Der Tod, das Leben und alles dazwischen

Meine Mutter starb Mitte Juli. Es ist nicht nur so, dass ich traurig bin und sie vermisse, sondern auch der Umstand, dass nun beide Elternteile nicht mehr leben und ich jetzt eine “Waise” bin. Egal wie alt man ist, man bleibt das “Kind” und wenn die Eltern sterben, ist man plötzlich niemandem’s Kind mehr.

Auch das schmerzliche Erkennen, dass man selbst jetzt die Generation ist, die “als nächstes dran” ist. Das ist natürlich nur subjektiv. In meiner Familie werden die Menschen hochbetagt und ich bin ja sowieso das Nesthäkchen unter uns Geschwistern. Statistisch gesehen bleiben mir schon noch Jahrzehnte, aber man weiss nie, vielleicht bleibt auch nicht mehr so viel Zeit.

Ich bin in einer Phase meines Lebens angelangt, wo ich oft denke “War’s das jetzt? Kommt da nicht noch was? Das kann doch nicht alles gewesen sein!”. Das sind undankbare Momente, die auch hormonell gesteuert sind, oder besser gesagt einem Mangel an Östrogen und Progesteron geschuldet sind, was in meinem methusalemischen Alter natürlich schwindet.

Objektiv betrachtet geht es mir gut. Ich bin glücklich verheiratet, wir haben schöne Katzenkinder, ein schönes Haus, eine Handvoll feiner Freunde, beruflich ist auch alles im grünen Bereich, ich lebe mit niemand im Unfrieden und bin mit allen “rein”. Das können nicht so viele von sich sagen. Wie viele Menschen sind zerstritten und verbittert und unerbittlich gefangen in ihrer Zwietracht. Das möchte ich nicht haben und nicht mit mir herumtragen. Irgendein schlauer Mensch hat mal gesagt: “Verbittert sein, ist wie Gift trinken und denken, der andere stirbt daran”. So unnötig.

Dennoch habe ich Phasen der Melancholie, wo ich Menschenansammlungen nicht ertrage, wo ich mich gerade unter Menschen fehl am Platz fühle, wo ich einen Zerrspiegel habe, der mir einredet, ich wäre fett, alt und hässlich. Wo ich denke, ich sehe ein Monster wenn ich in den Spiegel schaue. Auch wenn ich weiss, dass das alles dem Auf- und Ab der Hormone geschuldet ist und ich jetzt quasi überwiegend PMS Level habe in der Perimenopause, ändert es nichts an dem Gefühl. Man kann es rational und logisch erklären, aber es fühlt sich trotzdem beschissen an. Altern ist echt nichts für Weicheier.

Was auch noch tief in mir verankert ist, ist eine gewisse Grundunsicherheit und dass ich immer etwas Schlimmes erwarte. Das Damocles-Schwert des Todes schwebte schon so lange über uns, dass das in Fleisch und Blut übergegangen ist. Vor drei Wochen dachte ich, mein Orpheus stirbt mir auch noch. Er hatte wieder einen akuten Schub IBM (sowas wie Morbus Crohn beim Menschen) und lag nur noch malad rum. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie glücklich ich war, als ich wieder den ersten wohlgeformten Haufen von ihm sah. Als es ihm so schlecht ging, hatte ich Herzrasen, Panikattacken und schlief tagelang nicht richtig, weil ich so in meiner Angst gefangen war, dass er stirbt.

Wie bei meiner Mutter wird auch bei ihm der Tag kommen, wie bei uns allen. Er ist 16 Jahre alt und aufgrund seiner chronischen Erkrankung sehr dünn. Er hat wenig Reserven. Er hat sich jetzt dem Einhorn sei Dank echt wieder gut stabilisiert und ich habe mich wieder etwas beruhigt. Trotzdem ist es, als ob eine Grundangst tief in meinen Zellen verwurzelt wäre und wenn eine der Katzen auch nur ein winziges Anzeichen hat, dass etwas nicht stimmen könnte, bestehe ich nur noch aus Panik.

Deswegen habe ich keinen Bock auf oberflächliches Geplänkel, Rumgenöle, Jammerei wegen Alltäglichem. Das Leben ist zu kurz dafür. Ich brauche wieder etwas mehr Frieden, Leichtigkeit, Unbekümmertheit und Sorglosigkeit. Es war jetzt lange schwer genug.

Sind es die “Anderen” oder wir?

Diese Frage stellte mir eine Freundin. Sie meinte damit, ob die “Anderen” immer seltsamer, schräger, skurriler werden oder ob wir immer seltsamer, schräger, skurriler werden. Ich bin mir auch unsicher. Wir alle haben uns verändert. Die vergangenen Jahre, haben etwas mit der Menschheit gemacht, keine Frage.

Da ist die eine Freundin, die ich echt gern habe. Doch seit einiger Zeit und ich rede hier nicht von einer kurzzeitigen Phase, sondern eigentlich seit Jahren, jammert sie viel. Das Wetter ist zu heiss oder zu regnerisch. Sie lamentiert über Alltagssituationen. Sie hat sich in den Finger geschnitten, sie hat Kopfschmerzen, sie hat etwas verloren, sie musste lange beim Arzt warten, sie muss zum Zahnarzt, sie hat einen Parkschein verlegt, sie muss auf ein Taxi warten, obwohl sie schon lange nach Hause will, ein Zug fiel aus und sie verpasste den Anschlusszug. Wir alle haben uns mal in den Finger geschnitten, Kopfschmerzen, Kreuzschmerzen, klamme Knöchel, was verloren und sitzen regelmässig rum und warten auf etwas.

Als ich vor 2 Jahren den Bandscheibenvorfall hatte, war ich mal zwischen den Jahren bei einem Vertretungsarzt um ein Rezept für ein MRT zu bekommen und hatte solche Schmerzen, dass ich weder stehen noch sitzen konnte. Ich weiss noch gut, wie mich mein Mann abholte und ich vor der Praxis in der Kälte auf dem Boden lag, weil ich es sonst nicht mehr ausgehalten hätte. Darüber könnte ich noch Jahre jammern, auch davon traumatisiert sein, aber es ist sowas von Schnee von gestern. Ich trainiere seither regelmässig, weil ich so etwas nie wieder erleben möchte. Auch meiner Mutter mehrere Monate beim Sterbeprozess zuzusehen und ganz speziell die letzten drei Wochen war wahrlich nichts, was angenehm war. Das hängt mir noch immer nach, ist ja auch erst zwei Monate her, aber es nützt auch niemandem, wenn ich darüber ständig reden würde. Es ist wie es ist.

Manchmal wünschte ich, ich könnte der Freundin helfen. Es ist offensichtlich, dass sie nur jammert, weil sie nicht viel Schönes sieht, oder sieht sie nicht viel Schönes, weil sie in ihrem Jammertal festhängt? Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Sie ist ein liebenswerter Mensch und ich habe sie wirklich gern. Ich wünschte nur, sie könnte etwas mehr Lebensfreude empfinden. Ja, sie hat in den letzten Jahren viel Dramatisches erlebt, aber das haben andere auch. Durch das Jammern ändert sich ja nichts daran. Ich denke in solchen Momenten oft an meinen Oprheus. Er leidet seit mindestens 6 Jahren an einer chronischen Darmerkrankung. Wir waren bei so vielen Ärzten und Heilpraktikern und und und – keiner konnte helfen, nur etwas lindern. Er ist so tapfer. Er lebt im hier und jetzt und hat jeden Tierarztbesuch sofort vergessen, sowie er aus der Transportbox steigt. Er nölt nicht noch stundenlang, wie grausig die Fahrt, wie unangenehm es in der Praxis war und wie grob ihn die Sprechstundenhilfe angefasst hat. Er steigt aus, schüttelt sich, geht zum Napf und isst und fängt danach an zu schnurren. Er grübelt nicht noch ewig über Vergangenes oder Zukünftiges. Er macht sich keinen Kopf über sein Aussehen (er sieht eh immer genial aus!). Er zählt keine Kalorien (muss er leider auch nicht, weil er durch die Krankheit eh zu dünn ist) und hat keine Angst vorm Altern. Darüber machen sich nur Menschen Gedanken. Egal wie alt und teilweise dement er geworden ist, er wird immer mein geliebter Schatz sein und das weiss er auch. Er ist einfach nur unfassbar wundervoll!

Ich wünschte, die Freundin (und ich selbst auch) und eigentlich die gesamte Menschheit könnte mehr so sein, wie mein Orpheus. Wir sollten uns viel öfter nach unangenehmen Situationen einfach schütteln, was gutes Essen und uns dann wohlig des Lebens freuen.

Ich sagte der Freundin schon vor einiger Zeit, dass ich im Moment selbst keine Kraft habe. Ich kann ihr Genöle einfach nicht immer wieder anhören. Das mag egoistisch sein, aber es bringt doch nichts. Weder ihr noch mir. Ich brauche so dringend wieder etwas Leichtigkeit und Sorglosigkeit in meinem Leben. Ich bin nicht der Jammerlappenkummerkasten. Ich will diesen Job nicht haben, so wie ich viele andere Jobs nicht möchte. Ich will sie aber auch nicht verletzen, will ja für sie da sein, aber ich weiss nicht wie. In dem ich mir das Gejammer über ihre Alltagssituationen anhöre, wird ja nichts anders und schon gar nicht besser. Ihr zu sagen, dass sie viel jammert habe ich subtil versucht, aber ich glaube, sie hat es nicht verstanden. Ich weiss aber auch nicht, wie ich es direkt sagen könnte. Kann man so etwas direkt sagen? Ich bring das nicht!

Ich würde mir so sehr für sie wünschen, dass auch sie wieder mehr Leichtigkeit und Lebensfreude empfindet. Ich wünsche ihr alles Glück der Welt. Wenn ich den Eurojackpot gewinnen würde, würde ich mit dem Geld (und da würde ja ein Bruchteil der 120 Millionen reichen) dafür sorgen, ihre Probleme zu lösen. Geld löst Vieles. Ich schätze ihr Hauptproblem charakterlich so ein, dass mit ein paar Hunderttausend Euro das Dilemma gelöst wäre und sich dieses “Problem” für immer aus ihrem Leben fern halten würde und sie hätte dann auch finanzielle Freiheit und sozusagen “ausgesorgt”. Wäre sie dann glücklich? Liegt es überhaupt in meiner Macht (oder irgendjemandem’s Macht) Andere glücklich zu machen? Selbst wenn ich alle Widrigkeiten entfernen könnte, würde sie dann aufhören zu jammern oder ist es etwas, das tief in ihr verankert ist, dass heilen müsste, bevor sie mit der Jammerei aufhören könnte? Da ich leider nicht den Jackpot gewonnen habe, werde ich es vermutlich nie erfahren, fürchte aber, das Letzteres der Fall ist. Selbst wenn alle wirklichen Hindernisse aus dem Weg geräumt wären, ist man immer noch man selbst und nimmt sich überall hin mit. Man kann nicht vor sich selbst davonlaufen, egal wohin man geht.

Lasst uns alle Zusammen Jammerfasten! Die Welt ist ohnehin am Arsch. Darüber zu jammern, rum lamentieren, ewig darüber zu stöhnen und seinen Unmut bekunden über Unabänderliches, Unvermeidbares, Vergangenes, Ungeschehen ist nicht nur sinnlos, sondern es vergrößert das Leid nur unnötig.

Altersbashing

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Das ist unser Orpheus. Das liebste, sanftmütigste Geschöpf, das ich kenne. Er ist immer gut gelaunt. Leider hat er gesundheitliche Probleme. Er leidet an IBD, einer entzündlichen Darmerkrankung.

Wir waren mit ihm bei 5 Tierärzten und 3 Heilpraktikern. Wir haben so viel versucht. Letztendlich kam immer wieder die Aussage “Ist halt ein alter Kater”.

Wir haben nun seit Sommer endlich eine Tierärztin, die auf geriatrische Betreuung spezialisiert ist und uns sehr gut hilft. Ja, er ist 15 Jahre alt, aber das heißt doch noch lange nicht, dass man seine Lebensqualität nicht so gut es geht verbessern kann.

Er ist richtig aufgelebt, seit er bei der neuen Tierärztin in Behandlung ist. Natürlich ist er kein Kitten mehr, aber er springt herum, frisst gut und ist immer fröhlich.

Auch unsere Haustiere werden immer älter, auch wenn das in den Köpfen vieler Tierärzte hier in der Gegend noch nicht angekommen ist. 15 Jahre ist nun nicht mehr “alt”. Katzen können bis zu 30 Jahre alt werden. Orpheus Schwester Onya (die beiden sind Wurfgeschwister) ist topfit und war noch nie krank. Sie ist deutlich fitter, was natürlich ist, weil sie ja keine chronische Erkrankung hat, wie Orpheus. Onya ist sogar deutlich fitter als zum Beispiel Muffin und Samson, was das herumhüpfen, rennen und jagen von Insekten betrifft.

Egal ob Mensch oder Tier: Die Aussage, dass sich ab einem bestimmten Alter etwas nicht mehr “rentiert” oder eine Behandlung abgelehnt wird, ist einfach Unfug.

Wir werden alles dafür tun, dass unser kleiner Goldschatz so lange wie möglich, die bestmöglichste Lebensqualität hat. Dass er viel viel viel zu dünn ist, ist uns bekannt. Aber was sollen wir tun? Mehr kann er beim besten Willen nicht essen und er ißt deutlich mehr als Muffin und Onya zusammen. Nur die Coonie-Mischlinge Samson und Khaleesi essen genauso viel wie er, aber die sind auch fast doppelt so groß.

Urlaub und meine Gedanken dazu

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Wir waren ein paar Tage in einem südlichen Land im Urlaub. Es war ein schönes Hotel direkt am Meer, sehr abgelegen, weit und breit kein Remmidemmi. Personal war supernett. Wir haben viel gefaulenzt, im Meer und im Pool gebadet, gut gegessen und uns echt erholt, was bitter nötig war. Soweit so gut.

Ein paar Tage waren völlig ok, aber länger hätte es nicht sein müssen. Ich habe festgestellt, dass ich nicht der Typ für Strandurlaub bin und ich auch nicht mehr unbedingt in ein südliches Land muss.

Das hat mehrere Gründe:

Wir sahen unzählige Katzen und auch ein paar herrenlose Hunde. Natürlich alle nicht kastriert. Allerdings war kein Tier älter als ungefähr 1 Jahr. Es gab keine erwachsenen Tiere, sondern nur Kitten und Halbwüchsige. Sie sahen zwar alle recht gut aus, aber ich habe recherchiert. Es ist wohl so, dass sie über den Sommer vom Hotelpersonal und den Urlaubern gefüttert werden (sie sahen auch echt alle gesund aus), aber in den Wintermonaten verhungern sie oft, weil niemand mehr da ist, wenn die Ferienregionen “zu” sind.

Ich habe im Hotel nachgefragt und es wurde mir gesagt, dass die Anlage ganzjährig bewacht wird und das Wachpersonal die Katzen und Hunde füttern würde. Ich hoffe inständig, dass es so ist, aber es ist schon sehr merkwürdig, dass ich keine älteren Tiere sah. Mir schlägt sowas enorm aufs Gemüt. Die Hunde und Katzen waren so tolle Tiere und wirklich wunderschön.

Auch geschmälert wurde das Urlaubsvergnügen durch das Essen, das landestypisch aus vielen tierischen Produkten bestand. Das Schlimme für uns Veganer war nicht der Umstand, dass die Essenauswahl für uns auf die Beilagen und einen Teil der Salate beschränkt war, sondern dass wir die einzigen waren, die sich darüber Gedanken gemacht haben, dass das “Essen” einmal ein fühlendes Geschöpf war. Tintenfische sind hoch intelligente Wesen. Ich bin mir sicher, dass sie in vielen Fällen, denjenigen, die sie verspeist haben, geistig haushoch überlegen waren. Es ist aber nicht die Intelligenz das Kriterium, sondern die Leidensfähigkeit. Ich bin mir sicher, dass Hummer oder Krebse massive Schmerzen empfinden, wenn sie zu Tode gekocht werden. Jeder der sich schon mal gebrannt hat, kann sich das Ausmaß vorstellen.

Mein Mann sprach gestern Abend im Speisesaal aus, was ich dachte: “Das ist hier wie beim kleinen Arschloch”. Die Comicfigur von Walter Moers war auch immer massiv “drüber”. Wir hatten gestern das extrem zweifelhafte Vergnügen, die lautstarke Unterhaltung von drei “Grazien” am Nebentisch mit anzuhören. Es gab kein Entrinnen, auch wenn ich mir teilweise echt die Ohren zuhalten musste. Uns war klar, dass die angenehme Zeit beim Essen vorbei war, als die drei Frauen ankamen und sich an den Tisch neben uns setzten. Es waren komplett unterschiedliche Frauentypen, aber schon von weitem auf ihre Art unsympathisch. Sie setzten sich und die Unterhaltung erstreckte sich vom Lammkotelett über Mastschweine und detailliert über das Schlachten selbiger.

Uns war nicht klar, dass man sich über eine halbe Stunde nur über das Töten von Tieren unterhalten kann. Im alltäglichen Plauderton. Ohne auch nur eine Sekunde an die Angst, die Schmerzen und das Leiden der Tiere zu denken.

Ich ertrage das nicht mehr und ich will es auch nicht mehr ertragen. Wir standen auf und gingen an den Strand, wo wir unsere Ruhe hatten. Keine doofen Weiber, keine Tierleichen, nur das Rauschen der Wellen. Es waren ein paar schöne Tage, die durch einige Umstände geschmälert wurden. Leider ist die Welt noch immer – auch hierzulande – überwiegend von Tierleid dominiert. Ich kann leider nicht alle Tiere retten und ich kann die Menschheit nicht zum Umdenken zwingen, so sehr ich das auch möchte. Dennoch ist da noch Hoffnung, dass es vielleicht doch einmal eine Welt geben wird, in der Tiere das Recht auf Unversehrtheit haben werden. Unterstützt wurde diese Hoffnung von einem circa 8jährigen Jungen, der extra in die nächstgelegene Stadt gefahren war, um Katzenfutter zu kaufen und der jeden Abend damit beschäftigt war, alle hungrigen Mäuler zu füttern.

Besser als Urlaube wäre eh ein Leben, von dem man keinen Urlaub als Erholung bräuchte.

Jetzt ist es soweit

sagte mein Mann. Diesem Ausspruch vorausgegangen war eine Konversation zwischen meinem Puschelchen und mir. Ich kochte und er schmiegte sich um meine Waden. Er maunzte “Ma Ma”. Ich freute mich und fragte ihn “Hast Du gerade Mama gesagt?” und er antwortete “Mja!”.

Mein Mann schüttelte nur den Kopf und sprach obigen Satz aus, was soviel bedeutet, wie dass es jetzt Zeit für eine Überprüfung meines Geisteszustands wäre.

Kann schon sein, dass ich nicht ganz dicht bin, aber ich bin mir sicher, dass mein Puschelchen mich liebt und in mir seine Mutter sieht. Er ist voll das Mama-Söhnchen. Manchmal schon etwas obsessiv, aber ich liebe es, wenn er auf meinem Bauch liegt oder in meinen Kniekehlen. Ich könnte sein süsses Gesichtlein ewig anschauen. Dafür habe ich echt gerne einen leichten bis mittelschweren Dachschaden.

Kniekehlen

Jede Nacht beginnt der “Kampf” der Katzen, wer in meinen Kniekehlen schlafen darf. Meist “gewinnt” das Puschelchen, aber manchmal liegen auch Samson und Khaleesi in meinen Kniekehlen.

Es gibt bestimmt bequemere Plätze im Schlafzimmer und es liegen auch überall auf dem Nachtisch und dem Sideboard bequeme Deckchen, aber nein, in meinen Kniekehlen muss man schlafen.

Ich bin mittlerweile schon so darauf konditioniert, dass ich echt richtig schlecht schlafe, wenn mal eine Nacht keine Katze in meinen Kniekehlen nächtigt.

Ich habe recherchiert. Anscheinend fühlen sie sich in den Kniekehlen sicher und geborgen. Es ist ja auch ein schönes Gefühl, wenn ich ihnen offensichtlich Sicherheit und Geborgenheit gebe.

Auf der anderen Seite geben auch sie mir Sicherheit und Geborgenheit und das Gefühl – speziell bei Puschelchen – dass sie mich sehr lieben. Er schaut mich oft an, als wäre ich der wundervollste Mensch auf diesem Planeten. In seinem Blick steckt soviel Liebe.

Das Schicksal hat es gut mit mir gemeint und mir die wunderbarsten Kinder geschenkt, die es für mich geben könnte. Wenn sie einen einmal anschauen… dann ist alles vergessen. Egal ob man die Nacht davor das Bett überziehen musste, weil eines der 5 Katzenkinder seinen Haarballen darauf ausgewürgt hat, oder ob sie auf den Tisch springen, wenn Besuch da ist (“das machen sie sonst niiiiiieeee”) oder wenn sie einen Haufen neben das Klo gesetzt haben… ich liebe diese wundervollen Zauberwesen und bin glücklich, wenn sie gesund sind.

Letzte Woche Donnerstag hatten wir abends Besuch da und grillten auf der Terrasse. Normalerweise liebt es Leesi draussen im Gehege, aber sie kam nicht. Ich schaute dann nach ihr und sie lag völlig apathisch im Schlafzimmer. Nur wenige Stunden zuvor, war sie noch putzmunter. Ich rief beim Notdienst an und beschrieb dem Tierarzt die Lage und er meinte, ich solle gleich kommen, das höre sich gar nicht gut an. Sie machte auch während der Fahrt kaum einen Mucks. Der Tierarzt tastete und hörte sie ab und maß Fieber. Sie hatte 40,5 Fieber, was für eine Katze sehr hoch ist. Ausserdem hatte sie ein Rasseln auf der Lunge, Durchfall und Erbrechen. Sie bekam Antibiotika und einen Fiebersenker und er sagte, wir sollen morgens gleich wieder kommen.

Ich muss glaub nicht erwähnen, dass ich die halbe Nacht vor ihrem Krankenlager sass und kein Auge zutat. Am nächsten Morgen war die Situation unverändert. Er gab ihr eine Infusion und abends gingen wir wieder hin. Das Fieber war endlich weg und sie machte einen besseren Eindruck, aber noch nicht wirklich gut. Samstagsfrüh war sie endlich wieder die “Alte”, jagte und fing Insekten, fraß wieder gut und schmuste was das Zeug hielt.

Ich kann euch gar nicht sagen, wie erleichtert ich war. Was es genau war, weiß keiner, aber der Tierarzt meinte, so schnell aufkommende Sommerinfekte gehen gerade um. Ich hatte letztes Jahr im Herbst auch mal ganz schnell Corona, da ging es mir bis mittags auch noch prima und abends hatte ich Schüttelfrost und war komplett malad.

Bisher beliefen sich die Tierarztkosten auf 160 Euro. Die Rechnung für die Blutuntersuchung steht noch aus. Hauptsache ist, dass die Kleine wieder gesund und munter ist. Sie hat vorhin mit mir Socken sortiert. Handtücher zusammenlegen und Bett überziehen mag sie auch voll gerne. Ich liebe es, wie sie mich mit ihren großen grünen Kulleraugen anschaut.

Jedes Katzenkind hat seinen eigenen Charakter und alle sind sehr unterschiedlich:

Orpheus ist der gemütliche Schmusekater der alles und jeden liebt. Er ist unser Zen-Meister. Der Dalai Lama unter den Katzen.

Onya ist die wunderschöne Prinzessin, die auch gerne kuschelt. Sie weiss, dass sie schön ist und wenn sie ein Mensch wäre, wäre sie vermutlich eine Influencerin mit ganz vielen Follower. Sie ist ängstlich und taff zugleich.

Muffin Puschelchen ist sehr auf mich bezogen, hat Angst vor Männern generell und man darf sein Bäuchlein niemals anfassen. Er hat ein so süsses Gesichtlein und wie der schauen kann!

Khaleesi ist sehr scheu, zuckt selbst zusammen wenn der Rolladen runter gelassen wird, schmeisst sich aber bei unserem Anblick sofort auf den Rücken und streckt uns den Bauch zum kraulen entgegen.

Samson ist so ein kleines Äffchen, das gerne Kunststücke aufführt, wenn Besuch da ist. Er ist immer verschmust und hüpft gerne in Taschen.

Ein Leben ohne Katzen ist möglich, aber sinnlos. Ja, sie machen viel Dreck und kosten echt viel, aber sie geben einem auch so viel. Das macht alles wieder wett.

Ich habe gerade mit Ihrer Katze telefoniert

Ich hatte schon vor langer Zeit einen Termin bei einem Spezialisten um das Taubheitsgefühl in meiner linken Hand abzuklären.

Ich hatte vor drei Wochen frei und schlief etwas länger als sonst. Mein Handy lag ausnahmsweise auf meinem Nachtischchen, weil ein Familienmitglied schwer krank war und ich deshalb keinen Anruf verpassen wollte.

Jedenfalls schlief ich tief und fest, als mein Handy klingelte. Mein Orpheus lag neben meinem Kopf und irgendwie musste ich das Handy im Halbschlaf doch entsperrt und es aber wieder achtlos abgelegt haben. Orpheus maunzte und maunzte und maunzte laut und durchdringend, bis ich endlich richtig aufwachte. Ich schaute auf das Handy und sah einen entgangenen Anruf der Arztpraxis.

Als ich zurück rief, sagte die Sprechstundenhilfe “Sind Sie es? Gerade habe ich eine Weile mit Ihrer Katze telefoniert”. Wir fingen beide an zu lachen. Sie sagte mir ihr anliegen, dass mein Termin etwas verschoben werden müsste und musste dabei immer wieder abbrechen, weil sie einen Lachanfall bekam, in den ich jedesmal mit einstimmte.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass unter meine Akte der Vermerk “Verrückte Katzen Lady” kam.

Orpheus telefoniert übrigens sehr gerne. Er rief auch schon mal meine beste Freundin über die Wiederwahltaste am Festnetz an und er schaltet regelmässig das Fernsehprogramm um.

Alien Mobil

Mein wundervoller Corsa, der mich nie im Stich gelassen hat, kommt langsam in die Jahre. Es wären Investitionen nötig, die einem wirtschaftlichen Totalschaden nahe kommen, weshalb ich erwogen habe, ein neues Auto zu leasen. Das neue Mobil kommt im September. Ich erzählte es dem Kumpel, der denkt, dass ich eine Ausserirdische bin. Ich erzählte ihm, dass der Name meines neuen Autos Optimus Prime sein wird, weil das Logo des Herstellers, mich stark an die Transformers erinnert. Der Kommentar, des Kumpels war vorhersehbar: “Du als Alien brauchst natürlich ein ausserirdisches Gefährt, das war ja klar, was auch sonst”.

Manchmal glaube ich echt, dass er recht hat. Vermutlich bin ich eine Extraterrestrische. Ich fühle mich oft “nicht von dieser Welt”. Da passt es ja, dass ich in drei Monaten meinen Transformer bekomme. Vielleicht bringt mich Optimus Prime in meine Heimatwelt zurück. Meine anthropologischen Studien sind abgeschlossen. Vermutlich mag ich Katzen deshalb so gerne, weil sie auch etwas ausserirdisches oder gar überirdisches an sich haben. In Wahrheit bin ich gar keine ausserirdische Anthropologin, sondern das importierte Haustier meiner Katzen.