Ratschläge sind eben immer auch Schläge

Wir haben nach 9 Monaten fehlgeschlagener Vergesellschaftung unseres Yoshi mit unseren anderen Katzen entschieden, ihm ein neues Zuhause als Einzelprinz zu suchen. Diese Entscheidung fiel uns alles andere als leicht, aber wir wissen schlicht und einfach nicht mehr was wir tun sollen. Am Montag hat Yoshi Onya durch eine Unbedachtheit meinerseits (sie ist mir aus dem Arm entwischt und wollte davon rennen und er sofort wie ein Geier hinter ihr her, so schnell konnten wir gar nicht reagieren) so gejagt und geschlagen und gegen die Küchenzeile geschleudert, dass sie einen ihrer unteren Reißzähne verlor und wir mit ihr zum Notdienst mussten. Es geht nicht mehr. Schicht im Schacht!

Wir schrieben ihn auf Facebook, Instagram, bei verschiedenen Tierschutzportalen und bei mir in der Firma im Intranet zur Vermittlung aus.

Es kamen daraufhin wirklich nette Zusprüche. Viele Menschen wünschten uns Glück bei der Suche und schrieben uns auch, dass dies das einzig Vernünftige ist, was wir noch tun können. Zum Glück überwiegen diese netten und lieben Zuschriften. Es fällt mir eh nicht leicht und ich bin deshalb eh schon nah am Wasser gebaut und sehr empfindlich.

Dennoch gab es auch ein paar weniger erfreuliche Rat-Schläge wie “Lasst doch das die Katzen unter sich ausmachen, das wird schon, deswegen braucht Ihr ihn doch nicht abgeben”, “Du musst nur laut genug Nein sagen, Du erziehst ihn nicht richtig”, “Macht doch einfach die Tür auf und Ruhe ist, der soll für sich selbst sorgen”, “Warum tut ihr ihm diesen Stress an, wieder ein neues Zuhause zu bekommen?”.

Es gab auch die Überlegungen, ihn als Freigänger zu halten. Diese Idee hatten wir auch schon, aber wie soll das bei vier Katzen funktionieren? Das Problem, dass er Onya wie ein Hühnerhabicht anfällt und verletzt und auch Muffin oft schlägt wäre damit ja nicht aus der Welt. Dann müsste er in der Garage leben oder wie? Das geht doch nicht. Er braucht ein vernünftiges Zuhause. Ausserdem würde er als Freigänger hier in der Nachbarschaft auch alle Katzen aufmischen und das will ich auch niemand zumuten.

Ich bin mir sicher, wenn wir einen Platz als Einzelprinz für ihn finden, bei einer Familie oder Person, wo genügend Zeit für ihn vorhanden ist und wo er mit niemandem (keine anderen Katzen, keine Kinder) die Liebe der Adoptiveltern teilen muss, wird er zur Ruhe kommen und glücklich werden. Wenn wir ihn als Freigänger halten würden, wäre er trotzdem hier im Haus immer unter Strom und müsste die anderen patroulieren und kontrollieren. Ich glaube nicht, dass ihn das so auspowern würde, dass er Onya und Muffin in Ruhe lassen würde. Selbst wenn ich ewig mit ihm Ball oder Angel spiele ist er nicht ausgepowert. Er ist aber auch ein temperamentvoller Teenager. Das passt einfach nicht zu unseren gemütlichen Dreien, die am allerliebsten chillen.

So schwer es ist – und das ist es wirklich!!! – er wird bei uns nicht glücklich werden und die anderen drei mit ihm auch nicht. Fakt!

Bevor noch jemand auf die Idee kommt, mir so tolle RatSCHLÄGE zu erteilen, wie “werft ihn doch einfach auf die Straße” sollte sich derjenige mal einfach die Situation durch den Kopf gehen lassen, bevor er den Mund aufmacht.

Es ist nicht unsere Schuld, dass wir ihn unter komplett falschen Angaben vermittelt bekamen als “Lieb und sanft und komplett verträglich mit allen anderen Katzen”. Er ist schlicht und einfach nicht richtig sozialisiert. Vermutlich hat er zu früh die Mutter verloren und alle wesentlichen Dinge im Umgang mit Artgenossen nicht gelernt. Daher kommt auch das unvermittelte Beißen ohne jegliche Vorwarnung. Auch das war der Pflegestelle bekannt, wurde uns aber geflissentlich verschwiegen. Es ist wie es ist. Gelitten haben unter dem vortäuschen falscher Tataschen wir alle, inklusive Yoshi. Wir haben seit 9 Monaten keine Ruhe mehr im Haus. Onya, Muffin und selbst Orpheus sind gestresst, Yoshi ist ständig unter Strom und hat keine Ruhe und wir Menschen auch nicht. Das ist kein Leben mehr. Jetzt hoffen wir, dass wir ein ganz wundervolles Zuhause für ihn finden, dass 100 %ig passt. Wer das nicht versteht, der kann mich Kreuzweise am Arsch lecken!

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Ein Leben, wie im Märchen

IMG_1615 Gestern lagen wir auf dem Sofa und netflixten, als Muffin auf den Couchtisch sprang, seine Pfote in eines unserer Trinkgläser tauchte und die Pfote abschleckte. Er tat es mit einer lässigen Souveränität, die auf Gewohnheit schließen lässt. Ich will gar nicht darüber nachdenken, wie oft ich schon Wasser getrunken habe, in dem eine der Katzen Zunge und / oder Pfote hatte. Es ist schon etwas eklig, vor allem wenn man nur zu gut weiss, wo die Zungen und Pfoten vorher waren. Aber sie sind ja unsere Kinder und dann ist es Wurscht. Die dürfen alles.

Somit leben wir wie im Märchen und fragen uns immer öfter “Wer hat in meinem Bettchen geschlafen, wer hat aus meinem Becherchen getrunken und wer hat von meinem Tellerchen gegessen”. Ein kleiner Tipp: Schneewittchen war es nicht. Sehr wohl aber Onya, Orpheus, Muffin und Yoshi. Von Yoshi wussten wir es, dass er gerne aus Gläsern trinkt. Bei Muffin war es eine “Überraschung”.

Sie schlafen auch nachts bei uns im Bett. Orpheus und Muffin liegen neuerdings im Pulk zusammengerollt auf meinen Schienbeinen. Onya liegt zumindest nachts nicht auf einem, sondern lediglich am Fussende. Ich habe jedoch schon öfter festgestellt, dass Katzen gerne auf “Knochigen Körperteilen” liegen. Es gibt durchaus gepolsterte Stellen, aber nein, die Knie oder Knöchel müssen es sein. Keine Ahnung, was daran so verlockend ist. Als Muffin bei uns einzog (und Yoshi macht das auch), wurden wir sehr schnell dazu erzogen, das dreckige Kochgeschirr sofort in die Spülmaschine zu räumen. Wenn wir dies nicht taten, wurden die Pfannen und Töpfe ausgeschleckt. Das waren sie vermutlich von ihrem früheren Leben so gewohnt. Mit der Zeit gab sich das zum Glück, als sie merkten, dass die Näpfe immer ausreichend gefüllt sind und sie keine Essensreste suchen müssen. Wir dachten, dass das mit dem Wasser auch aufhören wird, was bei Yoshi auch der Fall war, jedoch fing es nun bei Muffin an. Oder er hat es schon immer gemacht und wir haben es nur zum ersten Mal gesehen. Katzen sind Nachahmer. Vielleicht müssen wir zukünftig Abdeckungen für unsere Gläser kaufen.

Wir hatten früher MissC und Spocky, die bei uns lebten. Beide aßen immer manierlich und es waren nie Essensreste um die Näpfe verstreut. Doch dann starb Spocky und Onya und Orpheus zogen ein. Sie frassen wie die Barbaren. Ein Streukreis von mehreren Zentimeter war keine Seltenheit. Doch wir hatten noch unsere Grande Dame MissC, die ihnen Manieren beibrachte. Später zog dann Gizmo ein und auch ihm wurde ein geordnetes Fressen beigebracht. Doch dann starb MissC und schon kurz darauf fielen Onya und Orpheus in ihr barbarisches Fressverhalten zurück. Nicht nur das, auch Gizmo fing an zu fressen wie sau. Als dann noch später Merlin bei uns einzog, frass er als einiger gebührlich.

Gizmo und Merlin starben letztes Jahr im Sommer und kurz darauf fing das unmanierliche Gefresse wieder massiv an. Yoshi und Muffin fressen beide echt ok,  Orpheus geht inzwischen auch wieder, doch bei Onya wird es immer schlimmer. Inzwischen schleppt sie die Fleischbrocken meterweit und verteilt alles im halben Haus. Überall findet man Essensreste. Auch Onya und Orpheus tranken früher aus unseren Gläsern, weil sie es so von den Vorbesitzern gewohnt waren. Vielleicht hört das Verteilen des Fleisches auch irgendwann mal wieder auf. Aber auch wenn nicht, wir lieben alle Katzen genau so, wie sie sind. Es gibt wahrlich Schlimmeres, als Katzen, die des nachts auf den Knöcheln schlafen und hinter denen man her putzen muss. Sie sind und bleiben die genialsten, anmutigsten und schönsten Geschöpfe ever.

Dysmorphophobie

Ich habe seit Jahren eine leichte dysmorphophobe Störung. Sie ist bei mir zum Glück nicht schwer ausgeprägt und es tritt Phasenweise auf und dem Einhorn sei Dank nicht immer.  Es gibt aber Tage, so wie heute Mittag, da finde ich mich entstellt, hässlich, einfach grausig. Ich fühle mich dann wie Quasimodo. Ein Blick in den Spiegel wird zur Qual. Zum Glück hielt der heutige Schub nicht lange an und der “Spuk” war heute Abend vorbei. Ironischerweise pünktlich zu Halloween. Wenn andere sich freiwillig gruseln, hörte bei mir das Gruseln auf. Wenn ich mich jetzt anschaue, kann ich die Gefühle von heute mittag nicht mehr nachvollziehen, dennoch waren sie zu dem Zeitpunkt real und ich bin dann immer so darin gefangen, dass nichts und niemand mich vom Gegenteil überzeugen kann, so gefestigt ist die “Erkenntnis”, dass ich hässlich und entstellt bin. Diese Phasen sind nicht schön, aber ich bin dankbar, dass sie nicht schwer ausgeprägt sind. Wie müssen sich Menschen mit dem vollen Krankheitsbild fühlen. Ich weiss, dass diese Phasen verschwinden und widme ihnen nicht mehr so viel Aufmerksamkeit. Manchmal muss man Bullshit einfach vorbei ziehen lassen.IMG_1577_pp

Shit happens

Letzte Woche war ich in der Stadt und parkte auf einem etwas abgelegenen Firmenparkplatz. Es standen nicht sehr viele Autos dort und es wohnt dort auch niemand. Trotz der wenigen parkenden Autos schaffte ich es doch tatsächlich eines der Autos beim ausparken zu beschädigen.
Ich fuhr aus der Parklücke und es machte “Plong” und ich dachte mir so “Nein, verdammt”. Aber geschehen war nun mal geschehen. Ich suchte die umliegenden Gebäude nach dem Besitzer des Fahrzeugs ab, doch es war alles menschenleer, bis auf ein paar wenige arbeitende Menschen, die mir nicht weiterhelfen konnten.

Also machte ich das, was am nahe liegendsten war. ich rief die Polizei an und schilderte den Vorgang. Eine sehr nette Polizistin nahm alles auf und sagte mir, dass sie eine Polizeistreife schicken wird. Die kamen auch echt innerhalb von 15 Minuten. Zwei sehr nette Polizisten. Der eine schaute sich den Schaden an und meinte “das kann passieren”. Der andere sagte “Sie haben sich absolut richtig verhalten”. Anscheinend geschieht es sehr oft, dass bei solchen Bagatellschäden die Leute einfach weiterfahren. Man liest es ja oft, dass Leute Zeugen suchen, weil ihre Fahrzeuge beschädigt sind. Das kann ich nicht nachvollziehen. Man ist doch versichert und es reisst einem keiner den Kopf ab. Die Polizisten waren wirklich sehr angenehm. Einer der beiden sprach die mündliche Verwarnung aus und der andere sagte noch, dass mein Schaden so gering ist, dass man das sicher selbst wieder eindrücken könne. So war es auch.  Den Schaden an meinem Auto reparierte mein Mann selbst. Er drückte die Delle wieder nach aussen und man sieht nichts mehr vom Schaden. Um den Schaden an dem anderen Auto kümmert sich meine Versicherung. Es handelte sich um ein Poolfahrzeug einer Firma. Dann hat sich die Versicherung auch mal gelohnt. In über 25 Jahren darf man auch mal einen Schaden melden.

und jährlich grüsst das Murmeltier

Gerade endete die alljährlich stattfindende SWR 1 Hitparade. Auf Platz eins war Bohemian Rapsody von Queen und auf dem zweiten Platz Stairway to Heaven von Led Zeppelin. Seit gefühlten 1000 Jahren wechseln sich diese beiden Songs auf den ersten beiden Plätzen ab. So vorhersehbar und unendlich langweilig. Kann nichtmal ein gänzlich anderes Lied Platz 1 sein? Nix gegen diese Songs, die sind schon ok, aber warum wählt man jedes Jahr immer wieder dasselbe??? Wenn man weiss, was Platz 2 ist, weiss man auch schon was die Top Ten anführt. Das sagten sogar die Moderatoren.

Aber gut, wenns den Leuten gefällt und sie nach 20 Jahren noch immer die gleichen Lieder wählen, dann ist das ja auch schön. Was weiss ich Kulturbanausin schon. Ich bin diejenige, die sich bei den ersten Takten von Under Pressure freut wie eine Schneekönigin, nur um dann enttäuscht fest zu stellen, dass es nicht Ice Ice Baby ist.

Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung

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Das entspricht dem, wie ich mich selbst sehe

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und das ist die harte Realität.

Denken alle “alten Menschen”, dass sie noch jung sind? Vermutlich. Ich kenne aber auch Menschen, die noch niemals jung waren und schon alt geboren wurden.  Das sind dann alte Menschen in jungen Körpern. Ich dagegen bin ein junger Mensch, gefangen in einem nicht mehr ganz so jungen Körper. Aber es ist schon noch ok, es ist nicht schlimm. Nur ein paar Augen und Denkerfalten. Gibt definitiv Schlimmeres.

Das kann man doch mal verwechseln

Eine Polizeistreife hielt mich an. Fahrzeugkontrolle. “Zeigen Sie Ihren Führerschein und Ihre Fahrzeugpapiere”. Ich war – ohne Grund – nervös und kramte die gewünschten Dokumente aus meinem Geldbeutel und gab sie dem Beamten. Er warf einen Blick darauf und sagte “Wollen Sie mich verarschen?” Ich wusste nicht, wovon er sprach und antwortete wahrheitsgemäss “Das liegt mir fern”. Er wurde wütend und sagte laut “So eine unglaubliche Frechheit, geben Sie mir sofort Ihren Fahrzeugschein! Hier haben Sie Ihren Blödsinn wieder”. Erst in diesem Augenblick erkannte ich, dass ich dem Herrn anstatt des Fahrzeugscheins mein Bonusheft vom Zahnarzt ausgehändigt hatte. Ich fing an zu lachen und konnte nicht mehr aufhören. Er kam sich noch veräppelter vor und schrie mich an “Wenn ich nicht sofort den Fahrzeugschein bekomme, können Sie gleich mit aufs Revier” und ich lachte noch lauter. Mir tat der Bauch und die Kiefermuskeln weh, so sehr lachte ich. Letztendlich fand ich in letzter Sekunde den Fahrzeugschein. Er studierte ihn und meinte nach einer gefühlten Ewigkeit, dass ich weiter fahren könne. Meine Mitfahrer kommentierten das Ganze mit “Das kann echt nur Dir passieren”. Ich finde, dass man das leicht verwechseln kann und ein anderer Polizist hätte wahrscheinlich auch gelacht.

Wahre Alchemie

Kann man aus Scheisse wirklich Gold machen?

Ich las vor einigen Tagen im Internet einen Spruch, der sinngemäß ungefähr so war, dass auch das Schlimmste, was einem widerfährt in leuchtendes Gold verwandelt werden kann.

Dazu fiel mir die Geschichte einer Frau ein, deren Sohn von einem Kriminellen erschossen worden war. Sie besuchte den Täter im Gefängnis und freundete sich mit ihm an. Letztendlich adoptierte sie den Mörder ihres Sohnes. Krasse Geschichte, die sich wirklich so in den USA zugetragen hat.

Als Kind fand ich im Religionsunterricht die Hiob Geschichte immer ganz furchtbar. Er wurde “auf die Probe” gestellt und ihm wurde alles genommen, was er liebte. Zum Dank für seine Loyalität bekam er eine neue Familie. Ich fand das nicht so prickelnd und ziemlich fies dem Hiob gegenüber.

Wie ist es bei mir selbst? Ich habe auch schon einiges erlebt in meinem beinahe methusalemischen Alter. Konnte ich das in “leuchtendes Gold” transferieren? Ja und Nein.

Die Trennung von meinem Ex stellte sich im Nachhinein als absoluter Glücksfall heraus und war eines der besten Dinge, die mir passiert sind. Nichts gegen ihn, wir haben nur schlicht und einfach absolut nicht zusammen gepasst.

Mein Mann und ich wollten mal Eltern eines leiblichen Kindes werden und das klappte nicht so. Auch das ist, glaub ich, ein Segen und sollte so sein. Wir sind wohl die besseren Katzeneltern. Ich weiss nicht, ob wir Bock auf das ganze drumherum gehabt hätten, wie wickeln, stillen, Babybrei etc, von der Pubertät später ganz zu Schweigen. Ich glaube, das wäre echt nicht unser Ding gewesen.

Das sind die beiden Ereignisse, wo das “Schlimme” zu was gut war. Ganz anders schaut es beim Tod aus. Wenn der Tod ins Spiel kommt, wandelt sich nichts mehr in Gold. Es tut einfach nur weh, auch nach Jahren noch. Diese Wunden verheilen niemals so ganz. Doch der Tod gehört leider zum Leben. Es ist der unvermeidliche Lauf der Dinge. Diese Erlebnisse prägen einen und lassen den einen oder anderen vielleicht reifen. Trotzdem verwandelt sich da nichts in irgendwas, schon gar nicht in leuchtendes Gold. Es wird auch nicht leichter, je öfter man ihn erlebt hat und gewöhnen tut man sich schon gar nicht daran, ein geliebtes Lebewesen zu verlieren. Die wahre Alchemie ist vielleicht, dass man nicht daran zerbricht.

Oktober Blues

Ich hatte letzte Woche frei. Urlaub. Ganze fünf Tage. Ich habe viel mit meinen Katzenkindern geschmust, ich habe genäht, modische Accessoires kreiert, Familie und Freunde besucht und mit Freunden gefeiert. Es war eine schöne Woche. Um so härter traf mich der Alltag wieder. Es war wie ein Faustschlag. Es grüßt wieder täglich das “Murmeltier”. Dieselben Menschen im Bus, derselbe Weg, die immergleichen Haltestationen. Die Arbeit, danach einkaufen, kochen, waschen, die Katzen bespaßen, nachts nicht schlafen können und grübeln. War das schon alles?

Jaja, ich sollte dankbar sein, anderen geht es noch viel viel viel schlimmer und die meisten Leute machen nicht das, was sie von Herzen lieben, so ist das nunmal, das war schon immer so und wird immer so sein. Kaum jemand kann von dem leben, was sie/ihn erfüllt. Das Leben ist eben kein Zuckerschlecken und man kann nicht immer Urlaub haben blablablabla. WürgundKotz!

Es gibt da so einen Spruch, dass es nicht gerade von geistiger Gesundheit zeugt, wenn man an das System angepasst ist. Ich bin für meine kleine Rebellenseele viel zu angepasst und das schon viel zu lange. Ich muss echt die Sau raus lassen. In mir schlummert leise und knisternd die Anarchie und sie will raus.

Kürzlich gab es einen kleinen Aufblitzer. Ich konnte den Schein nicht mehr aufrechterhalten und nicht mehr so tun, als könnte ich eine bestimmte Person leiden. Es war mir mit jeder Faser meines Körpers anzusehen, dass ich die nicht leiden kann. Mir sind die Gesichtszüge entgleist. Meiner Mimik war deutlich anzusehen, was ich dachte: “Boah, Du nervst so unglaublich”.

Solche “Entgleisungen” geschehen mir immer öfter. Die Fassade bröckelt. Es gibt auch Menschen in meinem Umfeld, die ertrage ich einfach nicht mehr. Treffen mit diesen Leuten laugen mich aus. Die rauben mir Energie und Lebensfreude. Niemand, den man gerne um sich hat. Junge Seelen, die noch ganz viele Inkarnationen vor sich haben, bis sie kapiert haben, dass Statussymbole nicht glücklich machen und es nicht gerade schlau ist, sein Leben nur darauf auszurichten, was “die Anderen sagen könnten”.

Eines schönen Tages in nicht allzuferner Zukunft werde ich, wie man in meiner hohenlohischen Heimat zu sagen pflegt “Den Beddl nouschmaissa”. Dann werde ich drauf scheissen, ob diese Leute dann enttäuscht von mir sind und es unmöglich finden werden, wie ich so etwas tun kann. Sie werden nie verstehen, wieso ich das tun werde, weil sie nicht in meinen Schuhen laufen. Sie wissen nicht wie ich mich fühle und es ist ihnen auch egal, ob ich glücklich bin oder nicht.

Warum fragt eigentlich niemand “Bist Du glücklich?”. Die Meisten fragen nur so Zeug wie “Was macht die Arbeit?”, “Wie läufts bei Euch?”, “Was gibts Neues?”. Mich hat noch nie jemand gefragt “Macht Dich das glücklich?”, “Bist Du zufrieden mit Deinem Leben?”, “Machst Du das, was Dich erfüllt?”.

Nein, Momentan bin ich in so manchen Bereichen meines Lebens nicht glücklich. Ich habe oft depressive Phasen. Je länger ich in der “Matrix” gefangen bin, desto mehr zweifle ich an mir selbst. Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden und ich mache ganz sicher nicht das, was mich erfüllt. Es liegt nur an mir, dies zu ändern. Doch ich bin gefangen in meinem Sicherheitsbedürfnis. Ich bin immer noch jung und brauche das Geld. Ich weiss nicht, wie ich frei sein kein, zu tun, was mich erfüllt. Ich habe schon so viel probiert und bin immer gescheitert. Habe den Unken gelauscht und wieder an mir gezweifelt. Vielleicht ist es die größte anarchische Handlung, an mich zu glauben und die Unken unken zu lassen.

Ich gebe auf, ich kann nicht mehr!

Seit beinahe 8 Monaten versuchen wir, den kleinen Yoshi mit unseren anderen drei Katzen zu vergesellschaften. Wir haben ALLES probiert. Tierpsychologin, Tierheilpraktikerin, Tierärztin, die auf dominante Kater spezialisiert ist, Zylkene, Anxitane, verschiedene Bachblüten, darunter sogar aus Amerika importierte Ultimate Peacemaker Solution vom Katzenpapst Jackson Galaxy. Wir probierten Globuli wie Ignatia, Lycopodium und Nux Vomica nach Dosierungsanleitung der Tierheilpraktikerin. Wir versuchten es mit einer Katzentrainerin und Clickertraining, wir engagierten eine Katzentherapeutin und wir gaben allen Katzen Calm Futter und CBD Öl (ohne Terpene). Wir versuchten das Soul Mate No. 1 Spray und wir versuchten es mit Tierkommunikation und Auralesung. Es gab wirklich nichts, was wir nicht versucht hätten, ausser Psychopharmaka was uns von der Tierpsychologin und der Katzentherapeutin empfohlen wurde, aber das fühlt sich nicht richtig an. Ich will ihn nicht ruhig stellen. Er soll glücklich sein. Allerdings kann er das bei uns nicht. Er muss immer die anderen Katzen kontrollieren und patrouillieren. Speziell das Mädchen, aber auch die beiden anderen Kater. Sogar unser sonst so extrem gechillte Orpheus ist schon ganz schreckhaft geworden. Deshalb haben wir uns extrem schweren Herzens dazu entschlossen, dass wir ihm ein Zuhause ohne andere Katzen suchen. Wir und auch die Katzenpsyschologin, die Therapeutin und die Tierheilpraktikerin sind sicher, dass er als Einzelprinz glücklicher ist. Er will seine Menschen für sich alleine. Es ist ja auch für ihn nicht gut, wenn er immer unter Strom ist und alle beherrschen muss. Die anderen drei sind auch viel entspannter, wenn sie ihn nicht sehen müssen. Muffin kuschelt sich immer schutzsuchend an mich, sowie Yoshi ausserhalb seines Zimmers ist. Es geht nicht mehr. Wir haben unser Bestes getan.

Wenn die Orga ehrlich zu uns gewesen wäre, wäre uns allen eine Menge Stress erspart worden, aber es ist wie es ist und wer weiss, zu was es gut ist. Die Tierheilpraktikerin sagte auch, dass es gut war, dass er bei uns gelandet ist. So manch andere Adoptanten hätten ihn beim ersten Biss schon vor die Tür gesetzt und seinem Schicksal überlassen.

Er ist ein lieber kleiner Schatz und er macht das sicher nicht aus Bosheit. Wir vermuten, dass er misshandelt wurde und geschlagen. Vermutlich hatte er mal ein Zuhause, weil es ungewöhnlich ist, dass ein Kater in Bulgarien schon kastriert aufgefunden wird. Einerseits ist er sehr dominant, aber andererseits auch wieder extrem sensibel, wie vor einigen Wochen, als er eine Panikattacke hatte, weil ein Monteur auf dem Dach lief und nach unserer Solaranlage geschaut hat.

Meine Hoffnung ist, dass wir eine liebe Person für ihn finden, die Katzenerfahrung hat, viel Zeit und keine anderen Tiere. Wir sind ziemlich sicher, dass er dann auch nicht mehr beissen wird. Alle wirklich schlimmen Bisse, die er uns zugefügt hat, entstanden aus Panik oder Eifersucht. Er hat mir einmal “die Pulsadern aufgeschlitzt”, als er Onya ansprang und ich meine Hand schützend vor sie gehalten habe. In zwei weiteren Situationen hat er mich in den Arm und in den Fuss gebissen, als ich wieder aus einem Beschützerreflex heraus Muffin schützen wollte. Manchmal beisst er auch, wenn man ihn streichelt, ohne jegliche Vorwarnung. Er liegt genießerisch da und schnurrt und zack, beisst er ins Handgelenk. Das ist aber nie so, dass man in der Notaufnahme landet. Das geschieht nur, wenn man “zwischen die Fronten” gerät.

Ohne andere Katzen ist er deutlich entspannter. Er ist glaub ein Border Collie im falschen Körper. Er ist superintelligent. Er kann Türen öffnen und knackt jedes Intelligenzspielzeug. Körperlich ausgepowert ist er so gut wie nie, vorher bin ich es. Egal ob Ballspielen oder die Spielangel jagen. Er macht dabei Ninja-mässige Saltos. Er ist sehr groß und wiegt fast 7 kg, ist aber nicht dick.

Wenn ich es schaffen würde, ihm das Geschirrle anzulegen, würde ich mit ihm spazieren gehen. Das würde ihm sicher gefallen, aber ich habe echt Angst um meine Arme. Ein kleines bissle traumatisiert bin auch ich nach der letzten Beißattacke. Er hat sich regelrecht in meinem Fuss verbissen. Vorgestern nacht war er mit in unserem Schlafzimmer und ich wachte nachts auf und hatte Angst um meine Füsse und deckte sie schnell zu, aber er schlief selig auf dem Sideboard.

Es fällt uns alles andere als leicht, ihn her zu geben, aber wir sind sicher, dass es so das Beste für alle Beteiligten ist, auch für ihn. Es ist auch kein Dauerzustand, entweder ihn oder Onya separieren zu müssen. Ich habe auch echt Angst um Onya. Sie ist so zierlich und klein und wiegt knapp 3 kg. Er kann ihr wirklich ernsthaft was antun.

Jetzt hoffen wir inständig, dass wir ein wundervolles Zuhause für ihn finden, damit wieder Ruhe im Haus einkehrt und alle vier Katzen wieder entspannt sind.

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