Ich möchte abgeholt werden

Ich nehme an einem Seminar teil. Es geht schon eine ganze Weile, als eine Seminarteilnehmerin viel zu spät eintrifft. Sie entschuldigt sich in keiner Weise, setzt sich an ihren Platz und sagt zu dem Referenten “Ich habe den Anfang nicht mitbekommen und möchte abgeholt werden”.

Ich ermahne mich selbst: Bleib ruhig Margit, nicht Dein Zirkus, nicht Dein Affe. Geht Dich nix an. Doch innerlich schreit es in mir “Was denkt diese hohle Nuss sich eigentlich! Will den Seminarstoff von einer halben Stunde jetzt vorgekaut bekommen, während alle anderen warten müssen, bis es weitergeht. Wie unverschämt ist dass denn! Geht gar nicht!!!”

Zum Glück sagt der Seminarleiter freundlich aber bestimmt: “Wir müssen weitermachen um im Zeitplan zu bleiben. Den Stoff, den Sie bisher verpasst haben, können wir Ihnen nun wirklich nicht nochmal wiederholen”.

Sie sitzt beleidigt da und zieht einen Schmollmund. Oh, hat die Egomanin mal nicht bekommen, was sie wollte. Hat die Frechheit endlich mal nicht gesiegt!

Ich kenne die Frau nicht und hoffe, dass ich sie auch nie wieder sehen muss, was vermutlich auch nicht mehr geschehen wird.

Diese dreiste Trulla hat mich aber gelehrt, dass man es weit treiben kann, ohne das etwas passiert. Auch ich sollte ab und zu dreister sein und egoistischer. Ich neige dazu, meine Bedürfnisse immer hinten an zu stellen. Es sollte viel öfter “Margit first” heißen. Was ich will ist wichtig, was mir gefällt hat Vorrang, ich habe Gutes und Schönes verdient!

Limbo saved my life

Wir waren mit Freunden in der Nachbarstadt in einer Bar. Auf dem Tisch lagen Flyer, die einen bärtigen, weißhaarigen Mann mit einer Limbostange zeigten, darunter stand “Limbo saved my life”, sonst nichts. Wir fragten die Bedienung, was es damit auf sich hat und er sagte “Des isch so a Typ ausm Assozialaaaheim”. Wir verstanden zunächst nicht, was er meinte, bis wir die Karte umdrehten und erkannten, dass es eine Initiative des lokalen Obdachlosenheims war, ein Limbowettbewerb, durch den Obdachlose Spenden bekamen.

Der Kellner brachte unsere Getränke und als er weg war, wurde mir erst bewusst, was der gesagt hatte. Ich sagte zu meinen Freunden “Der hat nicht ernsthaft gerade Assozialenheim gesagt”, doch die Freunde bejahten dies. Ich hatte mich nicht verhört. Ich schaute die Karte nochmal an, wie der korpulente, behaarte Mann mit dem ellenlangen Rauschebart den Limbo tanzte und fing an zu lachen. Ich weiss selbst nicht mehr warum, aber ich bekam so einen Lachflash, dass ich nicht mehr aufhören konnte und Tränen lachte. Alle am Tisch lachten mit und selbst die umliegenden Tische. Zum Schluss lachte das gesamte Lokal.

Eigentlich war es echt traurig und absolut nichts zum lachen, aber die ganze Szene war so absurd und abstrus, dass das Beste, was wir tun konnten, lachen war.

Saufuniform

Es muss circa 2004 gewesen sein, als ich mit meiner Nichte auf dem lokalen Volksfest war und wir ein Pärchen in Dirndl und Sepplhose sahen. Die Frau hatte sogar Zöpfe geflochten. Jeder, einschließlich uns, mokierte sich darüber, dass wir hier doch nicht in München wären und das Volksfest nicht das Oktoberfest ist. Wir waren uns einig, dass wir sowas nicht nachmachen würden. Bereits 10 Jahre später hatten wir eine ansehnliche Sammlung an Dirndl im Schrank hängen. Das Volksfest geht schließlich vier Tage und man muss Auswahl haben. Vielleicht wird eines auch gleich eingesaut mit Wein oder Bier, wer weiß das schon.

Jedenfalls hat es sich schleichend eingebürgert, dass man Dirndl und Sepplhosen auch ausserhalb Bayerns zu Volksfesten trägt. Inzwischen ist es sogar so, dass die “Sauftracht” auch auf Weinfesten und Krämermärkten Einzug hielt. Das Dirndl bei Frauen und die Sepplhose mit kariertem Hemd bei Männern wurde zur “Trinkuniform” und wir sind fleißig dabei.

Früher dachte ich immer, ein Dirndl würde mir nie stehen, weil ich ganz sicher keine “Dirndlfigur” hätte, aber ich fand Modelle, die mir super stehen. Derzeit habe ich vier Modelle, von schlicht bis zu prinzessinnenhaftem Glitzer. Der Schmuck kommt noch on Top. Ketten mit Brezelanhänger, Blumenhaarkränze, Ohrringe in Bierkrugform, Gürtel mit Blüten aufgestickt. Natürlich dazu passende Handtäschlein und Jäckchen mit Trachtenknöpfen und Edelweiss-Stickereien.

Ich mag meine Saufunifo… ähm meine Dirndlkollektion. Ich werde auch über neue Trends nicht wieder vorschnell urteilen. Vielleicht mache ich sie doch irgendwann mit. Sag niemals nie!

JGA

Ich habe noch was Positives am Altern gefunden: Man wird seltener auf Jungessellinnenabschiede eingeladen.

Auf den Wenigen, auf denen ich bisher war (zur Erinnerung: Ich bin so alt, in jüngeren Jahren war das noch nicht “in”), war es ganz ok, aber wenn ich das so höre, was da teilweise veranstaltet wird ist das schon grotesk. Ein Wochenende auf Malle, einige Tage im Wellnesscenter, eine Party auf ner Jacht. Inklusive mit Namen bestickter Bademäntel.

Ich bin vor 16 Jahren mit meinen Freundinnen und meiner Nichte griechisch Essen gegangen und danach waren wir noch in einem Provinzclub tanzen. Wir hatten aber tatsächlich rosa T-Shirts gedruckt mit Pinky & Brain drauf und ich bekam ein Diadem aufgesetzt. Heute habe ich mit niemand mehr näheren Kontakt, ausser natürlich mit meiner Nichte und einer einzigen Freundin. Meine beste Freundin von damals starb 2015, eine zog nach Asien, eine andere bekam Kinder und der Kontakt schlief dadurch ein, eine andere sehe ich sporadisch noch, aber wir sind nicht mehr befreundet, mit einer schreibe ich noch gelegentlich auf WhatsApp.

Es war eine schöne Zeit und die Menschen teilten einen bestimmten Lebensabschnitt mit mir und das ist ok so. Ich wünsche ihnen nur das Allerbeste. Wir hatten auch nie Streit oder so, wir haben einfach den Kontakt schleifen lassen oder die Voraussetzungen für eine enge Freundschaft waren nicht mehr gegeben.

Anbei noch ein Bild von diesem Tag:

JGA Margit 2008 002

Gott war ich damals hübsch und hatte dieselben Selbstzweifel wie immer noch. Was bin ich blöd!

Da fällt mir ein, dass kurze Zeit darauf, der JGA einer der damaligen Freundinnen war. Wir fuhren mit dem Zug nach Stuttgart und auch sie bekam eine Krone aufgesetzt. Als wir in der Königsstrasse ankamen, wurde sie von einem betrunkenen Penner angepöbelt mit “Du schaust voll lächerlich aus mit Deinem Kopfschmuck, was soll das eigentlich darstellen? Du bist voll peinlich!”. Danach war der Tag für die Braut gelaufen. Wir gaben das mit dem JGA auf und gingen einfach shoppen.

Vor vier Jahren war ich zuletzt auf einen JGA eingeladen. Jedoch sagte ich mit einer Notlüge ab. Ich hatte auf einen Teil der eingeladenen Leute und auf die Veranstalter keinen Bock. Das ist auch ein Vorteil am älter werden. Man kann auf sich hören und Veranstaltungen absagen, an denen man nicht teilnehmen möchte. Früher hätte ich mich hin gezwungen. So nach dem Motto “Das kann man doch nicht bringen, nicht hin zu gehen”. Doch kann man. Nichts ist passiert, die Erde dreht sich noch immer. Die Braut hatte auch ohne mich einen schönen Tag. Auch hier gilt: Tu was Du willst, solange Du niemand damit schadest!

Es ist mal wieder Zeit für eine aberwitzige Story

Ich hatte mal einen echt guten Kumpel, mit dem ich öfter Essen ging. Ich mochte den echt gern, nur mochte er mich leider auf andere Art, wie ich ihn. Er war liiert und seine Frau mega eifersüchtig auf jedes weibliche Wesen in seinem Umfeld, aber ganz speziell auf mich.

Wir waren wieder mal beim Asiaten essen und unterhielten uns, als ich aus dem Augenwinkel heraus sah, dass seine Frau zum Fenster des Restaurants herein schaute. Als sie sah, dass ich sie gesehen hatte, duckte sie sich. Ich sprach meinen Kumpel darauf an. Er glaubte es zuerst nicht, bis er den Haarschopf seiner Frau ebenfalls am Fenster sah.

Er ging raus und sie unterhielten sich auf dem Gehweg vor dem Lokal. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber dem Gefuchtel der Arme nach, war es eine handfeste Diskussion. Ich fühlte mich sehr unwohl. Irgendwann ging sie und er kam zurück an den Tisch.

Er wollte nicht über das Geschehene reden und ich beließ es dabei. Wir unterhielten uns wieder, aber es war schon deutlich seltsamer als zuvor. Der Kellner kam und wir zahlten. Der Kumpel machte seinen Geldbeutel auf und ich sah, wie dort in diesem Klarsichtfach ein Bild von mir war. Ich sprach ihn darauf an und er druckste etwas herum, dass er das als eine Art Talisman mit sich herumtragen würde.

Ich fühlte mich noch unwohler und sagte ihm, dass ich die Eifersucht seiner Frau echt verstehen könne, wenn er ein Bild von mir anstatt ihr in seinem Geldbeutel herumträgt. Es wurde dann echt schräg und ich und er hatten danach viele Jahre keinen Kontakt mehr.

In jüngeren Jahren erlebte ich öfter ähnliche Szenen. Einmal sprach mich auf einem Fest ein mir völlig Unbekannter an, dass er mich schon beobachten würde, seit ich ein Teenager wäre und er darauf hoffen würde, dass ich Single werden würde. Ein Anderer war so obsessiv in mich verknallt, dass es mir echt richtig unheimlich wurde. Er schickte mir ernsthaft mal eine schwarze Orchidee per Post, eingewickelt in ein schwarzes Tuch. Das hat mir echt Angst gemacht und ich sagte ihm, dass er mich in Ruhe lassen soll. Von dem hab ich zum Glück schon 20 Jahre nichts mehr gehört und will auch nie wieder was von dem hören oder sehen.

Irgendwas muss ich früher an mir gehabt haben, dass ich sowas anzog. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Ich bin “unsichtbarer” geworden. Das ist eines der wenigen Vorteile am Altern. Man wird für obsessive Verehrer uninteressant, was gut ist. Das vermisse ich echt nicht.

Familienzuwachs

Seit fast 5 Wochen wohnen diese beiden Schätze bei uns. Noch nicht alle “Geschwister” sind vom Familienzuwachs begeistert, aber es wird Woche für Woche etwas gechillter im Haus. Wir haben nun also 5 Katzen. Auch diese Beiden sind wieder “Second Hand” Katzen und fast 5 Jahre alt.

Es kamen so Fragen wie “Weshalb adoptiert Ihr so viele Katzen?”. Tja, weil wir selbst keine Katzen bekommen können, müssen wir sie adoptieren, hahahaha.

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Warum muss das so heißen?

Wir unterhalten uns nett mit neuen Bekannten. Wir kommen – wie immer – unweigerlich auf das Thema vegan. Die Bekannten äußern, dass sie sich daran stören, dass vegane Produkte, wie die “Echten” heißen. Also zum Beispiel vegane Currywurst, veganes Schnitzel. Ich frage sie, was sie damit für ein Problem haben. Sie wissen es nicht so recht. Es fallen Sätze wie “Ich verstehe nicht, warum das so heißen muss wie das ‘Echte’, warum kann das nicht anders heißen” und “Wenn ich eine Currywurst will, dann will ich eine ‘Richtige’.

Es wird doch niemand gezwungen die pflanzlichen Alternativen zu essen. Wie sollte man es denn vermarkten, wenn man es nicht, wie das “Original” benennen dürfte? “Produkte auf Erbsen/Soja/Tempeh/ Seitan etc Basis an Currysoße klingt etwas sperrig.

Dann müssten die tierischen Produkte aber auch umbenannt werden. Dann wäre eine Currywurst “zerstückelte Leichenteile eines fühlenden Lebewesens in dessen Darm gestopft” mit Currysoße. Nicht so prickelnd, gell.

Bei Milch ist es ja schon lange so, dass pflanzliche Milchalternativen nur “Drink” oder so ähnlich genannt werden dürfen, aber keinesfalls Milch. Wenn man hier ehrlich wäre, müsste “richtige” Milch “Eutersekret einer artfremden Spezies, die für deren Kinder bestimmt war, die wir Menschen ihnen aber weggenommen haben um die Kinder mit spätestens 5 Monaten zu schlachten wenn sie männlich sind und oder jahrelang auszubeuten, wenn sie weiblich sind”.

Es kam noch das Argument vom “humanen” Schlachten auf der Wiese. Eine Kuh ist sehr sozial und pflegt viele Freundschaften. Als ob das die anderen Kühe nicht mitbekommen würden, wenn eines ihrer Mitglieder aus der Herde gerissen wird und unter ihnen getötet wird. Das ist alles andere als human. Es gibt kein humanes Schlachten. Einem Lebewesen wird das Leben genommen. Es will nicht weit weit weit vor seiner Zeit sterben!

Ich kenne persönlich einen Mann, der tut für seine Rinder alles. An Silvester schläft er bei ihnen im Stall, damit sie keine Angst haben, er striegelt sie täglich, er redet immer mit ihnen. Er gibt ihnen Namen und sie bekommen nur das beste Heu / Gras und können aus dem Stall raus und rein gehen auf die Weide, wie sie wollen. Sie werden nie angebunden. Es geht ihnen dort echt richtig gut. Tja, bis die Kühltruhe leer ist und er eines von ihnen zum Tode verurteilt. Er geht sogar mit ihnen den “letzten Gang” und ist beim Metzger “bis zum Ende” dabei.

Das finde ich fast noch schlimmer. Die Tiere vertrauen ihm, lieben ihn wahrscheinlich und dann verrät er sie und lässt sie töten. Er hat sogar selbst zugegeben, dass sie spüren, was passieren wird, wenn er mit ihnen den “Metzgersgang” geht. Sie haben Todesangst. Das ist auch beim scheinbar “humanen” Schlachten auf der Weide so.

Wisst Ihr was das Allerschlimmste daran ist, vegan zu Leben? Dass sich die Meisten keine Gedanken darüber machen, was mit den Tieren geschieht. Es ist ihnen egal, dass sie ausgebeutet und getötet werden. Es wird sich dann herausgeredet mit besagtem “humanen Schlachten” oder “Wir essen nur ganz wenig Fleisch und wenn, dann vom Metzger des Vertrauens”. Selbst wenn sie glauben das zu tun, essen sie noch immer genug Produkte aus der Massentierhaltung. Sei es in Süssigkeiten oder Gebäck etc. In diesen Produkten sind ganz sicher nicht nur Biomilch und Bioeier verwendet worden.

Manchmal ertrage ich das nicht mehr. All die Ausreden und fadenscheinigen Ausflüchte, weshalb man nicht auf Tierleid verzichten kann. Man könnte, aber will nicht. Dann wäre es ehrlicher zu sagen “Ich habe keinen Bock mein Leben für Tiere umzukrempeln, weil die mir egal sind. Ich will mich nicht verändern und meinen Lebensstil auch nicht, weil es ‘nur’ Tiere sind und der Mensch sie schon immer ausgebeutet und getötet hat und deswegen ist es mir auch im wahrsten Sinne des Wortes Wurscht was mit denen geschieht”.