Gut gemeint

Eine Bekannte hat das unfassbare Talent, mir immer was zu schenken, was für mich unnütz ist. Sie schenkte mir zum Beispiel mal einen Gutschein für das einzige Restaurant der Stadt, wo es überhaupt nix Veganes gibt. Ein andermal bekam ich eine 3D Karte, obwohl sie wusste, dass mir das Stereo-Sehen fehlt. Zum Geburtstag bekam ich nicht nur einmal Tee mit Orangenstückchen geschenkt, obwohl sie wusste, dass ich auf Zitrusfrüchte allergisch reagiere. Karottensalbe… dasselbe in Orange.

Ich könnte das persönlich nehmen und beleidigt sein, aber mein Mann und ich lachen darüber. Immer wenn für mich unbrauchbares Zeug herum liegt, sagt er “Das ist doch bestimmt von X?”. Genau, sie hat wieder zielstrebig, ohne böse Absicht daneben gegriffen. Sie ist einfach zu verpeilt und ich verschenke den Kram einfach weiter und hake es ab als weitere Episode von “Gut gemeint ist immer Scheisse”.

Immer wenn ich am einsamsten war, war ich in Gesellschaft

Kennt Ihr das auch? Man ist irgendwo und sollte eigentlich glücklich sein und Spaß haben. Laue Sommerabende in Gesellschaft. Es ist eigentlich alles in Ordnung und doch stehe ich in solchen Situationen oftmals da und fühle mich so einsam und fehl am Platz.

Alle lachen und sind ausgelassen und ich? Ich tue so als ob ich es auch wäre, doch tief in mir, würde ich mich am liebsten irgendwo verkriechen. Einfach alleine sein, denn alleine wäre ich weniger einsam. Klingt seltsam und ich kann es auch nicht so ganz erklären, aber am einsamsten fühle ich mich oft in Gesellschaft.

Das hat nichts mit den vergangenen drei Jahren zu tun. Es war schon sehr lange vorher so. Wenn man es genau nimmt, war es mein gesamtes Leben so. Es wurde sogar besser. Früher war das noch schlimmer. Das gibt Hoffnung. Vielleicht ist es aber auch so, dass ich nicht in die Gesellschaft passe. Das ich dort nicht ich sein kann. Ich bin ganz einfach fehl am Platz, weshalb ich mich auch so fühle und lieber alleine wäre. Es liegt nicht an den Menschen, sondern an mir. Ein Schaf passt nicht in ein Wolfsrudel.

Ich kann nicht aus meiner Natur. Wie der Akkupunkteur es sagte: “Die Nadeln können zwar unterstützen, aber an Ihrer Natur werden sie nicht viel ändern können”. Ich sollte mir endlich eine Schafherde suchen! Vielleicht reduzieren sich dann auch die dysmorphophoben Phasen, wenn ich nicht mehr versuche, ein Wolf zu sein und mich mit Wölfen vergleiche, sondern akzeptiere, dass ich ein Schaf bin und nur ein Schaf sein kann, so wie die Wölfe nur Wölfe sein können.

Braune Balken

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Dieses Bild ist 5 Jahre alt. Ich hatte mich damals von einer Stylistin für eine Hochzeit im Familienkreis schminken lassen. Eine Bekannte sagte damals “Endlich hast Du mal Augenbrauen”. Ähm… nö, ich hatte keine Augenbrauen, sondern braune Puderbalken! Ich fühlte mich nicht sehr wohl damit. Ich finde auch heute noch, dass es mir nicht steht.

Irgendwie ist es gerade der Zeitgeist, dass man beinahe seltsam ausschaut, wenn man keine gelifteten Wimpern, laminierten Augenbrauen und aufgespritzten Lippen hat. Social Media hat daran einen potentiellen Anteil. Kaum ein Account ohne Filter und Bearbeitung.

Eine weitläufige Bekannte hat auf Bildern immer so viele Filter drüber, dass sie 20 Jahre jünger und 10 kg schlanker ausschaut als in Natura. Jemand, der sie nur von ihrem Insta-Kanal kennt, würde sie im realen Leben nicht erkennen. Sehr schade, denn sie ist auch im Real Life eine attraktive Frau.

All diese virtuellen Perfektionierungsversuche führen dazu, dass sich immer mehr – auch sehr junge Frauen – unters Messer legen, um auch in der Realität diesem Ideal zu entsprechen. Was zu dem Effekt führt, dass es immer weniger Individualität gibt und die Frauen wie Klone wirken läßt.

Ich kann es verstehen. In dysmorphophoben Phasen finde ich mich so hässlich und fett, dass ich am liebsten nicht aus dem Haus gehen würde. Wenn diese Phasen vorüber sind, kann ich das gar nicht mehr nachvollziehen. Auch wenn ich die Entwicklung hin zu chirurgischen “Optimierungen” manchmal nachvollziehen kann, finde ich die “Ergebnisse” in den wenigsten Fällen gut. Zu künstlich, zu unecht, zu unnatürlich. Vielleicht nur die logische Konsequenz zu all den Fake Profilen und Fake News.

Gestern war ich mit Freunden Essen und wir redeten darüber, was wir tun würden, wenn wir eine Zeitmaschine hätten. Aus sehr unterschiedlichen Gründen wollten wir alle zurück in verschiedene Jahrzehnte. Ein Kumpel wollte zurück in die 80er Jahre, weil er sich damals sicherer gefühlt hat, Klar, auch damals gab es Gefahren und Unschönes (den Kalten Krieg, Chernobyl, die Neue Deutsche Welle, Modern Talking), aber damals war eine Pandemie ein abstraktes, unwahrscheinliches Ereignis. Eine Freundin wollte zurück in die 90 er, weil auch sie damals anscheinend unbeschwerter und sorgloser war. Ich selbst wollte zurück zu Mitte der Y2K. Auch ich war damals scheinbar sorgloser, unbeschwerter und in meiner Erinnerung glücklicher.

Was wir alle brauchen ist wieder mehr Unbeschwertheit und Leichtigkeit. Das Leben ist nicht so dramatisch, wie wir denken. Früher folgten auf Pandemien oft ausgelassene Phasen. Wann folgen die ausschweifenden Exzesse auf die vergangenen drei Jahre? Ist das nicht angebracht mit Blick auf die Klimakrise, den Krieg in der Ukraine und einer allgemeinen Aufrüstung? Gerade jetzt wäre meiner Meinung nach, mehr Lebensfreude für die mentale Gesundheit des kollektiven Bewusstseins wichtig.

Sechs Wochen vor Quartalsende

Immer kurz vor Mitte Februar, Mitte Mai, Mitte August, Mitte November werde ich sehr melancholisch. Jedesmal zu diesen Zeiten bin ich deprimiert und desillusioniert. Mit jedem Jahr schwindet die Hoffnung mehr und mehr.

Manchmal bin ich so verzweifelt, dass ich kurz vor “Ich bin zu alt für diese Scheiße” sage, ohne ein Sicherheitsnetz zu haben und vielleicht werde ich das wirklich eines Tages tun.

Ich ertrage all den Nonsens nicht mehr. Ich bin wirklich zu alt für den Zirkus.Dann kommen wieder irgendwelche Random People und raten mir, meine Resilienz zu stärken. Ich solle resistenter gegen den Irrsinn werden, mich mehr abhärten gegen all den Unfug.

Ja, vielleicht sollte ich tatsächlich resilienter werden, gelassener und mehr in mir ruhend, wenn ich nur wüsste wie.

Gut gemeint ist echt immer immer immer Sch….

Ich hatte schon zweimal eine RCS auf dem rechten Auge. Das ist eine Art Blase in der Netzhaut, wo sich Flüssigkeit ansammelt. Man kann sich das in etwa so vorstellen, als ob ein Regentropfen auf dem Brillenglas wäre, nur eben direkt auf dem Auge. Also mal ganz grob und laienhaft den Sachverhalt beschrieben. Entsprechend “schlecht” sieht man an dieser Stelle, bis sich die Flüssigkeit wieder abbaut.

Es kommen dann immer gut gemeinte Rat-Schläge, wie “Bestell Dir doch einen größeren Bildschirm”, “Lass Dir eine neue Brille machen”, “Lass Deinen Bildschirm anders einstellen” etc., etc. Gut gemeint, aber komplett unsinnig.

Genauso verhält es sich bei unbedachten Äusserungen wie “Mach doch mal nebenher einen Laden auf und verkauf Deine Taschen.”. Als ob es so einfach wäre. Selbst ein reiner Online-Shop wäre sehr zeitintensiv und würde erstmal nur kosten. Auch bei Plattformen wie Etsy muss man gegen rechnen, ob es all den Aufwand wert ist. Wenn am Ende nur “ausser Spesen nix gewesen” dabei rum kommt, steckt dafür zu viel Energie drin.

“Du wirst nie bis Mai was ändern können, das sind doch nur noch ein paar Wochen”, Ja, vielleicht nicht, aber wenn ich es nicht versuche, ganz sicher nicht.

Die Leute labbern immer so leicht daher. Tu dies und das oder tu dies und das nicht, aber meist sind es gerade die, die selbst niemals etwas wagen und nie ein Risiko eingehen. Diejenigen, die immer ein Sicherheitsnetz haben wollen einem erzählen, was man zu tun hat.

Als ich vor vielen Jahren meine Fremdsprachenkorrespondentenausbildung anfing, wollte mir ein schlauer Mensch einreden, dass ich nicht Englisch als Hauptfach belegen soll weil das “Jeder” machen würde, sondern “seltenere” Sprachen, wie zum Beispiel Polnisch. Nix gegen die polnische Sprache, aber die Welthandelssprache ist halt nun mal Englisch und Fremdsprachenkorrespondenten-Ausbildungen wurden für polnisch überhaupt nicht angeboten. Der Rat-Schlag war komplett fürn Arsch und ich habe auch keine Sekunde in Erwägung gezogen, ihn zu befolgen.

Ausnahmen bestätigen die Regel, aber die Erfahrung hat mich gelehrt, dass die, die mir so oft und gerne ungefragt Rat-Schläge erteilen exakt die sind, die selbst nie vom Ofen vor kommen und die größere “Defizite” im Sozialverhalten aufweisen. Kurz gesagt: Die mit dem allergrößten Dachschaden wollen mir raten, wie ich mein Leben führen soll.

Es ist in etwa so, als ob mir ein Metzger Rat-Schläge zu meinem veganen Leben geben oder ein Heroin-Junkie meinen Red Bull Konsum kritisieren würde. Die würde ich ja auch nicht für voll nehmen. Deshalb ignoriere ich auch die ach so gut gemeinten Hinweise. Für wen meinen die es eigentlich gut? Wollen sie wirklich nur “Mein Bestes”? Ich bezweifle das sehr!

Don`t panic

Schrieb der grossartige Douglas Adams in “The hitchhikers guide to the galaxy”.

Das sollte ich mir zu Herzen nehmen, wenn ich mitten in der Nacht mit Herzrasen aufwache und das Gefühl habe, keine Luft zu bekommen.

Das kommt leider immer häufiger vor. Ich schlafe ein, doch irgendwann so gegen 3:00 oder 4:00 Uhr morgens schrecke ich aus einem fürchterlichen Alptraum auf. Zum Glück habe ich den Inhalt dieser Träume sofort nach dem Aufwachen wieder vergessen, zurück bleibt jedoch das Gefühl, das sie hinterlassen.

Ich stecke seit 10 Jahren in einer Situation fest, die ich ändern will, doch je mehr ich mich bemühe, desto mehr versinke ich darin. Es ist so, wie es eine Freundin von mir ausdrückte “Je mehr wir etwas wollen, desto weniger erreichen wir es”. Bei ihr sind es noch keine 10 Jahre, dass sie ihre Umstände ändern will, jedoch auch schon über 5. Es ist zwar ein anderer Lebensbereich als bei mir, aber genauso verfahren und nichts geht voran. Manchmal gibt es Hoffnungsschimmer, die dann sofort wieder zerstört werden. Ich denke, sie hat recht. Wir wollen die Veränderung zu sehr. Es ist wie bei einem Bekannten, der verzweifelt eine Frau sucht. Ich bin mir sicher, wenn er aufhört zu suchen, kommt die Frau von selbst. Genauso, wie ich aufhören muss, diesen Lebensumstand bei mir, auf den ich hier nicht näher eingehen kann, unbedingt ändern zu wollen. Wenn ich akzeptiere, dass ich halt nun mal in der “Grube feststecke”, dann kommt die “Leiter” oder das “Seil” das mich daraus befreit bestimmt von selbst. Ursache und Wirkung.

Kulturelle Aneignung

Vor vier Wochen war ich mit meiner BF auf einer Karnevalsveranstaltung. Es war dort exorbitant voll. Man merkte, dass die Menschen Nachholbedarf hatten, nach drei Jahren Pandemie.

Es begleiteten uns noch zwei Bekannte meiner Freundin und einer davon erwähnte beiläufig, dass er morgens eine Debatte über kulturelle Aneignung im Radio gehört hätte. Es ging darum, dass sich Kinder nicht mehr als Indianer verkleiden sollten, weil dies kulturelle Aneignung wäre.

Wir waren schon mittelschwer angeschickert und sahen kurz darauf einen als Indianer verkleideten Mann und beschlossen, ein Trinkspiel daraus zu machen. Immer wenn wir Kostüme mit “kultureller Aneignung” sahen, tranken wir einen großen Schluck aus unseren Gläsern. Wir weiteten das Spiel auf Partygäste mit Sombreros aus sowie auf Kostüme mit Rastas und zum Schluss tranken wir auch, wenn wir Wikinger oder Ägypter (Pharaonen) sahen. Jedesmal wenn wir tranken, riefen wir vorher “Kulturelle Aneignung”. Es war selbstverständlich ein nicht ernst gemeintes Trinkspiel und es war schon jede Menge Alkohol geflossen, bevor wir auf die “grandiose Idee” kamen.

Doch was ist kulturelle Aneignung wirklich? Der fast gleichaltrige Nachbarsjunge von früher und ich verkleideten uns nicht nur zu Fasching oft als Indianer, sondern auch unterjährig, weil wir von den amerikanischen Ureinwohnern fasziniert waren. Keines der Kinder wollte bei uns je einen Cowboy spielen, sondern immer nur , die unserer Ansicht nach edlen Indianer. Wir hatten schwarze Langhaarperücken und braune Kleidung mit Ornamenten bestickt und liebten diese Kostüme sehr. Wenn das kulturelle Aneignung war, dann bin ich froh, dass wir das gemacht haben, den es war ein sehr schöner Teil unserer Kindheit. Ich war auch mal als Inderin verkleidet. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon ein Teenager und hatte mir den Sari selbst genäht und fand es toll. Es kam auch sehr gut an. Ist es nicht gerade der beste Teil an Karneval / Fasching, in andere Rollen schlüpfen zu können und sich als jemand anderes zu verkleiden? Dieses Jahr war ich als Reh verkleidet, ist das dann kulturelle Aneignung der Lebensweise der Waldtiere? Wie weit darf Zensur gehen? Sind die indigenen Völker wirklich diskriminiert und herabgewürdigt wenn sich Kinder (oder auch Erwachsene) hierzulande als Indianer verkleiden? Ist es wirklich eine “Abwertung”? Ich habe das nie so gesehen, sondern fand es eher als eine Art Hommage. Man verkleidet sich doch selten als etwas, was man nicht gut findet. Das gibt es in wenigen Fällen auch. Ich habe schon welche gesehen, die waren als Vogelscheuchen verkleidet, das ist aber die ganz seltene Ausnahme. Meistens sind speziell Frauen als was “Schönes” verkleidet. Als Fee, Prinzessin, Katze, Fuchs, Hase, Reh, Arielle, Elsa, Wednesday, Rotkäppchen oder eben als Indianerin, Mexikanerin, Inderin, Cleopatra. Ich habe welche gesehen, die hatten einfach ein Dirndl an. Das ist auch “kulturelle Bayrische Aneignung” wenn man es ganz genau nimmt. Darf dann auch niemand mehr Kuckucksuhren haben ausser den Leuten im Schwarzwald?  Was ist mit den nicht afrikanisch stämmigen Menschen die Dreadlocks tragen,”dürfen” die das dann auch nicht mehr? Wo fängt man an, wo hört man auf? Ist es wirklich Rassismus, wenn sich jemand als Squaw verkleidet? Ist nicht die Intention das Ausschlaggebende?

Früher im Urlaub wurde einem von PoC Frauen häufig angeboten, ob man sich bei ihnen die Haare flechten lassen will. Ich weiss nicht, ob es das heute noch gibt, aber 2008 auf Teneriffa war das so. Wenn man als Frau mit langen Haaren am Strand war, wurde man von Frauen angesprochen, ob man sich gegen Bezahlung Zöpfe flechten lassen wolle. Ich wollte das nie, weil ich schon immer der Meinung war, dass das bei weissen Frauen echt in den allerwenigsten Fällen gut ausschaut. Ich bin mir aber sicher, dass weder die Frauen, die die Flechtereien anboten, noch die Frauen, die sich die Haare flechten ließen auch nur ansatzweise Gedanken um kulturelle Aneignung gemacht haben. Die Fechterinnen waren meist sehr enttäuscht und oft auch sauer, wenn man sich keine Zöpfe flechten lassen wollte. Es war ein Business, von dem sie lebten, genauso wie die Sonnenbrillenverkäufer.

Mit all dieser “political correctness” und Anprangerung als “kulturelle Aneignung” bis hin zu “cancel culture” kann ich nicht so viel anfangen. Wir haben demEinhornseiDank noch freie Meinungsäußerung. Wie fade wäre die Welt, wenn sich niemand mehr etwas gerade heraus sagen trauen würde, aus Furcht davor zensiert, geächtet und dadurch benachteiligt zu werden?

Mich würde interessieren, wie die angeblich Betroffenen darüber denken. Was denkt eine People of Color über Rastas, Dreadlocks, Cornrows bei Weissen? Was denken amerikanische Ureinwohner über Karnevalskostüme, die sich von ihren historischen Trachten ableiten?

Ist kulturelle Aneignung nur schlimm und wert geächtet zu werden, wenn es um Gruppen geht, die unter Unterdrückung und Diskriminierung litten und leiden, während es akzeptabel ist, zum Beispiel as Wikinger auf den Fasching zu gehen, weil die Skandinavier zu keiner unterdrückten Volksgruppe gehören, genauso wenig wie die Bayern, weshalb es ok ist, überall auf der Welt in Dirndl und Sepplhose herumzulaufen, ohne dafür den Stempel der “kulturellen Aneignung” verpasst zu bekommen?

Es ist sicher gut, darüber nachzudenken, aber ich persönlich (freie Meinungsäußerung) denke, man kann auch alles übertreiben. Übertreibungen schaden oft mehr, als sie der Sache dienlich wären.

Ich nehme dazu ein Beispiel aus einem gänzlich anderen Umfeld:

Vor einigen Jahren nahm ich an einer Art offenen Stammtisch teil zum Thema Veganismus. Es gab dort leckeres, natürlich rein pflanzliches Essen und es sollte dazu dienen, dass Omnis (also Allesesser) sich informieren könnten über Massentierhaltung, Ausbeutung von Tieren, Speziesismus, Carnismus. Man wollte Aufklären und nebenbei das Essen schmackhaft machen. Es funktionierte auch recht gut und viele Interessierte kamen und es gab angeregte nette Gespräche. Doch dann wurde ein Gruppenmitglied plötzlich Straight Edge und immer militanter. Die Person vergraulte mit ihrer No Sugar, No Alcohol, No Nikotin Kampagne nicht nur einige der anderen Mitglieder, sondern natürlich auch die Interessenten. Letztendlich wurde der Stammtisch aufgelöst. Die radikale Person warf einen Schatten auf die gesamte Organisation und bewirkte nichts Gutes. Schon gar nicht für die, um die es uns geht: Die Tiere, deren Stimme wir sein wollten um ihnen zu helfen, dass Jahrtausende Speziesismus endlich enden.

Beweise für die Matrix

Der erste Verdacht kam mir letztes Jahr Ende September, als ich in der Nachbarstadt auf dem Volksfest war. Es fand 2022, nach drei Jahren Corona Pause, endlich wieder statt.

Wie schon in den Jahren 2019,2018, 2017 etc… traf ich exakt dieselben Leute wieder, bis auf wenige Ausnahmen. Ein paar Variationen gab es, ansonsten jedoch, war die Szenerie fast gleich und die Leute auch, selbst was sie anhatten war teilweise dasselbe.

Der Verdacht wurde vorletzte Woche erhärtet, als ich auf dem traditionellen Hallenfasching war. Auch hier traf ich exakt dieselben Menschen, wie im Februar 2020, 2019, 2018 etc. Lediglich die Verkleidungen variierten, aber auch nicht bei allen. Einige trugen dieselben Kostüme, wie vor drei Jahren.

Es war etwas gruselig, so als ob es tatsächlich die Matrix gibt und das Programm einen “Hänger” hat.

Was ist wohl hinter der “Matrix”? Sind wir – wie die Mystiker es lehren – alle “Eins”? Also immer nur andere Manifestationen desselben “Wesens” / derselben “Essenz”? Egal ob Mensch, Tier, Pflanze, Stein, Erde, Luft, Wasser? Wieso, weshalb, warum? War “uns” einfach langweilig und “wir” dachten so “Ach, ich teile uns mal in Abermilliarden unterschiedlichste Dasseinsformen und dann haben wir Spaß”??? Wenn wir den Gedanken weiter spinnen und annehmen, dass es wirklich so ist, dass wir selbst das alles sind, dann kann uns eigentlich niemand mehr verletzten, weil wir uns ja immer selbst verletzen. Es kann uns aber auch niemand anderes glücklich machen, ausser wir selbst. “Wir” tun uns alles immer selbst an. Es gibt dann nicht die “Bösen”. Der saublöde Kollege sind wir dann selbst in anderer Inkarnation, ebenso wie die nervenden Nachbarn, oder die lästigen Verwandten. Wir sind Alles. Der saublöde Kollege ist dasselbe wie ich, nur mit einem anderen Bewusstsein. Er und ich sind Ein und dasselbe. Bei Kriegen ist es auch so. Die Aggressoren und die Opfer sind alle das Gleiche, wenn wir alle “Eins” sind.

Ich muss zugeben, die Idee hat was und vielleicht ist es auch so, aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wehrt sich mein Verstand “Aber das kann doch nicht sein, ich bin ein eigenständiges einzigartiges Individuum und die anderen sind auch eigneständige einzigartige Individuen. Alles ist getrennt”. Doch tief in meinem Innern ist da die Ahnung, dass es vermutlich wirklich so ist, dass wir alle “Eins” sind. So wie die Sonne ihre Strahlen überall hat, so sind wir nur Teile des immerwährenden Ewigen. Harter Tobak, ich weiss, aber für mich plausibler als “Himmel und Hölle” und irgendein Gott, der alles erschaffen hat und über uns richtet. Wenn, dann sind wir alle Teile dieses Göttlichen. Wir alle zusammen ergeben “Gott”.

Was man ist, zu was man es gebracht hat

Ich kenne Leute, die interessiert es nicht, wie es einem geht, sondern nur der Status ist wichtig. Ob man es in ihren Augen zu etwas gebracht hat. Gebracht hat man es nur zu was, wenn man einen Firmenwagen hat, genug Kohle verdient und mindestens Abteilungsleiter ist. Ob die betreffenden Personen soziophobe Dummschwätzer sind, ist dabei vollkommen irrelevant. Der Charakter ist unbedeutend, nur was “man erreicht hat” zählt.

“Man” hat es auch zu was gebracht, wenn man studiert hat. Was richtiges studiert natürlich, nicht so was unbedeutendes wie ich studiert habe. Ein Fotografiestudium zählt natürlich nicht. Nur eine richtige akademische Laufbahn. Dann “ist man was und hat es zu was gebracht”. Dafür bekommt man ein wohlwollendes Kopfnicken. Ob man glücklich ist oder nicht, ist egal, wichtig ist nur, dass man richtig viele Statusobjekte hat und sich was gönnen kann. Das wird einem dann stolz erzählt “Der und der, der hat es geschafft, der hat es zu was gebracht”, “Der ist wichtig. Die ist was geworden!”.

Warum fragt man nie “Und sind die Leute auch glücklich?”

Sind die Menschen seit der Pandemie seltsamer geworden?

Vielleicht haben die letzten Jahre nur das zum Vorschein gebracht, was schon immer unterschwellig da war. Aus Leuten mit seltsamen Anwandlungen wurden noch verschrobenere Käuze. Diejenigen, die schon vorher nicht so wirklich sozialkompatibel waren, wurden noch soziopathischer. Schrullen und Macken wurden bei einigen Zeitgenossen um das 100fache ausgeprägter. Höflichkeiten fielen auch total weg. Grüßen, Lächeln, Antworten auf Fragen, zurückrufen wenn man angerufen wurde. Stoffel wurden noch stoffeliger, brummige Eigenbrötler noch eigenbrötlerisch, seltsames Verhalten noch seltsamer. Ghosting hat auch deutlich zugenommen.

Heute habe ich im Radio gehört, dass sich Bauarbeiter irgendwo in Süddeutschland gestritten und gezofft haben, bis sprichwörtlich der Arzt kam. Am Samstag auf dem Flohmarkt sagte ein Mädchen zu mir “Sie sind die Erste, die Hallo zu uns gesagt hat. Das hat sonst gar niemand gemacht”. Wenn ich zur / von der Arbeit laufe, grüße ich Diejenigen, die mir entgegen kommen. Die wenigsten grüßen zurück. Letzte Woche habe ich erlebt, wie sich zwei Frauen im Bus massiv angeschrien haben. Es ging um die nicht mehr vorhandene Maskenpflicht.Vor einigen Tagen hat ein Mann in meiner Gegenwart einen anderen mächtig verbal attackiert.

Das war früher nicht so, zumindest habe ich sowas früher nicht erlebt. Ich will bestimmt nicht sagen, dass früher alles besser war, so bin ich wirklich nicht. Dennoch scheint die Menschheit in den letzten Jahren einen normalen sozialen Umgang verlernt zu haben.

Man muss sich immer öfter fragen: Was stimmt nicht mit der Menschheit?

Wird es sich wieder bessern, oder bleiben die Meisten so stoffelig, asozial, unhöflich und nicht sozialkompatibel? Auch hier stirbt die Hoffnung zuletzt.