Sechs Monate später

Heute auf den Tag genau und auf die Stunde ist es ein halbes Jahr seit wir ohne Dich leben müssen. Kein liebliches Maunzen mehr, keine Zwiegespräche, kein Mäuse-Karussell, kein “Fangen und Verstecken” spielen. Niemand liegt mehr auf mir und sabbert mich des morgens voll. Wie ich es vermisse! Du fehlst so unendlich! Deine wuderschönen Kulleraugen. Die süssen “Hörnchen” aus Haaren auf Deinem Kopf. Deine wunderschönen Schnurrhaare. Dein seidiges Fell, das im Sommer immer aussah wie bei einer Rastafari. Dein unendlich goldiges Mäulchen und die schönen Pfötchen mit den “Schneeschuhen”. Wie ich es liebte, wenn Du vor mir die Treppe hoch oder herunter gelaufen bist. Wie Du immer Deine Krallen am Kratzbaum geschärft hast und dabei elegant Deinen anmutigen Körper hin und her bewegt hast. Wie Du manierlich gegessen hast. Immer eine feine Dame. Welch herrlicher Anblick es war, wenn Du auf dem Rücken lagst und Dich so wohl gefühlt hast und ich Dein Bäuchlein küssen durfte. Ich habe es so unsagbar geliebt, wenn wir am Wochenende zu sechst im Bett lagen und Du Deine Pfötchen um meinen Hals geschlungen hattest und ich Dein liebliches Schnurren gehört habe. Wie herrlich war es, als Du mit Deinen Brüdern eng aneinander gekuschelt auf meinen Beinen lagst und ihr um die Wette geschnurrt habt. Man sagt, dass die Zeit alle Wunden heilt, aber sie kann nicht die Lücke schließen, die Du hinterlassen hast.

Ungefähr 2 Wochen, bevor Du uns verlassen hast, erschien mir meine verstorbene Freundin im Traum. Sie sagte mir, dass sie gekommen wäre, um Dich abzuholen. Ich sagte ihr, dass sie gehen soll und dass sie Dich niemals bekommt. Sie sagte nur sanft “Du weisst, dass es sein muss” und ging wieder.

Ja, ganz tief in mir wusste ich, dass ich Dich gehen lassen muss. Mir war klar, dass Dein Körper am Ende war und dass Dir keine Therapie mehr helfen wird.  Trotzdem war es so unsagbar schwer, das ein zu sehen. Ich habe versucht, den Tod auszutricksen oder ihm zumindest etwas Zeit abzuluchsen. Wir probierten alle möglichen Wundermittel, doch den Tod kann man leider nicht überlisten. Er sitzt am längeren Hebel. Er holt uns alle, wenn unsere Zeit abgelaufen ist, ganz gleich wie viel und wie lange wir betteln, dass er uns noch Zeit gibt.

Es hilft mir, mir vorzustellen, dass Du glücklich im “Himmel” lebst. Zu glauben, dass Du glücklich bist, macht es erträglicher. Auch wenn das Leben weiter geht, so wird es doch Verluste geben, die man nie ganz überwindet. Manche Wunden heilen auch nur oberflächlich und vernarben nur, so ganz vollständig heilen sie nie. Aber das wäre auch nicht richtig, wenn man den Verlust eines Kindes – und genau das warst Du für mich – überwinden würde und narbenlos und ohne Schmerz weiterleben würde. Schmerz und Tod gehören zu unserem Leben. Es ist vollkommen in Ordnung, dass es mir noch lange weh tun wird, an Dich zu denken. Es ist absolut OK, dass ich Dich für immer vermissen werde. Als Du gingst, ging ein Stück von mir selbst mit Dir. Ich bin nicht mehr vollständig ohne Dich, aber irgendwann werde ich es wieder sein. Wir werden uns wiedersehen mein Schatz – in einer anderen Welt werden wir wieder vereint sein. Eines Tages.

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