Saufuniform

Es muss circa 2004 gewesen sein, als ich mit meiner Nichte auf dem lokalen Volksfest war und wir ein Pärchen in Dirndl und Sepplhose sahen. Die Frau hatte sogar Zöpfe geflochten. Jeder, einschließlich uns, mokierte sich darüber, dass wir hier doch nicht in München wären und das Volksfest nicht das Oktoberfest ist. Wir waren uns einig, dass wir sowas nicht nachmachen würden. Bereits 10 Jahre später hatten wir eine ansehnliche Sammlung an Dirndl im Schrank hängen. Das Volksfest geht schließlich vier Tage und man muss Auswahl haben. Vielleicht wird eines auch gleich eingesaut mit Wein oder Bier, wer weiß das schon.

Jedenfalls hat es sich schleichend eingebürgert, dass man Dirndl und Sepplhosen auch ausserhalb Bayerns zu Volksfesten trägt. Inzwischen ist es sogar so, dass die “Sauftracht” auch auf Weinfesten und Krämermärkten Einzug hielt. Das Dirndl bei Frauen und die Sepplhose mit kariertem Hemd bei Männern wurde zur “Trinkuniform” und wir sind fleißig dabei.

Früher dachte ich immer, ein Dirndl würde mir nie stehen, weil ich ganz sicher keine “Dirndlfigur” hätte, aber ich fand Modelle, die mir super stehen. Derzeit habe ich vier Modelle, von schlicht bis zu prinzessinnenhaftem Glitzer. Der Schmuck kommt noch on Top. Ketten mit Brezelanhänger, Blumenhaarkränze, Ohrringe in Bierkrugform, Gürtel mit Blüten aufgestickt. Natürlich dazu passende Handtäschlein und Jäckchen mit Trachtenknöpfen und Edelweiss-Stickereien.

Ich mag meine Saufunifo… ähm meine Dirndlkollektion. Ich werde auch über neue Trends nicht wieder vorschnell urteilen. Vielleicht mache ich sie doch irgendwann mit. Sag niemals nie!

Es wurde etwas exzessiv

Es begann vor circa 2,5 Wochen. Meine beste Freundin und ich waren in der Stadt unterwegs und entdeckten einen Popup Store mit Braut- und Festmoden. Modelle aus 2020 wurden dort sehr günstig verkauft, ebenso wie Schmuck, Haarreifen, Diademe, Gürtel und Fascinatoren.

Wir waren wie im Prinzessinnenrausch und probierten Kleider an. Kauften auch Modelle und waren glücklich. Bis wir die Aktionen wiederholten und wiederholten. Letztendlich kauften wir echt viel Schmuck und viele Kleider.

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Meine beste Freundin hat all ihren Glitzerschmuck ausgebreitet und sich am Funkeln erfreut. Warum auch nicht. Wir werden nicht alle Kleider behalten, aber 1 oder 2 Modelle garantiert. Damit werden wir auch mal im Garten sitzen oder einfach in der Wohnung herumflanieren.

Ja, wir geben zu, es wurde etwas zur Manie, aber wir hatten so viel Spaß, dass wir den Laden – nun da er geschlossen ist – vermissen. Die Verkäufer kannten uns schon ziemlich gut und gestern sagte einer von ihnen zu mir, dass er sich immer freute, wenn wir kamen. Wir waren noch nie so oft und so gerne in einem Laden, wie in diesem. Dort wurde die Prinzessin in uns geweckt und wir konnten all die Feen und Elfenkleider anziehen und uns darin wundervoll fühlen, auch wenn die Meisten uns zu eng waren (Gr. 36). Die Welt hat eh viel zu wenig Glitzer auf dem Boden der Tatsachen. Da tut es wirklich gut, sich ab und an etwas Glamour zu gönnen.

Brautkleiderwahn

Meine beste Freundin und ich entdeckten letzte Woche einen Popup Store, der Braut- und Festmoden extrem günstig verkauft. Er ist nur für eine kurze Zeit in einem leerstehenden Gebäude ansässig und die Aktion ist einmalig.

Wir fühlten uns wie im Paradies und probierten einen Großteil der Kleider an und fühlten uns wie Prinzessinnen. Die Kleider hatten mal bestimmt so um die 1000 Euro gekostet und wurden nun zu massiven Schleuderpreisen verkauft.

Wir konnten nicht widerstehen und kauften Kleider, auch wenn wir keinen wirklichen Bedarf dafür haben.

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Das bin ich, in einem der gekauften Kleider. Der Verkäufer kennt uns schon und grinst immer, wenn wir den Laden betreten. Nächste Woche gehen wir wieder hin und ich fürchte, wir werden wieder ein Braut- oder Festkleid mitnehmen. Warum auch nicht. Wir haben Spass daran und wir haben sicher Geld schon unsinniger ausgegeben als für wunderschöne Kleider in denen wir uns königlich fühlen. Vielleicht machen wir mal eine Royal Party und ziehen unsere Schätze an. Eine Bekannte fragte “Was, Du hast schon wieder so ein Kleid gekauft, aber warum und weshalb?” Weil ich es kann!

Nachhaltig ist glaub anders

Meine langjährigste Freundin, die ich als meine Cousine bezeichne, rief mich letzte Woche an. Sie hatte ihren Schrank von Sommer auf Winter umgeräumt und mit entsetzen festgestellt, dass sie exakt 40 Kleider besitzt. Also nur Kleider. Die Hosen, Tops, Röcke, Shorts noch lange nicht mitgezählt. Um es abzumildern sagte sie “Aber ein paar der Kleider sind reine Arbeit-Haus-Kleider, die ich nur daheim trage”.

Ich räumte ebenfalls meinen Schrank um und stellte fest, dass ich weit über 50 Kleider besitze und ich habe keine reinen Arbeit-Haus-Kleider. Auch hier die andren Klamotten keinesfalls berücksichtigt. Ich rufe meine Cousine an und nenne ihr die Zahl. Sie antwortet “Weisst Du, die Flohmärkte machen die Situation nicht besser. Früher haben wir ein neues Teil für 40€ gekauft und heute 10-20 Teile zum selben Preis auf dem Flohmarkt”. Das ist wirklich so. Man überlegt auch nicht, sondern nimmt es einfach mit. Es waren deshalb auch schon ein paar Fehlkäufe dabei, die nicht passten, nicht standen, die falsche Farbe hatten, doch insgesamt finden wir wirklich geniale Sachen. Designermantel für € 15,00 zum Beispiel. Neu mit Etikett. Auch wenn er ausschaut wie der Morgenmantel von Hugh Hefner.

Trotzdem konsumieren wir schon ein bissle exzessiv. Ich werde mich beim nächsten Flohmarkt ermahnen, sorgfältiger einzukaufen. Aber es ist wie ein Rausch. Wir sind dann auf Schatzjagd und nehmen mit was kommt. Meine beste Freundin hat beim letzten “Feldzug” eine Kette gekauft, die sich im Nachhinein als genauso teuer herausgestellt hat, wie wenn sie sie neu gekauft hätte. Dafür hat sie die anderen Teile deutlich günstiger ergattert, was es in der Summe wieder ok macht.

Ich habe auch bei der vorletzten “Schatzjagd” Ohrringe gekauft, die vermutlich zu teuer waren. Angeblich sollen sie echt silber sein, aber ich fand nirgends einen Stempel. Sie haben 5€ gekostet, also alles ok und nicht weiter tragisch, wenn sie doch nicht echt sind. Ich hab sie tagelang in Sagrotan eingeweicht, das haben sie überstanden, es könnte also doch Silber sein, oder Edelstahl. Jedenfalls kein Billigblech.

Tatsache ist, dass die Schatzjagd ein Spass für uns Freundinnen ist und wir uns an den meisten Schätzen lange erfreuen. Wir hatten früher auch Fehlkäufe, das hat man glaub immer. Diese werden weiterverschenkt oder verkauft und gut ist es. Es gibt glaube ich schlimmere “Laster” als oft und viel auf Flohmärkten einzukaufen.

Flohmarktschätze

Ich hatte gestern einen wunderschönen Freundinnentag. Meine drei Freundinnen und ich frühstückten zuerst gemütlich bei mir Zuhause und gingen dann zum Frauenflohmarkt, wo wir alle viele Schätze ergattern konnten. Danach waren wir noch gemütlich in einem Café und zum Schluss kauften wir noch Kosmetik und Parfüm im DM. Es war ein wirklich gelungener wundervoller Tag.

Hier ein paar Impressionen meiner “neuen” Kleidungsstücke:

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Wickelkleid mit Paisleymuster für € 8,00
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rotes Kleid mit weissen Tupfen für € 5,00IMG_4571_pp

Smaragdgrünes Kleid mit langen Ärmeln für € 11,00
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Silberfarbenes Kleid mit Tüllrock (nagelneu mit Etikett) für € 7,00

Insgesamt haben die Preise jedoch stark angezogen. Viele Verkäuferinnen wollten teils noch € 30,00 für Teile, die mindestens 5 Jahre alt waren. Ich hatte mir einen olivfarbenen Parka angeschaut, der sogar bestimmt schon 2016 “in” war. Trotzdem wollte die Frau noch fast den Neupreis dafür. Es wird auch auf jedem Flohmarkt voller und voller. Als meine beste Freundin und ich 2015 anfingen, auf Frauenflohmärkte zu gehen (damals hatten wir immer noch selbst einen Stand), war es dort sehr leer und kaum Käuferinnen dort. Selbst vor der Pandemie waren wir auf Märkten, wo wir ungehindert und schön stöbern konnten, doch nun ist es es schon sowas wie ein Livestyleevent geworden und gestern war es fast so, dass man vor lauter Menschen keine Ware mehr sah. Erschwerend kam hinzu, dass die Beleuchtung in der Halle sehr spärlich war und man bei manchen Teilen die Farbe nur erahnen konnte. Eine Verkäuferin wollte für ein sichtlich oft getragenes, fast etwas vergammeltes “weisses” Spitzenkleid noch € 10,00. Mehr als € 4,00 hätte ich dafür wahrlich nicht ausgegeben und auch dann hätte ich es daheim in einer anderen Farbe eingefärbt, damit der Gelbschleier weg gewesen wäre. Fast schon etwas dreist. Eine Verkäuferin hatte Neuware und verkaufte diese für echt viel Geld. Sie sagte zwar immer “Mit mir kann man handeln”, aber die wenigsten handelten tatsächlich mit ihr, sondern kauften die Klamotten einfach nicht und hängten sie zurück. Wir sind hier in der Gegend überwiegend nicht so die Feilscher. Meine Freundin sagte es dann auch deutlich zu ihr: “Wir können nicht handeln, das liegt uns einfach nicht im Blut”. Wenn sie ihre Preise von Anfang an nicht so hoch angesetzt hätte und auf das “handeln” verzichtet hätte, wäre ihre Ware schnell weg gewesen, weil sie wirklich ein paar echt schöne Teile hatte.

Heute habe ich noch ein Teil, das ich schon letztes Jahr für wenig Geld erstanden hatte, zu einem Faschingskostüm umfunktioniert. Das Ergebnis seht ihr hier:

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Ich habe auf das braune Vokuhila Kleid weisse Flieskreise aufgenäht. So werde ich nächste Woche auf den Straßenfasching gehen und meine beste Freundin wird ein Einhorn sein. Das Kleid hat glaub damals auch nur € 7,00 gekostet. Der Geweih-Haarreif war somit genauso teuer wie das Kostüm selbst. Aber ein gesamtes Faschingsoutfit für € 14,00 ist nun wirklich nicht teuer.

Sei wie Du bist

Gestern stand ich morgens vor dem Spiegel und wusste nicht so recht, was ich anziehen soll, doch dann fiel mein Blick auf den braunen Tüllrock, den ich vor drei Wochen auf einem Frauenflohmarkt für € 4,00 erstanden hatte.

Ja ok, zugegeben etwas overdressed aber so what! Ich zog ihn an und als Oberteil ein weisses T-Shirt mit der Aufschrift “Legalized”. Und ja: Ich fiel damit auf. Normalerweise tragen die Kolleginnen in der Branche, in der ich arbeite, kein Prinzessinnenoutfit, weder geschäftlich noch privat. Es ist ein sehr bodenständiger, konservativer Sektor. Gestern dachte ich so bei mir “Scheiss drauf”, das wird jetzt angezogen und Basta.

Ich war noch keine 10 Minuten am Arbeitsplatz, als eine sehr liebe Kollegin mir schrieb “Ich habe Dich heute morgen von Weitem gesehen und Du hast so schön ausgeschaut in Deinem Tüllrock”. Das war so, weil ich mich nicht verbogen hatte, sondern ich selbst war. Ich hatte mich nicht angepasst, denn das erwartet auch gar niemand von mir. Ich kann einen Prinzessinnenrock tragen, warum auch nicht.

Ich habe noch einen hellblauen Tüllrock und einen in altrosa mit Stufen. Die hängen auch nicht mehr unnütz im Schrank. Es wird Zeit, dass sie ausgeführt werden. Man ist nicht overdressed, die anderen sind dann halt einfach underdressed.

Freundinnentag

Alle paar Wochen mache ich mit meiner besten Freundin zusammen einen Freundinnentag. Vor zwei Wochen gönnten wir uns einen Schminkworkshop und gestern hatte ich zuerst für uns Frühstück gemacht und danach fuhren wir zu einem Frauenflohmarkt, wo wir echt tolle Schätze für wenig Geld ergattern konnten.

Es war genau so, wie es sein sollte. Eine gute Zeit mit angenehmen Gesprächen und jede von uns fühlte sich nach dem Treffen wohl und aufgebaut.

Es war auch ein Stück weit wieder ein Hauch von Normalität. Wir mussten keinen Impfstatus vorzeigen, lediglich FFP2 Masken tragen und alle auf dem Markt waren gut gelaunt und ebenso wie wir froh, dass endlich wieder einer stattfand. Niemand war genervt oder gereizt, sondern schon als wir ankamen, sahen wir nur vorfreudige, lächelnde Gesichter. Die Verkäuferinnen waren ebenfalls alle supernett und die Preise wirklich mehr als fair für ehemals sehr hochpreisige, qualitativ hochwertige Teile.

Unsere Ausbeute war: ein Pailettenrock, ein olivfarbenes Sommerkleid mit Plissee, ein weisses Sommerkleid aus Chiffon, ein rostrotes Sommerkleid ebenfalls aus Chiffon, eine feuerrote Handtasche, ein Buch, zwei Übergangsjacken, eine Statementkette und ein bodenlanges Sommerkleid mit Leoparden drauf, einen Cadigan und ein olivbraungemustertes Hemdblusenkleid. Für alles zusammen zahlten wir nichtmal 100 Euro. Wir freuen uns schon auf den nächsten Markt, der in zwei Monaten tatsächlich in unserer Stadt stattfinden wird, aber vielleicht machen wir in drei Wochen noch einen Abstecher in die nächstgelegene Großstadt wo der nächste Flohmarkt dieser Art sein wird. Selbst wenn wir nichts finden, wird es trotzdem ein schöner Freundinnentag werden.

Der Tag der unflätigen Zeitgenossen

Heute morgen fuhr ich auf den Parkplatz eines Lebensmittelladens. Ich sah, dass der Parkplatz ungewöhnlich voll ist, dachte aber nicht weiter darüber nach. Ich stieg aus dem Auto, nahm meinen Korb und lief Richtung Eingang. Durch die Maske war meine Brille angelaufen und ich sah nur schemenhaft eine Frau, die mir auf 10 Meter Entfernung entgegenbrüllte “Wir haben zu”. Ich entgegnete etwas perplex “Echt jetzt” und sie blöckte zurück “Ja, echt jetzt!!!”. Ich drehte um und lief wieder zum Auto und hörte noch, wie sie schimpfend vor sich hinraunzte “Immer das Gleiche mit den blöden Kunden”. Ich war kurz in Versuchung, ihr zu sagen, dass ich keine Kristallkugel besitze und nicht nicht ahnen kann, dass der Markt heute aus welchen Gründen auch immer zu ist, ließ es aber und fuhr einfach zum nächsten Markt. Seltsam, dass der Parkplatz voller war als sonst. Wenn er leerer gewesen wäre, hätte ich ja gleich gedacht, dass etwas anders ist als sonst.

Nachmittags hatte ich eine weitere Begegnung der unflätigen Art. Ich hatte noch einen 25€ Gutschein für ein Bekleidungsgeschäft und ich fand zwei Kleider und eine Strickjacke im Sale. Ich ging zur Kasse, gab der Verkäuferin den Gutschein und legte die 10€ parat, die ich noch drauf zu zahlen hatte. Sie sagte “Da fehlen aber noch 20€”. Ich sagte ihr, dass dem nicht so wäre, weil alle drei Artikel reduziert wären. Sie entgegnete, dass eines der Kleider eben nicht reduziert wäre. Ich sagte ihr, dass das Kleid reduziert ist. Ja das könne jeder behaupten. Ihre Kasse würde keine Reduktion anzeigen und ich müsse als Beweis noch ein zweites Kleid der selben Art im Laden suchen um es ihr zu beweisen. Insgeheim dachte ich “What the Fuck???!!!”. Ich ging nochmals durch den sehr großen Verkaufsraum und suchte den Ständer, wo ich das Kleid her hatte, fand ihn aber nicht. Eine weitere Verkäuferin fragte nicht ob sie mir helfen könne, sondern recht seltsam “Haben Sie sich verlaufen, oder warum laufen Sie hier auf und ab?”. Ich schilderte ihr die Situation, aber sie half mir nicht, sondern sagte nur “Da vorne könnte nochmal ein Ständer sein, wo reduzierte Teile hängen”. Ich fand besagtes Kleid aber nicht nochmal und inzwischen war ich etwas gereizt. Ich ging zur Kasse und sagte der Kassiererin, dass ich das Kleid nicht nochmal fand, sie es doch einfach wieder stornieren solle und ich nur die zwei von der Kasse als reduziert verifizierten Teile möchte. Sie sagte, ich solle das Kleid nochmals suchen und ich sagte ihr, dass ich weder Zeit noch Lust hätte weiterhin durch die Verkaufsfläche zu irren und dieses Kleid zu suchen und sie jetzt endlich das Kleid stornieren solle, weil meine Geduld jetzt zu Ende wäre. Sie nahm das Mikrofon und schrie das Label des Kleides und “Bitte Kasseeeeeee” dazu. Es erschien ein junges Mädchen. Sie hielt ihr das Kleid hin und sagte “was kostet das?” und das Mädchen antwortete “es ist reduziert”. Die andere sagte daraufhin “Aber die Kasse sagt was anderes”. Daraufhin holte das Mädchen ein Kleid derselben Art und voilà, die Kasse spukte endlich den korrekten Betrag aus. Ich bekam das Kleid letztendlich doch noch reduziert. Entschuldigt hat sich niemand für das unverschämte Verhalten. Es war mir ja quasi unterstellt worden, dass ich das Kleid in betrügerischer Absicht als reduziert deklariert hätte.

Ist das Corona geschuldet? Sind die Leute einfach gereizter? Wenn der Laden proppenvoll gewesen wäre, dann hätte ich gesagt “Volles Verständnis”, aber ausser mir waren allerhöchstens 5 Leute im Laden und die Verkäuferinnen langweilten sich augenscheinlich. Es war auch kein Laden, wo ich sowas eher erwartet hätte, sondern ein Unternehmen, dass sich als familiär und kundenfreundlich preist wo immer es geht. Es war auch nicht das erste Mal, dass mir dieser Laden negativ aufgefallen war – auch schon lange vor Corona. Ich hätte ihn ohne den Gutschein nicht mehr betreten.

Was mich am Meisten an der ganze Aktion nervt, ist, dass ich treudoof das Kleid gesucht habe. Ich hätte gleich sagen sollen “Behalten Sie Ihr Zeug, das muss ich mir echt nicht geben. Es ist nicht meine Aufgabe, herauszufinden, ob das Kleid wirklich reduziert ist oder nicht!”.

Dieser Laden wird von mir zukünftig boykottiert werden. Ich muss mich von Angestellten nicht anschnauzen lassen. Die Kleidungsstücke werden mich jetzt immer an das unakzeptable Verhalten der beiden Frauen erinnern. Geht echt gar nicht, bei allem Verständnis für die derzeitige Lage und Situation. Mir geht die Gesamtsituation auch schon lange auf den Zeiger, aber ich schnauze deswegen keine Mitmenschen an. Aber auch hier gilt vermutlich, dass Corona nur das zum Vorschein bringt, was vorher schon da ist. Im Guten und im Schlechten.

Kleine Zeitreise am Samstagmittag

Meine beste Freundin und ich waren heute in der Stadt bummeln. Es war wie eine Zeitreise in die 90er. Meine Freundin sagte es treffend: “Wenn Du das Kleid anziehst, die Jacke drüber und dann noch gefärbte Haare und grüne Augenbrauen, dann siehst Du aus wie Marusha auf der Love Parade”.

Chenillepullover, Cord, Latzhosen, Latzkleider, Karohosen und Röcke, Holzfällerhemden, Jeansjacken ohne Ärmel, Gardigans mit einem Schleifchen zum zubinden, durchsichtige Blusen, Kleider mit gekräuseltem Saum. Die 90er sind mit voller Wucht zurück. Irgendwie sind wir aus jedem Geschäft raus mit dem Gefühl “Da waren wir schon, dahin wollen wir nicht zurück”.

Ich sah eine Hose, die war gelb-schwarz kariert. Exakt so eine hatte sich eine meiner anderen Freundinnen irgendwann 1996 gekauft und sich dazu Zöpfe gemacht. Prompt wurde sie damals von einer Polizeistreife angehalten und das gesamte Auto wurde auf Extasy abgesucht. Daran musste ich heute denken, als ich diese Hose in einem Bekleidungsgeschäft eines großen Skandinavischen Konzerns hängen sah.

Die 90er waren für mich das Jahrzehnt, in der mein persönlicher Umbruch stattfand. Ich wechselte nach 10 Jahren den Job, hatte neue Kollegen, neue Freunde, ein neues Umfeld. Ich wurde ein anderer Mensch, was dazu führte, dass sich mein Leben zuerst schleichend, aber dann Anfang der 2000er Jahre immer schneller, komplett änderte. Altes musste weichen um für Neues Platz zu machen und alles Neue war gut. Nicht dass das Alte schlecht war, aber es passte nicht mehr. Die Menschen passten nicht mehr, der Job nicht mehr, der damalige Partner nicht mehr (oder eher noch nie).

Nun sind also, zumindest modisch, die 90er wieder da. Dann sind wir mal gespannt, welche Umbrüche die 2020er Jahre mit sich bringen. Es ist immer noch unfassbar für mich, dass die 90er Jahre schon 30 Jahre her sind. Das war doch erst gestern. Boah ist das übel. Ich werde in 5 Wochen unfassbare 54 Jahre alt und infantilerweise fühle ich mich keinen Tag älter als 28, vermutlich wird das für immer so sein. Aber wisst Ihr was, wenn “erwachsen sein” bedeutet, dass ich jetzt anfange, fürs Altersheim zu sparen, mich nur noch über andere aufrege und vor Corona Angst habe, dann bin ich lieber nicht erwachsen. Don`t grow up, it`s a Trap!