Bullshitbingo

Matze ist ein ziemlich guter Kumpel von mir. Er arbeitet seit einigen Jahren als Fachbereichsmitarbeiter eines großen Produktionsbetriebes zur Herstellung von Werkzeugteilen in der Nähe von Duisburg.
Tagaus und Tagein hört er Floskeln wie „wir sitzen alle in einem Boot und wir müssen die Kuh zusammen vom Eis holen. Wir müssen die Konkurrenz ausblenden und die goldene Rosine erfinden. Dennoch müssen wir die Zügel im Zaum halten. Auch wenn wir wissen, dass es weiße und schwarze Menschen gibt, so wissen wir doch noch nicht alles über die Welt. Unsere Produktionslinien sind wie blecherne und goldene Wasserhähnen – aus allen kommt dasselbe Wasser. Unsere Preise müssen so heiß sein, dass der Umschlag brennt, in dem sich das Angebot befindet. Junge Menschen müssen brennen und hungrig sein. Nur so können wir 1% auf den Effektivzinsen drauf schlagen und dann sind wir da, wo die Gäule saufen! Wir kennen den Markt, meine Damen und Herren! Als globaler Player bringen wir Transparenz in unsere Märkte und akquirieren unsere Key Account Kunden durch unser 1A Portfolio.“

An souveränen Tagen, nimmt er in Meetings einen Block zur Hand und spielt mit den Schlüsselwörtern Bullshitbingo. Er gewinnt immer. An ausgeglichenen Tagen, ist es ihm einfach egal und er begibt sich schon zu Beginn der Besprechungen ins Reich seiner Tagträume. Doch an unausgeglichenen Tagen wächst die innere Frustration.

Ist es wirklich Sinn des Lebens, sich jeden einzelnen Tag, beziehungsweise mindestens 250 Tage im Jahr, die geistigen Ergüsse von Profilneurotikern und Wichtigtuern anzuhören? Gesprächen lauschen zu müssen, die total unsinnig, uninteressant und langweilig sind? Texte zu lesen, die man nur mit gutem Willen noch freundlich als Gehirn Diarrhoe bezeichnen kann. Nur um des schnöden Mammons willen? Damit man Geld hat, sich Dinge zu kaufen, die einem eh bald schon nicht mehr gefallen und für ein Haus, an dem man noch Jahrzehnte abzahlen wird? Wofür das alles? Ist es das alles wert, Tag für Tag massiv geistig unterfordert zu sein und von Kollegen mit dem IQ einer gemeinen Amöbe als „Assistent“ betitelt zu werden?

Sinnlose Arbeiten für dilettantische Vorgesetzte und Kollegen. Verschwendete Lebenszeit, begrabene Träume.  Brachliegende Talente, verkümmerte Kenntnisse, vergessenes Wissen. Desillusion. Ich kenne einen Fachbegriff für das, was Matze die vergangenen Jahre jeden einzelnen Arbeitstag seines Lebens gefühlt hat: Bore-Out-Syndrom. Das ist genau das, woran er leidet.

Es ist allerhöchste Zeit, dass der Spaß und der Schabernack wieder die Oberhand in seinem Leben gewinnt! Ich wünsche es ihm sehr, dass er es schafft.

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