Quo vadis Menschheit?

Ich hatte kürzlich eine Diskussion mit einem netten jungen Mann. Er hält Hühner und einen Hahn und schlachtet selbst, wenn die männlichen Küken älter werden. Er findet, dass ist die bessere Variante zum Kükenschreddern. Ich stimme ihm zu. Dennoch wird diesen Hähnen sehr lange vor Ablauf ihrer natürlichen Lebensspanne das Leben genommen. Sie werden nur wenige Monate alt, könnten aber bis zu 9 Jahre alt werden. Er sagte zu mir “Aber so viele Hähne bringt man nirgends unter, was machen wir sonst mit ihnen?”

Ich sagte “Keine Eier mehr essen”. Er schaute mich lange und bedächtig an und meinte dann “Ja, wenn wir aufhören, Tiere zu essen, dann würden wir sie nur noch zur Landschaftspflege halten”.

Ich hörte schon oft die Frage: “Aber was machen wir dann mit den ganzen Tieren, wenn sie nicht mehr gegessen werden, dann müsste es ja exorbitant viele Lebenshöfe geben”. Ja, zuerst bestimmt, doch wenn nicht mehr so viele Tiere nachgezüchtet werden, reguliert sich das irgendwann. Die überzüchteten Tiere haben sowieso keine sehr hohe Lebenserwartung.

Weltweit werden ungefähr 45 Milliarden Hühner getötet und gegessen. Ich fürchte in dieser Zahl sind die männlichen Küken, die noch am Tag des Schlüpfens lebendig geschreddert werden noch nicht enthalten.

Dazu kommen Milliarden Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Esel, Pferde. Enten, Gänse, Strauße und in anderen Ländern Hunde, Katzen, Meerschweinchen etcetcetc

Wir reden hier von extrem vielen Milliarden an Tieren, die unter unsagbaren Bedingungen gehalten und getötet werden. Nicht nur irgendwo im Ausland, sondern auch hier in Deutschland. Immer wieder decken Tierschützer massive Missstände auf und müssen sich dafür auch noch oft genug vor Gericht verantworten. Nicht etwa die “Produzenten”, die die Tiere so unwürdig und barbarisch behandeln.

Ich bin überzeugt davon, dass die Menschheit sich erst weiter entwickelt, wenn sie aufhört, Tiere auszubeuten und zu töten. Wie wollen wir untereinander in Frieden und Harmonie leben, wenn wir es nicht einmal schaffen, andere Lebensformen auf diesem Planeten zu respektieren.

Wir sind nicht die “Krone der Schöpfung”, sondern wir sollten die Hüter der Schöpfung sein. Wir sind jedoch genau das Gegenteil. Wir hegen und pflegen unsere tierischen Geschwister nicht, wir missbrauchen und töten sie.

Der zuvor erwähnte junge Mann konnte mir meine Frage nicht beantworten, wie man es fertig bringt, ein Tier, das man über Monate aufgezogen und betreut hat und ihm einen Namen gegeben hat, umzubringen. Er sagte nur “Es ist nicht schön, aber was soll man den tun?”. Damit aufhören.

Die von mir sehr geschätzte Religionsgemeinschaft der Bishnoi leben so. Sie töten kein Tier. Ich habe mal einen Bericht über sie gesehen, wo eine der Bishnoi Frauen ein verwaistes Rehkitz gestillt hat, damit es überlebt. Sie hat es gestillt, wie ihr eigenes Baby, weil es für sie auch eines ihrer Kinder ist.

Ein Tier ist nicht weniger wert als ein Mensch. Es ist keine Sache. Es hat dasselbe Recht auf ein gutes Leben auf diesem Planeten, wie unsere Spezies auch. Die wundervolle Erde ist auch ihr Lebensraum.

Wenn es die Menschheit tatsächlich schaffen sollte, aus der barbarischen Tierausnutzung und Tötung auszusteigen – was ich jedoch stark bezweifle – werden wir Jahrhunderte benötigen, um das Unrecht an ihnen wieder halbwegs gut zu machen. Es wird lange dauern, bis die “Rassen” wieder ohne menschliche Obhut lebensfähig wären.

Unter Veganern wird oft der Slogan gebracht “Artgerecht ist nur die Freiheit”. Diesen Spruch teile ich absolut nicht. Man sieht hier in Deutschland schon anhand der Streunerkatzen, dass die Freiheit absolut nicht “artgerecht” ist. Eine verwilderte Hauskatze ist keine Wildkatze. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Inzest ist ein großes Problem in diesen Populationen und auch Krankheiten, Wunden durch Revierkämpfe und Verwahrlosung. Parasitenbefall kommt erschwerend dazu. Das ist kein “romantisch verklärtes freies Leben”. Ja, meine Katzen leben im goldenen Käfig. Aber in einer Stadt mit 40.000 Einwohnern und viel Verkehr ist Freigang einfach extrem gefährlich. Sie leben also auf 145 Quadratmetern und bekamen jetzt zusätzlich ein Außengehege mti circa. 20 Quadratmetern. Es ist nicht die “Freiheit”, aber sie sind beschützt.

Man kann auch Rinder, Schafe, Hühner etc nicht einfach “freilassen”. Sie benötigen Unterschlupf, Ställe, Fütterung. Sie sind von selbst nicht mehr in der Lage in der “Freiheit” zu überleben. Es sind keine Wildhühner mehr, die auf Bäumen schlafen und sich ihre Nahrung selbst suchen. Sie würden hierzulande ohne Stall innerhalb von Tagen vom Fuchs geholt werden. Auch Kühe und Schafe würden ohne menschliche Betreuung vermutlich keinen Winter überleben.

Es ist sowieso eine Utopie. Ich fürchte, die Menschheit wird in den nächsten Jahrzehnten in eine Dystopie schliddern. Man merkt es doch schon jetzt. In fast allen Weltreligionen nehmen die fundamentalistisch geprägten Strömungen zu. Nicht nur das. Trotz Bildung, Schulpflicht etc, gibt es immer mehr Anhänger von wirklich abstrusen Ideologien. Es glauben wieder viel zu viele Leute, dass die Erde eine Scheibe ist.

Ich sah vorgestern eine Dokumentation über rituelle Opferung zur “Sicherstellung guter Ernten” von Menschen im Moor. Diese “Sitte” war in ganz Nordeuropa verbreitet. Aber sind wir über 2000 Jahre später wirklich weiter gekommen?  Ich fürchte nicht. Es geht eher rückwärts. Frauen sind in erschreckend vielen Ländern der Welt auch im ausgehendem Jahr 2019 noch immer “weniger wert” und haben eingeschränkte Rechte. Es gibt immer noch Rassismus, Fremdenhass und religiösen Fanatismus. Wie wollen wir so den Speziesismus überwinden?

Vor einem Jahr dachte ich noch, dass wir in Sachen Tierrechte inzwischen auf einem Stand angelangt sind, wie wir es vor hundert Jahren in Sachen Frauenrechte waren. Aber inzwischen bin ich desillusioniert. Wenn wir es nicht einmal schaffen, dass sich Frauen überall auf der Welt gleichberechtigt und gleichgestellt entfalten können, wie kann ich dann erwarten, dass wir dieses Recht auch unseren tierischen Mitbewohnern einräumen?  Aber vielleicht ist das gerade das Problem, dass wir es als Utopie ansehen.

Ich hörte kürzlich dass es derzeit nur dystopische Zukunftsromane gibt. Anscheinend gibt es kein einziges Buch, dass eine positive Möglichkeit aufzeigt wie die Welt später ausschauen könnte, nur düstere Endzeitszenarien. Wenn dem so ist, wird es höchste Zeit dem entgegen zu steuern und sich eine heilere  und hellere futuristische Gegenwart vorzustellen.

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