Manchmal bin ich eine Tussie

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Gestern war mir nach schminken und stylen. Zugegebenermaßen war ich gestern etwas overdressed mit einem altrosafarbenen Tüllröckchen. Es wirkte sehr prinzensinnenhaft. Manchmal brauch ich das. Gestern hatte ich das nötige Selbstvertrauen für so ein extravagantes Outfit. Das ist leider nicht immer so. Den überwiegenden Teil meines Lebens fühlte und fühle ich mich hässlich, zu dick, zu unzulänglich, zu faltig, zu zu zu zu zu. Es gibt Tage, da redet der Quatschkopf in meinem Kopf unendlich und hält nicht einmal die Schnauze. Er redet mir ein, dass ich nicht gut genug bin, nichts kann und total unansehnlich wäre. Ich muss diesem Arschloch endlich mal den Mund stopfen, weiss aber nicht wie. Immer wenn ich mich mal gut fühle, kommt wieder dieser innere Arsch und macht alles zunichte. Mit meinen Freundinnen würde ich niemals im Leben so hart zu Gericht gehen, wie mit mir selbst. Warum tue ich mir das selbst an und wie kann ich es ändern? Wie kann ich den “inneren Quatschkopf” für immer (ich wäre ja schon für eine Weile dankbar) zum Schweigen bringen?

Ich sah mal einen echt genialen Film, von dem ich leider nicht mehr weiss, wie er hieß. Es ging um einen Mann, der kaum Selbstvertrauen hatte, sich von seinem Chef und den Kollegen auf dem Kopf herum tanzen ließ und es immer allen recht machen wollte. Er ging zu einem Hypnotiseur und dieser suggerierte ihm viel Selbstvertrauen. Während der Sitzung bekam der Hypnotiseur einen Herzinfarkt und deshalb war das Selbstbewusstsein des Mannes plötzlich unendlich und nicht nur ein bisschen gestärkt. Er machte einfach nur noch was ihm guttat. In der Firma stieg er plötzlich rasant die Karriereleiter hinauf, weil er einfach nur noch sagte, was er dachte und machte zu was er Lust hatte. Sein gesamtes Leben änderte sich zum Positiven. Vielleicht sollte ich auch mal zu so einem Hypnotiseur.

Aber wo bekommt Ihr all Eure Vitamine her?

Wir waren kürzlich auf einer Feier. Gegenüber am Tisch saß eine ältere Frau. Übergewichtig mit nicht sehr schöner Haut, einem roten Kopf, der auf Bluthochdruck schließen lässt und dicken, aufgequollenen Fingern.

Sie bekam mit, dass mein Mann und ich uns vegan ernähren und sofort fing das übliche Bullshitbingo an. “Aber wo bekommt Ihr dann all Eure Vitamine her”. Na aus dem Essen!!! Mein Mann erklärte ihr dann geduldig, dass wir lediglich Vitamin B 12 supplementieren, aber dass das für Fleischesser auch ratsam wäre, bzw. Fleischesser das konsumieren indem es den Tieren supplementiert wird. Wir umgehen einfach den Weg über das Tier und nehmen es direkt. Es kam sofort “für Euer Soja wird der Regenwald abgeholzt”. Wieder erklärte ihr mein Mann mit einer Seelenruhe, dass der Regenwald tatsächlich für Soja abgeholzt wird, aber dieses Soja zu 90% im Tierfuttermittelbereich Einsatz findet. Das “Menschensoja” wird hauptsächlich in Deutschland und Österreich angebaut. Es kam dann noch “Ich kenne eine Vegetarierin, die nimmt so viel künstliche Vitamine zu sich”. Ja klar, solche Leute gibt es. Ich kenne auch Fleischfresser, die künstliche Vitamine schlucken wie Ticktacks. Es gibt auch Bekannte, die sich größtenteils von Convenience Fraß ernähren. Da sie jedoch Omnivore sind, zeigt niemand mit dem Finger auf sie. Wenn wir das machen würden, wäre sofort die Verurteilungsfront parat.

Ich denke mir das oft, wenn ich im Laden an der Kasse stehe und beobachte, was die Menschen vor mir so aufs Band legen. Kürzlich war es eine Frau, die 5 Flaschen Doppelkorn, eine Fertigpizza mit Salami und einen Pack Chips auf das Band legte. Es geht doch nichts über ein gesundes, ausgewogenes Abendessen. Meistens sieht man es den Omnis an. Klar, gibt es auch übergewichtige Veganer, die sich nicht so ganz gesund ernähren. Wir selbst hauen uns auch ab und an eine vegane Fertigpizza in den Ofen und auch ich mag Knabberzeug. Diese Woche war bei Lidl veganes Eis im Angebot und nun ist die Kühltruhe voll davon. Wir sind auch nicht perfekt, das habe ich auch nie behauptet. Aber diese Frau und Ihresgleichen, die nerven echt mit den immer gleichen öden Phrasen, auf die ich schon gar nicht mehr antworte. Die wollen eh nicht zuhören, deshalb wäre es verschwendete Lebenszeit. Ich denke, insgeheim weiss auch sie, dass es nicht ok ist, wie die Tiere gequält und getötet werden. Sie “rechtfertigt” sich quasi damit, dass für unseren Lebensstil angeblich der Regenwald abgeholzt wird und dass wir so ungesund leben, dass wir tausende von Vitaminen schlucken müssen, was natürlich nicht der Fall ist.

Es gibt einen Unterschied zwischen dieser Frau und Ihresgleichen, die nur provokante Fragen stellen, um sich selbst zu rechtfertigen und Interessierten, die wirklich wissen wollen, was wir essen und was wir womöglich an künstlichen Vitaminen zu uns nehmen. Letzteren gebe ich gerne und ausführlich Antworten.

Mehr Schein als Sein

Es gibt eine Frau in unserem Umfeld, auf die ich eine Weile etwas eifersüchtig war. Nicht, dass ich Grund dazu gehabt hätte, ganz sicher nicht. Aber kennt Ihr das, da ist eine andere Frau, die mega super ausschaut und die immer top gestylt ist. Die Dame postet auf ihren Social Media Accounts immer perfekte Portraits, die sie von unzähligen verschiedenen Fotografen machen lässt.

Sie fragte, ob wir mit ihr einen Ausflug machen. Mein Mann sagte zu und ich mit gemischten Gefühlen ebenfalls. Mir war unwohl bei dem Gedanken, dass wir diese scheinbar perfekte Frau im realen Leben treffen würden. Sie wohnt nicht arg weit von uns weg und wir hatten ausgemacht sie abzuholen. Als wir vor ihrem Haus standen, klopfte mein Herz ganz stark und ich verglich mich innerlich mit ihr und schnitt natürlich viel schlechter ab. Sie kam aus dem Haus und sah komplett normal aus. Sie war zwar gestylt aber lange nicht so wie auf ihren Kanälen. Eine ganz normale Frau. Nicht diese überirdische Schönheit, die ich befürchtet hatte. Ich war etwas erleichtert. Sie setzte sich uf die Rückbank und fing an zu reden. Die Fahrt zu unserem Ausflugsziel dauerte ungefähr 45 Minuten und sie redete ohne Punkt und Komma ohne Unterlass. Nur von sich! Sie sie sie sie sie…! Sie hatte in der Realität null Ausstrahlung und nervte ehrlich gesagt extrem. Eine Narzisstin. Sehr von sich selbst überzeugt und echt anstrengend. Auf dem Ausflug ging es genau so weiter und sie traf dort jemand Bekanntes und beschloss, nicht mehr mit uns zurück zu fahren, worüber wir sehr dankbar waren. Wir genossen die Ruhe und Stille auf der Heimfahrt und haben uns nie wieder mit ihr getroffen.

Oft haben wir von anderen ein bestimmtes Bild in unserem Kopf, das mit der Wahrheit nichts gemein hat. Wir idealisieren und überinterpretieren manche Mitmenschen, dabei ist es einfach nur der inszenierte Schein, den sie auf Insta & Co erzeugen.

Etwas Schwund ist immer

Gestern haben wir unser Patenkind Giovanni auf dem Lebenshof Eulhof im Mainhardter Wald besucht. Als ich das Ziegengehege betrat, wurde ich sogleich von Greta verfolgt. Eine wunderschöne weiße Ziegendame. Leider hat sie sehr schlechte Erfahrungen mit Frauen und Kindern machen müssen. Männern gegenüber ist sie komplett anders. Sie kam direkt auf mich zu gehüpft und hat mir eines ihrer spitzen Hörner in den Oberschenkel gerammt. Wer kann es ihr verdenken. Armer Schatz. Was muss sie Schlimmes erlebt haben, wenn sie selbst nach Jahren in Sicherheit noch so auf alle Frauen und Kinder reagiert.

Hier noch ein Bild von der Süssen:

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Ich habe nur einen kleinen blauen Fleck, aber Greta hat wahrscheinlich für immer ein Trauma. Aber sie lebt jetzt im Paradies und wird umhegt und umsorgt.

Essen ist definitiv keine Privatsache

Als vegan lebender Mensch muss man sich viele unnötigen Sprüche anhören. Mein “Highlight” ist “leben und leben lassen”. Leider meinen die, die diese Phrase dreschen das immer ernst. Sie kapieren nicht, dass ihr Leben das eben nicht leben lassen eines anderen Lebewesens voraussetzt. Der Spruch “Essen ist Privatsache” ist genauso sinnbefreit. Essen ist ganz sicher keine Privatsache wenn die Folgen uns alle betreffen. Spätestens seit gehäuft auftretenden Zoonosen sollte das auch dem letzten Verfechter der “geht niemand was an, was ich esse” Fraktion klar sein.

Die Freiheit des Einzelnen endet immer da, wo andere geschädigt werden.

Sieht leichter aus, als es war

Diese Flattermänner (oder auch Flatterfrauen) habe ich heute fotografiert.Es sieht leichter aus, als es wahr. Speziell die Schmetterlinge flatterten herum, als wären sie auf Speed. Ruhig da sitzen war definitiv nicht. Auch die Bienen waren sehr hyperaktiv. Das erfordert viel Geduld. Für die drei Bilder habe ich tatsächlich 15 Minuten benötigt. Diese schönen Geschöpfe sind alle in unserem Vorgarten. Speziell der Lavendel ist ein wahrer Insektenmagnet und das ist schön. Ich liebe es, wenn es in unserem Vorgarten summt und flattert. Wir haben ganz sicher keinen Garten des Grauens.

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It`s good to be me!

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Jahrzehntelang habe ich mein Selbstvertrauen aus der Bewunderung anderer gezogen. Das funktionierte eine sehr lange Zeit. Es fing mit 17 an (davor war ich ein unscheinbares Mauerblümchen) und dauerte an, bis ich älter wurde. Die bewundernden Blicke wurden im Laufe der Jahre weniger, die Anmachen nahmen ab und ich bekam kaum mehr Drinks spendiert, wenn ich mit Freundinnen unterwegs war. Früher war ich es gewohnt, mit wenig bis gar keinem Geld aus dem Haus zu gehen, weil alles “gesponsert” wurde.

Das hat mir eine Weile echt zu schaffen gemacht, doch diese schwachen Zeiten sind zum Glück vorbei. Ich benötige die Bewunderung von Männern nicht. Ich bin schließlich glücklich verheiratet und ich verdiene genug, dass ich meine Drinks selbst bezahlen kann. Es war meist eh nervig, denn ganz “umsonst” waren die Getränke nie. Man musste sich (zumindest gebot es der Anstand) ein paar Minuten mit den Typen unterhalten. Es hat also Lebenszeit gekostet, die so viel mehr wert ist, als die paar Kröten, die ein Captain Morgan / Cola oder ein Wodka/Bull kostet. Es war auch oft psychopathisch, von irgendwelchen dahergelaufenen Kerlen angebaggert zu werden. Es hat also durchaus Vorteile, dass ich inzwischen in einem Alter angelangt bin, wo ich immer “unsichtbarer” werde. Unsichtbarkeit birgt Freiheit. Ich bin so viel mehr als mein Aussehen, das noch immer ziemlich passabel ist. Es ist gut, ich zu sein. Ich möchte niemand anderes sein. Manchmal – und das sind wirklich schwache Momente – hätte ich gerne Haare wie Diese oder ein Gesicht wie Jene, wäre gerne 20 Jahre jünger oder wünschte meine Fältchen weg. Doch diese Momente gehen vorüber. Sie ziehen vorbei wie Wolken und es klart wieder auf und ich weiß: It`s good to be me!

Schockmoment

Gerstern Abend war unser Muffin im Gehege. Plötzlich hörten wir ein lautes Geräusch. Muffin sass etwas verstört neben dem Netz und ich bemerkte, dass es nicht mehr dicht war. Ein Teil des Netzes hatte sich aus der Halterung gelöst. Wie auch immer. Ich buxierte Muffin umgehend ins Haus, fand dort Onya, Yoshi war sicher oben doch wo war Orpheus? Ich suchte ihn verzweifelt im gesamten Haus, konnte ihn aber nicht finden. Ich dachte wirklich, dass er weg wäre. Mein Liebling. Der noch nie draußen war. Muffin und Yoshi kommen von der Straße. Sie hätten zumindest eine Weile überleben können, bis wir sie wiedergefunden hätten, aber Onya und Orpheus kennen die Welt dort draussen überhaupt nicht. All diese Gedanken rasten in Sekunden durch mein Hirn. Verzweifelt suchte ich nochmals das Haus ab und da lag er, in aller Seelenruhe schlafend in seiner Hängematte. Verdutzt schaute er mich an, als ich in herzte und küsste. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie unfassbar froh ich war, dass er da war. Mein wundervoller kleiner Schatz. Ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr ich dieses Geschöpf liebe und zu sehen, dass er in Sicherheit war, machte mich glücklich. Ich bin so dankbar, dass ihm nichts geschehen ist. Sie dürfen erst wieder ins Gehege raus, wenn sichergestellt ist, dass es ausbruchssicher ist.

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