Wie “bekehre” ich andere?

heute Abend klingelten zwei nette junge Frauen an meiner Tür und wollten mit mir über die Bibel reden. Sie schauten leicht verstört, als ich anfing zu kichern. Ich sagte dann aber lieb und nett, dass sie dafür bei mir an der falschen Adresse sind, ich ihnen aber noch einen schönen Tag wünsche. Sie wünschten mir ebenfalls einen schönen Tag und gingen zum nächsten Haus.

Mir wurde schon von dem einen oder anderen ehemaligen Kumpel gesagt, dass ich andere zum Veganismus bekehren wolle und genauso missionieren würde, wie eben diese bekannte Religionsgemeinschaft, die gerne von Tür zu Tür geht und die Menschen direkt anspricht – so wie mich heute.

Fast jeder Veganer hat zu Anfang die Phase, wo man denkt, man müsse seine Erkenntnisse allen Leuten mitteilen. Das habe ich auch gemacht. Doch ich merkte schnell, dass es kaum jemand interessierte. Heute rede ich mit anderen nur noch darüber, wenn ich gefragt werde.  Wenn mir jemand mit Phrasen daher kommt wie “die Viecher werden doch sowieso geschlachtet”, oder “wenn wir sie nicht fressen, fressen sie uns”, dann versuche ich mich an einem Sphinx-haften Lächeln, das alles bedeuten kann (wer mich gut kennt, weiss dass es nichts Gutes bedeutet), enthalte mich aber jeglichen Kommentars.

Vielleicht sollte ich es tatsächlich einfach mal spaßeshalber ausprobieren und von Tür zu Tür gehen und sagen “ich möchte mit Ihnen über Ihren Fleischkonsum reden”. Ich fürchte, spätestens an der nächsten Straßenecke wäre ich geteert und gefedert.

Einfach das Leben vorleben, welches man sich selber für die Welt wünscht ist der bessere Weg. Selbst dann wird man noch beschuldigt, damit andere missionieren zu wollen. Einer sagte gar mal, ich würde täglich eine Vegan-Operette aufführen. Das fand ich ziemlich witzig. Als ob ich mir jeden Tag eine Inszenierung einfallen lassen würde, wie ich jetzt am besten mein veganes Leben zur Schau stellen könnte. So einfallsreich bin ich aber nicht. Ich mache einfach das, was für mich stimmig ist und sich gut anfühlt. Wenn sich andere dadurch auf den Schlips getreten fühlen und ich ihnen (O-Ton) “Mit jedem Bissen ein schlechtes Gewissen vorkaue”, dann ist das nicht mein Bier.

Ich fand auch das Verhalten der beiden Frauen heute nicht schlimm und ich fühlte mich in keiner Weise davon belästigt. Sie klingelten nett, trugen höflich ihr Anliegen vor, ich lehnte ebenfalls nett und höflich ab und sie gingen einfach wieder. Daran ist nichts Verwerfliches. Sie ließen mir meinen freien Willen. Sie drängten mir nichts auf. Das ist vollkommen ok für mich.

Jeder hat den freien Willen das zu glauben, was für ihn die subjektive Wahrheit ist. Meine Wahrheit ist, dass es ganz und gar nicht ok ist, dass täglich weltweit Millionen von frisch geschlüpften männlichen Küken geschreddert oder vergast werden, weil sie von der “Eierindustrie” als Abfallprodukt angesehen werden. Es ist auch alles andere als in Ordnung, dass Milliarden von Kälbchen schon kurz nach der Geburt ihren Müttern entrissen werden und in kleine enge Boxen gesperrt werden. Es ist mit nichts zu rechtfertigen, dass unzählige trächtige Kühe geschlachtet werden. Es ist nicht ok, Hunde beim “Dog Meat Festival” lebendig zu kochen, oder ihnen und Katzen, Waschbären, Füchsen, Nerzen etcetcetc ebenfalls bei lebendigem Leibe das Fell ab zu ziehen, um daraus Pelzkrägen zu machen oder Mäntel oder sonst etwas Abartiges. Es ist nicht ok, Delphine in eine Bucht zu treiben und sie zu tausenden abzuschlachten. Es kann nicht gut geheißen werden, wenn Lebewesen niemals Tageslicht sehen und auf engstem Raum eingepfercht werden, nur um dann als menschliche Nahrung zu enden. Es darf nicht passieren, dass Pferde als Sportgeräte betrachtet werden und zum Abdecker gebracht werden, wenn man das Interesse daran verloren hat. Es geht echt nicht, dass ausgehungerten Tieren in Drittweltländern die Haut noch lebend und bei Bewusstsein vom geschundenen Körper geschnitten wird damit hier irgend jemand die “coole” Lederjacke den dritten Ledergeldbeutel oder die 20. Handtasche kaufen kann. Es kann nicht sein, dass Menschen sich herausnehmen, Tiere einfach aus Spaß zu quälen und auf sie zu schießen oder als Trophäe abzuknallen. Es ist mit nichts zu rechtfertigen, dass überhaupt ein Tier aus irgend welchen Gründen gequält, missbraucht und geschossen oder geschlachtet wird – ganz gleichgültig welcher Spezies das Tier angehört. Das ist barbarisch. Egal wie man es zu rechtfertigen versucht. Selbst unsere Gesetzgebung unterstützt diese Barbarei. Die Küken dürfen weiter geschreddert werden. Der “Produktionsbetrieb” ist wichtiger als ein Lebewesen – auch wenn es das Tierschutzgesetz ad absurdum führt. Profitgier und “Produktionssteigerung” wird höher gewichtet als der grausame Tod von Milliarden Mit-Geschöpfen.

Seit Jahrzehnten wird einem eingetrichtert, dass man die Babynahrung artfremder Spezies zum überleben bräuchte. Durch Parolen wie “Die Milch macht´s” und “Fleisch ist ein Stück Lebenskraft”  wurden ganze Generationen indoktriniert. Betreibt die Lebensmittelindustrie nicht die wahre Missionierung?

 

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