es nur noch die leere Hülle war, die sie zurückgelassen hatte.

Die Bekannte aus der Stadt und ich ließen die Eltern mit dem Leichnam alleine und verzogen uns in den Ruheraum. Dort fing die Bekannte an zu schreien und zu toben “Warum musste sie so früh sterben, sie war doch noch so jung, das hat sie nicht verdient”. Ihr Wehklagen störte mich! Es fühlte sich für mich an, als ob sie etwas Heiliges entehren würde. Ich packte sie an den Schultern und sagte eindringlich “Hör auf damit, der Tod ist keine Strafe! Was wissen wir schon, weshalb sie so jung starb. Alles was wir sehen ist nur ein kleines Puzzleteil. Ja, sie wurde uns genommen, aber woher wollen wir wissen, weshalb? Wir kennen das große Ganze nicht: Vielleicht musste sie so früh gehen, damit sie ihre nächste Inkarnation rechtzeitig erleben kann. Vielleicht hat sie in diesem Leben alles erlegt, was sie erleben wollte. Hör auf so rumzuschreien”.

Sie wurde ruhig und wimmerte nur noch leise vor sich hin. Die Schwester kam zu mir und sagte “Das haben sie klasse gemacht. Genau so ist es”. Ich hatte seit diesem Tag mit dieser Bekannten nur noch sporadisch Kontakt und mit der besten Kollegin der Freundin gar keinen mehr. Dafür treffen wir uns immer noch so 2-3x pro Jahr mit den drei Nichten der Freundin, was immer sehr schön ist.

Ich habe nach dem Tod sehr oft und lebhaft von der verstorbenen Freundin geträumt. Einmal glaubte ich sie nachts neben meinem Bett zu sehen, wie sie beruhigend über mein Haar strich. Eines Nachts träumte ich, dass sie ganz lange Haare hatte, was sie sich zu Lebzeiten immer gewünscht hatte. Ein andermal sagte sie im Traum zu mir, dass sie noch immer Teil meines Lebens sein wolle und ich sie so behandeln solle wie früher, als sie noch lebte. Letztendlich träumte ich vor einiger Zeit, dass sie sich verabschiedete und mir sagte, dass sie ein neues Leben beginnen wird. Seither habe ich auch nicht mehr von ihr geträumt.

Natürlich vermisse ich sie und denke “Dazu hätte sie jetzt das oder das gesagt” und manchmal kommen Erinnerungen hoch und es gibt Begebenheiten und Situationen über die ich mich aufrege oder über die ich lache, die nur sie verstanden hätte. Dennoch hatten wir Zeit uns zu verabschieden und ich habe meinen Frieden mit ihrem frühen Tod, weil ich weiss, dass ich alles getan habe, was mir möglich war. Ich war für sie da, als sie mich gebraucht hat, ich habe alles Menschenmögliche versucht, ihr zu helfen. Sie sagte auch zu mir, dass sie keine Angst hätte zu gehen, weil sie ja ein guter Mensch war und nichts zu befürchten hätte.

Sie sagte mal, dass es ihr leid tue, dass sie mir das was ich für sie getan hätte nicht zurück geben könne und ich entgegnete, dass sie das doch auch nie hätte müssen. Unsere Freundschaft war bedingungslos. Und wer weiss schon, ob sie es mir nicht eines Tages zurückgeben kann. Vielleicht hat sie das aber auch schon in einem früheren Leben getan. Auch hier kennen wir das Gesamtbild nicht. Vielleicht kennen wir uns schon seit vielen Leben oder aber wir werden noch weitere Leben zusammen erleben auf die eine oder andere Art.

Ich mag es nicht hören

Ich verbringe manchmal meine Mittagspause in einem Café. Ich will dort einfach für 20 Minuten meine Ruhe haben, WhatsApp checken, etwas durch Insta scrollen oder einfach meinen Gedanken nachhängen.

Doch seit einiger Zeit gesellt sich immer eine andere Frau zu mir an den Tisch. Die Frau ist nett und ich habe nichts gegen sie, aber sie erzählt mir sehr oft von Krankheiten. In detaillierter epischer Breite werden Körperausscheidungen aller Art beschrieben. Nicht nur ihre eigenen, sondern auch die ihres Sohnes.

Wie gesagt finde ich die Dame nett, aber ich mag echt nicht beinahe jeden Tag etwas über Krankheiten oder Töpfchentraining hören. Ich erzähle doch auch nicht jeden Tag von den herausgewürgten Haarballen meiner Katzen oder dass sie mir ein “Herz” gepinkelt haben (was durchaus vorkommt, hahahaha).

Ich mag das alles nicht hören, aber wie kann ich das der Frau nett beibringen? Ich kann doch nicht sagen, dass ich nichts über Körperflüssigkeiten und Exkremente anderer hören will und auch nichts über sonstige körperliche Befindlichkeiten. Es bringt ja auch nix, wenn sie ewig über ihren starken Husten lamentiert.

Als ich lange krank war, habe ich doch auch nicht jeden Tag andere zugejammert über meine Schmerzen. Es hätte nichts an der Situation geändert. Geteiltes Leid ist doppeltes Leid, nicht Halbes. Ich habe nix dagegen, wenn jemand erzählt, dass er Kopfschmerzen hat oder sonst irgendwas, das ist völlig ok. Was ich jedoch nicht mag, ist das immer wiederkäuende Gejammer. Das ständige Mimimi.

Eine Bekannte hat seit Monaten Schmerzen am Arm und jammert täglich darüber. Dann muss man sich eben mal einen Termin bei einem Spezialisten geben lassen und abklären, was es ist und wie es behandelt werden kann. Aber nein, man jammert lieber weiter. Ich glaube manche würden gar nicht mehr wissen, was sie reden sollen, wenn sie nicht mehr jammern müssten.

Ich hab echt keinen Nerv mehr dafür, mir endlose Jammertiraden anzuhören. Ich überlege ernsthaft, mir einen anderen Aufenthaltsort über Mittag zu suchen. Aber das wäre alles weiter weg und umständlich und ich müsste mich wieder verbiegen, nur um diesen Gesprächen aus dem Weg zu gehen.

Ich bin zu alt für all den Schrott. Ich mag meine Lebenszeit nicht mehr mit den Jammerlappen verbringen, weiss aber nicht, wie ich mich elegant ihrer entledigen kann. Ich habe für Januar einen Termin bei einer Hypnosetherapeutin gebucht. Vielleicht kann sie mir helfen, dass ich diese Menschen nicht mehr anziehe wie ein Magnet. Ich will nicht nur deppenfreie, psychofreie- sondern auch jammerfreie Zone. Ist doch nicht zuviel verlangt.

Leute kommen und gehen

Ich hatte am Samstag einen Wellness-Tag mit meiner besten Freundin und wir hatten viel Zeit zum reden. Wir kamen auf das Thema “Clique” / “Freunde”, beziehungsweise Menschen, die nicht mehr Teil unserer Leben sind und wir gaben Prognosen ab, wer bald daraus verschwinden wird.

Ein Teil “verschwand” oder wird mit der Geburt von Kindern “verschwinden”. Die “Kindermenschen” unternahmen nichts mehr mit uns Kinderlosen, sondern schlossen Freundschaften mit anderen Kindermenschen. Die Interessen waren nicht mehr dieselben und man fand anscheinend keine Zeit mehr füreinander.

Ein paar verschwanden aufgrund Trennung. Wir blieben noch mit einem Teil des ehemaligen Paars befreundet, aber der oder die Verlassene trennte sich nicht nur vom Partner, sondern auch vom ehemaligen Freundeskreis, also uns.

Andere Personen verschwanden aus dem Dunstkreis, weil es einfach nicht mehr passte. Man fand sie immer schräger, schrulliger, die Marotten immer mehr zunehmend.

Eine Bekannte soff mir zu viel. Ich erlebte einen sehr unangenehmen Faschingsabend mit ihr, als sie eine Affäre mit einem verheirateten Typen anfing und im Auto mit dem rumknutschte, während ich hinten drin saß. Ich sagte ihr, dass ich das ultra uncool fand und ab diesem Tag distanzierte sie sich von mir, was mir ehrlich gesagt nicht unrecht war, weil das nur der sprichwörtliche Tropfen war, der das Fass zum überlaufen brachte.

Eine ähnliche Szene erlebten mein Mann und ich mit einer anderen Bekannten, die in einem Restaurant während des Essens ständig mit ihrem neuen Typen rumschnullte. Er wiederum prahlte zwischen den Knutsch- und Fummelpausen lauthals über seinen angeblichen Reichtum. Ich distanzierte mich nach diesem Abend von ihr.

Ein ehemaliger Kumpel distanzierte sich von mir, weil er mir seine Liebe gestand, die er anscheinend schon seit Jahrzehnten für mich hegte. Er hatte eine neue Beziehung, die er durch den Kontakt zu mir und den damit verbundenen Gefühlen, nicht gefährden wollte. Das verstehe ich sogar und finde es gut, dass er sich distanziert hat. Er war viele Jahre ein echt guter Freund für mich, aber unterschwellig hatte ich das schon geahnt, aber immer wieder verdrängt. Es hat unsere “Freundschaft” allerdings auch belastet, weil er eben gänzlich andere Gefühle für mich hatte, als ich für ihn und das wusste er auch. Ohne den Kontakt zu mir ist er frei. Wahrscheinlich hat ihn der Kontakt zu mir lange gequält.

Ein anderer ehemaliger guter Freund brach den Kontakt zu mir ab, weil mein Leben als Veganerin seiner Meinung nach mit einer Terrormiliz gleichzusetzen sei. Das tat mir damals sehr weh, weil es für mich aus heiterem Himmel kam. Inzwischen denke ich, dass mein Lebensstil ihn irgendwie getriggert hat. Keine Ahnung, ist auch Wurscht, hahahahahaha. Er war zum Schluss regelrecht bösartig in seinen Bemerkungen. Das tut man Freunden nicht an, also war es keine Freundschaft.

Eine Bekannte, mit der ich mich glaubte anzufreunden, ghostet mich seit vielen Jahren. Auslöser war eine Bemerkung meinerseits über Silvesterfeuerwerk. Hintergrund war der, dass die Bekannte schon ab Ende August horrormässige Angst vor dem Silvesterfeuerwerk hatte, weil sie Pferde besaß. Ich verstehe das nur zu gut. Ich weiss wie angstvoll unsere Katzen an Silvester sind und kann mir gut vorstellen, dass es bei Fluchttieren noch um ein vielfaches Schlimmer ist. Ich hatte es gewagt, zu sagen, dass sich ihre Panik (die ich übrigens sehr gut nachvollziehen kann) womöglich auf die Pferde überträgt. Dadurch war sie so beleidigt, dass sie mich aus ihrem Leben verbannte. Damals tat mir auch das sehr weh, aber inzwischen bin ich froh, dass solche Menschen kein Teil mehr meines Lebens sind.  Es hätte so oder so nicht gepasst und wäre nie eine wirkliche Freundschaft geworden.

Eine Bekannte hat es sich gründlich mit mir verscherzt, weil sie mir erzählt hat, dass sie eine Maus mit einem Besen erschlagen hat. Eine andere hat als Model für Tierversuchslabore gearbeitet. Ich brach den Kontakt ab, weil sie meine Werte nicht nur nicht teilten, sondern mit Füßen traten. Ich vermisse keine dieser Frauen.

Eine Bekannte, mit der wir früher viel unternommen hatten, war während der C-Zeit stark ins Esoterische abgedriftet. Das letzte Mal, als wir sie trafen, hatte sie einen mindestens 10cm großen Stein an einem Strick um den Hals hängen und empfahl uns eindringlich selbiges zu tun, um Elektrosmog abzuwehren. Zum Glück weiss sie nicht, dass wir beide inzwischen E-Autos haben. Vermutlich bräuchten wir jetzt einen Hinkelstein.

Eine andere Bekannte von früher traf ich nach vielen Jahren wieder, merkte aber sehr schnell, dass es sehr wohl seinen Grund hatte, dass wir seit unserer Jugendzeit nicht mehr befreundet waren. Sie hatte mich damals angelogen und verarscht und versuchte es nun wieder. Als 19jährige hatte sie damit Erfolg, aber heute zum Glück nicht mehr. Ich durchschaute das böse Spiel sehr schnell und meide sie seither. Sie mich erstrecht. Gesetz der Resonanz.

Wieder eine Andere meldete sich immer nur, wenn sie was brauchte. Sie war lange krank und ich besuchte sie immer wieder. Als ich lange Zeit krank war, besuchte sie mich kein einziges Mal, fragte auch nie, wie es mir ging. Ich will keinen näheren Kontakt mehr. Ich treffe sie ab und zu und belasse es dann bei oberflächlichem Smalltalk und verabschiede mich immer sehr schnell wieder. Solche Menschen brauche ich nicht. Sie erzählte mir früher auch mal, dass ihre Freundschaften nie lange halten würden, weil sie nicht in der Lage wäre, Freundschaften zu pflegen. Freundschaft ist aber ein Geben und Nehmen, nicht nur ein raffgieriges Ansichreißen, wie bei ihr.

Eine Freundin war auch mal ein paar Jahre nicht mehr Teil meines Lebens, weil ihr Exmann der Ansicht war, dass ich einen sehr schlechten Einfluss auf sie hätte und er ihr den Kontakt zu mir nicht unbedingt verboten hatte, aber wenn wir uns trafen, dann sehr selten, weil er dann immer rumstresste. Das änderte sich nach der Trennung wieder komplett.

Es kann also sein, dass manche Menschen irgendwann doch wieder ins Leben passen. Der überwiegende Teil wird jedoch in der Versenkung bleiben. Das ist auch nicht weiter schlimm. Leute kommen und gehen. Was Gutes bleibt oder kommt zurück.

Wieso wohl

Ich habe ein neues Auto und damit das Kennzeichen gewechselt und zwar zum Kennzeichen der Stadt, in der ich geboren wurde und nicht, wie bisher, das Kennzeichen der Stadt, in der ich derzeit wohne.

Erstaunt wurde ich gefragt, weshalb ich denn ausgerechnet dieses Kennzeichen habe. Weil es meine Heimat ist! Weil ich ein klitzekleines bisschen Verbundenheit zu meiner Heimat zeigen will! Weil ich noch immer ab und an Heimweh habe und auch nach 17 Jahren noch nicht heimisch geworden bin in dieser Stadt, die zugegebenermaßen architektonisch die Schönere ist, doch deren “Ureinwohner” oftmals eine sehr befremdliche Mentalität für mich haben.

Es ist auch bezeichnend, dass alle meine Freunde hier, keine “Eingeborenen” sind, sondern ebenfalls “Zugezogene” wie ich. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel, doch oftmals empfinde ich viele “Ursprungsbürger” hier als sehr merkwürdig. In meiner Heimat würde man solche Menschen als “Erbsaglaubar” bezeichnen.