Ein gutgemeinter Neujahrswunsch

Zum Jahresende bekam ich gleich in zwei meiner Whatsapp Gruppen folgende Neujahrswünsche zugesendet:

Jetzt reicht es mit den Neujahrswünschen…bla bla…von mir nicht!
So ein Blödsinn wie Glück, Erfolg und Zufriedenheit könnt Ihr vergessen!
Ich wünsche Euch schöne Schuhe, guten Sex, 10 kg weniger, dicke Brüste, einen geheimen Beachboy-Lover, Kinder die bald ausziehen, Svarowskischmuck, Falten vom Lachen, danach eine kostenlose Schönheitsoperation, ein Wochenende im Sauerlandstern, immer perfekte Bräune und strahlend weiße Zähne,
coole Jeanshosen und geile Handtaschen voll mit Geld und das alles in einem schneeweißen Cabrio im Urlaub auf Malle…
Das wünsche ICH EUCH, liebe Freundinnen!
Den Rest lassen wir für die Langweiler!

Sicher war es von beiden Adressatinnen gut gemeint… doch ganz ehrlich, will ich das Wenigste davon.

Schuhe habe ich schon mehr als genug, 10kg weniger wären bei meinem Gewicht mehr als gesundheitsgefährdend. Dicke Brüste will ich nicht und einen Beachboy-Lover schon erst recht nicht, denn ich habe meinen Schatz. Meine Katzen sollen nicht ausziehen, sondern für immer bei mir bleiben, Swarovski Schmuck ist jetzt auch nicht so mein Geschmack, Lachfalten sind ok, eine Schönheitsoperation will ich nicht, weder kostenlos noch bezahlt. Was zum Geier ist der Sauerlandstern und will ich das wirklich wissen? Ich will lieber einen gesunden Hautton als die perfekte Bräune und lieber gute Zähne, anstatt strahlendes Weiß. Jeanshosen habe ich auch genug und Handtaschen ebenfalls – ob die cool und geil sind, weiss ich nicht, sie reden nicht mit mir. Geld brauche ich nur so viel, dass meine Familie und ich gut davon leben können. Cabrios sind nicht so meins, weil ich schnell einen versteiften Nacken bekomme von der Zugluft und auf Malle war ich schon. Es gibt schönere Orte auf diesem Planeten. Lieber bin ich eine Langweilerin, die weniger Dinge will, sondern mehr Glück und Zufriedenheit.

Genau daran krankt unsere Spezies. Wir versuchen die Leere in unseren Herzen mit Gütern zu füllen, die innere Unruhe mit Alkohol , zu viel Essen, Drogen oder Zigaretten zu betäuben, uns mit oberflächlichen Ablenkungen vergessen zu lassen, dass etwas Grundlegendes fehlt. Den ungeliebten Job mit Urlauben ausgleichen, etwas nach Außen hin darstellen, damit andere uns darum beneiden. Dabei sperren wir unser Innerstes aus, wollen die Stimme in uns nicht hören. Warten auf Rettung und Erlösung von außerhalb, die nie kommen wird. Dann jammern wir, dass wir nicht glücklich sind, dass “etwas”fehlt und gehen shoppen. Kaufen die fast gleiche Hose oder Bluse, die wir schon im Schrank hängen haben. Lullen uns ein mit Fernsehserien, die wir irgendwann für Realität halten. Akzeptieren uns nicht und fühlen uns hässlich und leer und einsam, auch in Gesellschaft. Denken zu viel über Vergangenes oder Zukünftiges nach. Verbreiten zu viel Leid. Zerstören nicht nur unsere Umwelt, sondern auch uns. Unsere Seelen.

Was wird übrig bleiben von einem Leben, wenn wir einmal gehen müssen, wenn wir es “normal” gelebt haben? Wenn wir zwar niemandem groß geschadet haben, aber auch nichts bewegt haben. Wenn wir einfach nur ein normales, “anständiges” Leben geführt haben, ohne große Höhen und Tiefen. Wenn wir brav arbeiten gingen und immer das getan haben, was von uns erwartet wurde. Damit wir uns Konsumgüter kaufen konnten und immer dafür sorgten, dass die “Anderen” ein bestimmtes Bild von uns haben, das in keiner Weise unserem wahren ich entspricht. Wo sich alles um Geld gedreht hat und nicht um das, was wirklich zählt?

5 thoughts on “Ein gutgemeinter Neujahrswunsch

  • 3. Januar 2016 um 18:06
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    Das ist ein wundervoller Beitrag, der mich sehr berührt hat. Dieselben Gedanken, die auch ich habe. Die Dinge, die sich so viele wünschen, sind für mich so absurd geworden. “Was bring das?”, will ich die ganze Zeit fragen. Und wenn ich es wirklich tue, ernte ich nur verwirrte Blicke. Es wird Zeit, dass wir hinter den Vorhang der Konsumillusion blicken und entdecken, was wirklich hinter all diesen Wünschen steckt, welche Bedürfnisse wirklich erfüllt werden wollen. Meist ist es Liebe (auch Selbstliebe). Wenn wir an die Wurzel gehen und zuerst diese Bedürfnisse erfüllen, fällt der Drang, so viel mehr haben und ansammeln zu wollen, einfach weg. So einfach und doch so unbegreiflich für viele.

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  • 3. Januar 2016 um 20:30
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    Ich hätte es nicht besser sagen können als Anna! In diesem Sinne: ein glückliches, erfülltes 2016 wünsche ich Dir und allen Deinen Lieben, den zweibeinigen und den vierbeinigen <3

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    • 4. Januar 2016 um 22:43
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      Vielen Dank Anna und Susanne.
      Susanne, ich hoffe, Dir und Deinen Lieben geht es auch gut und dass es so bleibt.

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      • 7. Januar 2016 um 18:17
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        Danke Dir! Ja, im Moment ist zum Glück alles ok – toi toi toi! Ich hoffe, bei Euch auch 🙂

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        • 8. Januar 2016 um 16:25
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          Ja bei uns ist alles super. Alle Mietzekatzen sind wohlauf, auch die chronisch kranken CNIchen

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