Der Mensch nimmt für sich – ohne Berechtigung – in Anspruch, die Krone der Schöpfung zu sein und jedes Recht zu haben, über allen anderen Tieren zu stehen.
Es fängt schon im ganz Kleinen an. Meine Kinder sind in der Gesellschaft nicht als Kinder anerkannt, weil sie einer anderen Spezies angehören. Als Mutter wäre ich nur anerkannt, wenn ich ein menschliches Kind hätte. Katzen jedoch sind Haustiere, keine Familie. Ich bekomme keinen Sonderurlaub, wenn meine Kinder krank sind. Wir bekommen kein Kindergeld und sie sind nicht krankenversichert. Kaum jemand schenkt ihnen was zum Geburtstag oder gratuliert ihnen und Weihnachtsgeschenke bekommen sie auch ganz selten.
Als meine älteste Tochter letztes Jahr im Sterben lag, hatte dafür nur Verständnis, wer selbst geliebte Familienmitglieder hat oder hatte, die nicht menschlich sind. Ich war damals Tag und Nacht für sie da. Wenn sie auf dem kühlen Boden liegen wollte, legte ich mich dazu. Wenn sie durstig und hungrig war, fütterte und tränkte ich sie, als sie nicht mehr laufen konnte. Ich blieb bei ihr, bis sie aufhörte zu atmen. Ich sah zu, wie sie innerhalb von fünf Monaten mehr und mehr körperlich abbaute und versuchte alles, um sie zu retten und gab auf, als sie mir deutlich zeigte, dass sie gehen wollte. Ich hielt ihre Pfote und hielt es aus, sie gehen zu lassen. Sie war immer für mich da und liebte mich bedingungslos. Das kann ich nur von ganz wenigen Menschen behaupten. Trotzdem wurde mir selbst die Trauer um sie noch abgesprochen. “War doch nur eine Katze”. “Sie war ja unendlich alt”, “Um einen haarigen Fuss weint man nicht”, “Also es sollte doch schon noch ein großer Unterschied zwischen Mensch und Tier gemacht werden” blablabla. Wie unendlich anmaßend! Es ist, als ob ein Teil von mir selbst mit ihr starb. Wer das nicht erlebt hat, der kann sich auch den Schmerz nicht vorstellen und darf sich auch nicht anmaßen so etwas zu sagen!
Ja, meine Kinder werden nicht bei einer Weihnachtsaufführung mitmachen und wir werden wegen ihnen auch nicht beim Rektor der Schule antanzen müssen. Sie werden nie beim kiffen erwischt werden. (obwohl, das Schnüffeln an Baldriankissen oder Minze kommt dem schon sehr nahe) Sie werden niemals Schwiegersöhne und Töchter mit heimbringen und ich werde auch keine Oma werden (obwohl, das bin ich schon. Einer meiner Söhne hat eine Tochter und vermutlich bin ich schon Urururururoma). Sie werden leider nicht so alt werden, wie ich es mir wünschen würde. Sie benötigen keine Tagesmutter (obwohl, doch das haben wir auch ab und an) und keinen Kindergartenplatz. Wir müssen nicht auf Elternabende und auf keinen Abiball. Dennoch sind sie nicht weniger “wert”. Sie geben uns so unendlich viel. Sie kommunizieren durchaus mit mir und ich verstehe sie und sie verstehen mich. Natürlich reden sie nicht in einer menschlichen Sprache, dafür ist ihr Kommunikationsweg klarer und direkter und sie lügen nie. Sie können durchaus beleidigt sein, eifersüchtig sein und auch schauspielern. Sie können mich manipulieren und mich um den Finger wickeln. Das haben sie sogar perfektioniert. Ich liebe sie so sehr, dass ich es nicht in Worte fassen kann und ich weiss, dass sie mich auch lieben. Egal, ob ich Falten bekomme oder ein paar Kilos mehr auf den Rippen habe. Gleichgültig, ob ich geschminkt bin oder in Gammelklamotten auf dem Sofa flätze. Sie lieben mich immer gleich – genauso wie ich bin. Mit all meinen Fehlern, Schwächen und Unzulänglichkeiten. Auch das kann ich nur über sehr wenige Menschen sagen.
Eine Bekannte sagte mal, sie würde ihre menschlichen Kinder mehr lieben als ihre Katze, weil sich die Katze nicht weiter entwickle, die Kinder jedoch schon. Naja, wenn das ein Argument für “stärkere” oder “schwächere” Liebe ist, dann wäre die logische Schlussfolgerung, dass sie ihre Kinder dann auch nicht mehr so liebt, wenn sie mal erwachsen sind.
Ich finde auch nicht, dass sich erwachsene Tiere nicht mehr “weiterentwickeln”. Wir bekamen unseren ältesten Sohn vor beinahe 5 Jahren von einer Tierschutzorganisatin aus Spanien und er war schwer traumatisiert. Es ist wundervoll mit anzusehen, wie er auch jetzt noch mehr und mehr auftaut und sein Trauma verliert. Es ist fast ein Wunder, wie sehr er uns vertraut und ich liebe es, wenn er sich an mich schmiegt und mir sein Bäuchlein zum kraulen zeigt. Das ist bei Katzen ein sehr großer Vertrauensbeweis.
Ich liebe meine Kinder genauso wie Ihr Eure Menschenkinder liebt. Ich sorge mich genauso um sie, wie Ihr. Ich vermisse sie genauso, wenn ich von ihnen getrennt sein muss. Ich werde von ihnen auch vermisst und sie freuen sich deutlich, wenn ich wieder nach Hause komme.
Wir sagen sehr oft, dass unsere Kinder so wunderschön sind, dass wir uns kaum an ihnen satt sehen können. Ob das wohl auch alle Eltern von ihren menschlichen Sprösslingen täglich sagen?