Vor einiger Zeit war ich auf einer Veranstaltung und mein Mann und ich saßen nur unweit eines älteren Herrn entfernt. Der Mann erzählte gern und viel von “Früher”. Wie schön damals alles war und so weiter. Wir beachteten ihn nicht so wirklich und hörten immer nur Bruchstücke seines Monologs. Bis das Essen serviert wurde.
Mit der hingestellten Fleischplatte erwachten seine Erinnerungen an die gute alte Zeit des Schlachtens und er erzählte lang und breit vom Töten von Hasen und wie er den Kopf immer am liebsten gegessen hatte. Vor allem die “Bäckchen” hätte er am liebsten verzehrt. Er erzählte detailgetreu vom Waschen der Kutteln von Schweinen. Denn damals hat man die noch nicht so glattpoliert beim Metzger kaufen können, wie die Weicheier heute. Er schwadronierte weiter über das Köpfen von Hühnern. Lachend erzählte er, wie er das geköpfte Huhn noch “rennen lassen hat” und wie lustig das immer war.
Ausser ihm redete niemand mehr, weshalb wir nun leider jedes Wort mithören mussten. Uns blieb beinahe das Essen im Hals stecken und ich sprach irgendwann das aus, was ich fühlte “Ich glaub ich muss gleich kotzen, wenn das so weitergeht”. Es kam ein böser Blick in meine Richtung. Meine Tischnachbarin gegenüber sagte “Ich verstehe was Du meinst, ich ertrage das auch nicht”. Sie sprach den Herrn an, ob er nicht das Thema wenigstens während des Essens wechseln könne, weil seine Gesprächsthemen alles andere als appetitlich wären. Er war zwar etwas beleidigt, hielt aber endlich seinen Mund.
Nichts ist lustig am Köpfen von Hühnern und auch nicht am Schlachten von Hasen. Aber wie immer waren wir die absonderlichen Veganer, die sich komisch ernähren. Die wenigsten verstehen, dass wir das machen, weil wir eben nicht möchten, dass Hühnern der Kopf abgehakt wird, dass Schweine lebendig verbrüht werden, dass Küken gleich nach der Geburt geschreddert werden etc. Mit unserem Konsumverzicht unterstützen wir all das nicht mehr. Wir machen das nicht, weil wir uns auf einer Veranstaltung wichtig machen wollen und irgend einem Essenstrend hinterher laufen. Wir wollen schlicht und einfach nicht, dass wegen uns ein Tier leidet, ausgebeutet wird und sterben muss.
Am Schluss des Essens waren noch ganze Platten mit Fleisch übrig, genauso wie größere Mengen Beilagen wie Eierspätzle. Zusammengerechnet starb mindestens ein Tier gänzlich umsonst, weil all das was übrig blieb, zum Großteil weggeworfen wird. Dieses weggeworfene Essen ist nur ein Bruchteil dessen was weltweit an tierischen Produkten entsorgt wird und wofür unzählige fühlende Lebewesen ihr Leben lassen mussten. Der Konsum ist schon schlimm, das Wegwerfen noch schlimmer.
Mir tut es jedesmal von Herzen weh, wenn meine Katzenkinder ihre Näpfe nicht leer essen und ich Fleischstücke wegwerfen muss, weil sie angegammelt sind. Es ist schlimm für mich, doch ich hoffe auf ein baldiges InVitro Katzenfutter, das es schon gibt, nur hierzulande noch nicht erhältlich ist.
Das wird auch die Zukunft der menschlichen Ernährung sein. Die meisten Menschen sind zu bequem und wollen nicht auf ihr Fleisch, ihre Eier und ihre Milch verzichten. Machen wir uns nichts vor: Eine vegane Zukunft ist utopisch. Aber selbst wenn sich gezüchtetes Fleisch ohne Tierleid durchsetzen sollte, wird es noch einen gewissen Prozentsatz, wie den oben beschriebenen Herrn, geben, die auf keinen Fall auf “echtes” Fleisch und das Köpfen von Hühnern verzichten wollen. Leider ist das so und es wird immer so sein. Wer bitte bringt es fertig, einem Huhn den Kopf abzuhaken? Ich könnte es niemals, aber ein Teil der Menschheit hat damit offensichtlich kein Problem und feiert es auch noch. Ich fürchte, das ist das Grundproblem mit dem Homo Sapiens. Solange es keine Probleme bereitet, ein unschuldiges Tier zu töten, das sich nicht wehren kann, solange wird die Menschheit auch untereinander in Unfrieden leben. Ich glaube nicht, dass sich der Mensch weiterentwickelt. Er wird sich vorher selbst die Lebensgrundlage kaputt machen und ausrotten. Mitnehmen werden wir aber leider auch Abermillionen anderer Lebewesen, die dasselbe Daseinsrecht haben, wie wir auf diesem schönen blauen Planeten. Wir haben als Hüter unserer Mitspezies gründlich versagt. Aber vielleicht werde ich eines besseren belehrt und positiv überrascht. Man soll die Hoffnung ja nie aufgeben.