Ich verbringe manchmal meine Mittagspause in einem Café. Ich will dort einfach für 20 Minuten meine Ruhe haben, WhatsApp checken, etwas durch Insta scrollen oder einfach meinen Gedanken nachhängen.
Doch seit einiger Zeit gesellt sich immer eine andere Frau zu mir an den Tisch. Die Frau ist nett und ich habe nichts gegen sie, aber sie erzählt mir sehr oft von Krankheiten. In detaillierter epischer Breite werden Körperausscheidungen aller Art beschrieben. Nicht nur ihre eigenen, sondern auch die ihres Sohnes.
Wie gesagt finde ich die Dame nett, aber ich mag echt nicht beinahe jeden Tag etwas über Krankheiten oder Töpfchentraining hören. Ich erzähle doch auch nicht jeden Tag von den herausgewürgten Haarballen meiner Katzen oder dass sie mir ein “Herz” gepinkelt haben (was durchaus vorkommt, hahahaha).
Ich mag das alles nicht hören, aber wie kann ich das der Frau nett beibringen? Ich kann doch nicht sagen, dass ich nichts über Körperflüssigkeiten und Exkremente anderer hören will und auch nichts über sonstige körperliche Befindlichkeiten. Es bringt ja auch nix, wenn sie ewig über ihren starken Husten lamentiert.
Als ich lange krank war, habe ich doch auch nicht jeden Tag andere zugejammert über meine Schmerzen. Es hätte nichts an der Situation geändert. Geteiltes Leid ist doppeltes Leid, nicht Halbes. Ich habe nix dagegen, wenn jemand erzählt, dass er Kopfschmerzen hat oder sonst irgendwas, das ist völlig ok. Was ich jedoch nicht mag, ist das immer wiederkäuende Gejammer. Das ständige Mimimi.
Eine Bekannte hat seit Monaten Schmerzen am Arm und jammert täglich darüber. Dann muss man sich eben mal einen Termin bei einem Spezialisten geben lassen und abklären, was es ist und wie es behandelt werden kann. Aber nein, man jammert lieber weiter. Ich glaube manche würden gar nicht mehr wissen, was sie reden sollen, wenn sie nicht mehr jammern müssten.
Ich hab echt keinen Nerv mehr dafür, mir endlose Jammertiraden anzuhören. Ich überlege ernsthaft, mir einen anderen Aufenthaltsort über Mittag zu suchen. Aber das wäre alles weiter weg und umständlich und ich müsste mich wieder verbiegen, nur um diesen Gesprächen aus dem Weg zu gehen.
Ich bin zu alt für all den Schrott. Ich mag meine Lebenszeit nicht mehr mit den Jammerlappen verbringen, weiss aber nicht, wie ich mich elegant ihrer entledigen kann. Ich habe für Januar einen Termin bei einer Hypnosetherapeutin gebucht. Vielleicht kann sie mir helfen, dass ich diese Menschen nicht mehr anziehe wie ein Magnet. Ich will nicht nur deppenfreie, psychofreie- sondern auch jammerfreie Zone. Ist doch nicht zuviel verlangt.