Es sind die kleinen Ticks und vermeintlichen “Schwächen”, die uns sympathisch machen. Die Versprecher und tollpatschiges Verhalten, ein zu schrilles Lachen, nicht perfekte Umgangsformen oder schrullige Marotten.
Ich mag es sehr, dass sich eine meiner Freundinnen immer einsaut. Sie kann nichts essen, ohne zu kleckern. Eine andere Freundin spricht Wörter seltsam aus. Sie spricht Beeren immer aus wie Bären und das englische Wort für Insel spricht sie immer aus, wie das englische Wort für Island. Meine Tochter ist mega tollpatschig veranlagt und mein Mann pflegt zu sagen “Ganz die Mama”. Wir sind tatsächlich schon mal beide aus dem Bett gefallen, weil wir uns zu weit nach aussen gedreht hatten. Ich stolpere oft und viel durch die Gegend auf meinen langen Storchbeinen. Unser Sohn Yoshi sieht glaube ich schlecht. Er hat auch einen leichten Silberblick. Manchmal sieht er die Leckerli glaub nicht, sondern riecht sie eher. Deswegen mögen wir ihn nicht weniger, im Gegenteil. Auch unser Muffin ist so unglaublich süss mit seinen X-Beinchen. Ich mag es, das eine meiner Freundinnen es faustdick hinter den Ohren hat, man es ihr aber niemals zutraut. Sie sieht unschuldig und total süss aus, hat aber mal zum Schrottwichteln einen Porno mit gebracht, was alle anderen Teilnehmer nachhaltig verstört hat. Das hätte man vermutlich jeder anderen Person zugetraut nur ihr nicht. Sie sass einfach nur da wie eine Sphinx und hat in sich rein gegrinst, während allen anderen am Tisch die Kinnlade runterfiel. Meine langjährigste Freundin neigt dazu, immer von Haushaltsaktivitäten zu reden, wenn sie sehr unglücklich ist. Sie redet dann vom waschen, bügeln, putzen und ich weiss dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass eine ihrer Beziehungen zu Ende geht. Wenn sie glücklich ist, redet sie nicht von solchen Dingen. Das ist ihr vermutlich selbst noch nie aufgefallen. Ich selbst habe den Hang, seltsame – wirklich mega seltsame – Menschen anzuziehen, wie Motten das Licht. Egal ob im Bus, beim Einkaufen oder wo auch immer. Ich ziehe die Waldschrats, Exzentriker, seltsamen Trullas, komischen Käuze dieser Welt an. Immer. Schon seit Urzeiten. Erst am Freitag wurde ich in der nächstgelegenen Großstadt von einem Mann mit nacktem Oberkörper eingeladen, ob ich eine Flasche Schnaps mit ihm trinken will. Ich habe das Angebot nett und höflich abgelehnt. Dennoch sind es gerade diese Eigenarten, die auch mich ausmachen. Diese Anziehung von seltsamen Gestalten mag nicht perfekt sein, sorgt aber immer wieder für Erheiterung im Familien- und Freundeskreis.
Perfektionismus ist sowieso unerreichbar und wer es versucht, ist mega langweilig. Ich mag Menschen, die “Originale” sind. Damit meine ich nicht die narzistischen Egomanen, die nur das tun, was sie wollen, ohne Rücksicht auf Verluste, sondern richtig originelle Menschen. Urgesteine mit liebenswerten (!!!) Schrullen und Macken. Es leben die Kleckereien, die Versprecher, Verstolperer, die versehentlichen Rülpser, die Anziehung seltsamer Gestalten, die Icelands und Islands, die Brombären, Erdbären, Himbären, Stachelbären und Johannisbären. All die süssen Ticks und Macken, die uns menschlich und sympathisch machen.