Es ist ja nur ein Streuner

Freunde von mir fanden heute eine angefahrene Katze auf der Straße. Der Unfallort lag mitten in der Pampa bei einem Weiler mit nur ein paar Häusern. Natürlich war der Handy-Empfang dort sehr schlecht und keine Internetverbindung möglich. Deshalb riefen die Freunde mich an und baten mich um Hilfe.

Während die Freunde vor Ort versuchten die Katze einzufangen, die sich zwischenzeitlich in ihrer Panik in ein für Menschen schwer zugängliches Gebüsch geflüchtet hatte, versuchte ich anderweitig Hilfe aufzutreiben. Ich rief bei verschiedenen Tierärzten an und wurde an den Tierschutz verwiesen.Dort bekam ich mehrere Nummern vom Anrufbeantworter mitgeteilt. Die erste Nummer die ich anrief sagte mir, dass sie keinen Dienst hätte und verwies an die zweite. Die zweite  Nummer riet uns zur Geduld und wir sollen versuchen, die Katze mit Futter aus dem Gebüsch zu locken. Ich erwähnte dass die Katze sehr schwer verletzt ist und aus dem Mund blutet und dass ich deshalb nicht glaube, dass wir sie mit Futter aus dem Gebüsch locken können. Daraufhin erhielt ich zur Antwort, dass wenn sie sich nicht helfen lassen will, das eben so ist, so schlimm es sich auch anhören würde.

Meine Freunde fanden vor Ort einige Hilfsbereite, jedoch auch welche die sagten “Ist ja nur ein Streuner, jetzt hat es ihn mal erwischt”, “Ist nicht meine Katze, was geht es mich an”. Ein kleiner Junge und seine Familie halfen am Meisten. Letztendlich konnten alle Zusammen dafür sorgen, dass die Katze aus dem Gebüsch befreit und zum Tierarzt gebracht werden konnte.

Vor vielen Jahren fand ich ein angefahrenes Reh und mir erging es schlimer wie den Freunden heute. Alle Autos fuhren vorbei, an den Häusern öffnete niemand die Tür, obwohl sich die Vorhänge bewegten. Handyempfang nicht vorhanden. Bis ich einen Typen aus der Garage fahren sah und mich direkt vor sein Auto stellte. Er musste anhalten, wenn er mich nicht überfahren wollte. Er sagte seiner Frau, dass sie mir helfen soll, weil er zur Arbeit müsse. Die Frau lies mich dann zu ihrem Festnetzapparat und suchte mir die Nummer des zuständigen Försters heraus. Als ich zurück zum Reh kam, gab es keine Lebenszeichen mehr. Vom Entdecken des Rehs bis zur Rückkehr nach der Hilfesuche wahren mindestens 20 Minuten vergangen. Heute denke ich, es wäre besser gewesen, bei ihm zu bleiben und für es da zu sein. Es hatte sehr viel Blut verloren und der Förster wird nichts anderes gemacht haben, als es zu “erlösen”. Ein Tierarzt hätte mir nicht geholfen und an den Förster verwiesen. Es war noch bei Bewusstsein als ich es fand. Es sah mich hilfesuchend an und ich werde diesen Blick nie vergessen. Heute würde ich bei ihm bleiben, in seinen letzten Minuten, aber damals war ich im wahrsten Sinne des Wortes hilflos. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, was richtig ist. Ich dachte, ich würde dem Reh mit meiner Suche helfen, aber ich hatte es allein gelassen.

Bei der Katze heute war es etwas anders gelagert. Einer Katze hilft ein Tierarzt. Aber auch nicht immer. Ich kenne Geschichten von Tierärzten, wo eine herrenlose Katze gleich eingeschläfert wird, weil der oder die Tierärztin / Tierarzt nicht auf den Kosten für Operation und Behandlung sitzen bleiben will. Es ist zu teuer und rentiert sich nicht. “Ist doch nur ein Streuner”. Einer von Millionen weltweit.

Als ich mal in eine neue Stadt gezogen war und auf der Suche nach einem Tierarzt war, sagte die damalige Tierärztin über unseren roten EHK Kater und unsere schwarze Halblanghaarmischlingsdame (aus dem Tierschutz) “der Rote ist ne typische Bauernkatze, aber die Schwarze ist was Edleres”. Wir gingen nie wieder dort hin. Für uns waren beide unsere gleichwertigen Kinder und eines so wertvoll wie das andere.

Ich hoffe sehr, dass der Tierarzt, zu dem die angefahrene Katze heute mittag gebracht wurde ihr helfen konnte. Es hat aber mal wieder deutlich gezeigt, wie hilflos und im ersten Augenblick auch überfordert man ist, wenn man ein verletztes Tier findet.

Vor zwei Wochen fand ich auf dem Heimweg einen Hund ohne Halsband auf dem Gehweg stehend. Weit und breit kein Mensch. Es war ein größerer weisser Hund, vielleicht ein Labradormischling. Ich kenne mich mit Hunderassen nicht gut aus. Ich ging zu ihm und redete beruhigend auf ihn ein, aber er knurrte mich an. Ich traute mich nicht näher als 2m an ihn heran. Ich blieb bei ihm, weil ich ihn nicht alleine lassen wollte und Angst hatte, dass er auf die Strasse rennt. Wir wohnen zwar in einer Gegend mit fast ausschließlich Anliegerverkehr, aber man weiss ja nie. Ich war gerade auf der Internetsuche nach dem Tierschutzverein, als ich eine Frau aus einem der Häuser die Straße abwärts kommen sah. Ich deutete auf den Hund und fragte sie, ob sie wisse, wem er gehört, aber sie zuckte nur mit den Schultern, wechselte die Richtung und lief davon. Jemand muss mein Rufen aber gehört haben, denn aus dem Nachbarhaus kam ein Mann gesprungen und rief “Das ist meiner, er ist aus dem Garten ausgebüxt, Danke, dass Sie sich um ihn gekümmert haben”. Ich war echt froh, als er ihn mitnahm. Ich hätte wirklich nicht gewusst, was ich sonst tun soll. Ich hätte wahrscheinlich beim Tierschutzverein angerufen, ob sie mir helfen können, ihn einzufangen, oder eine Freundin mit Hundeerfahrung. Ich war offen gesagt etwas überfordert mit dem Hund. Wie hätte ich mich richtig verhalten, wenn der Mann nicht gekommen wäre?

Wer das hier liest und mir Nummern geben kann von Personen oder Institutionen, die in Falle eines verletzten Tieres oder wie bei dem oben beschriebenen Fall mit dem Hund, helfen, gerne Info an mich, dafür wäre ich sehr dankbar. Gibt es Tierrettungsnotrufstellen für die Gebiete Schwäbisch Hall / Ceailsheim / Ellwangen? Gibt es eine Hotline für Tierärzte, die am Wochenende Notdienst haben?

Was kann man tun, wenn man ein verletztes Haustier, Wildtier oder sogenanntes “Nutztier” gefunden hat? Wie hilft man schnell und effizient?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert