Die Geschichte, die ich jetzt erzähle, hat sich schon am Wochenende ereignet. Sie hat mir emotional so zu gesetzt, dass ich erst heute darüber schreiben kann.
Am Sonntag fuhren wir von einer Familienfeier nach Hause und fanden eine offensichtlich verletzte Ente mitten auf der Straße sitzend. Der Ort, wo wir die Ente fanden, ist ein kleiner Weiler mit nur wenigen Häusern, wie es sie im ländlichen Süddeutschland recht häufig gibt.
Die Autos vor uns fuhren um die Ente herum, aber keiner ausser uns hielt an. Als ich ausstieg und das Entlein auf den Arm nahm, fuhren die Autos langsam an uns vorbei und schauten neugierig, was ich da mache.
Ich lief auf das Haus zu, vor dem wir das Unfallopfer gefunden hatten. Sie blutete und es sah aus, als ob ihr ein Organ hinten aus dem Körper heraushängen würde. Sie war schwer verletzt, das sahen wir sofort. Es war leider niemand Zuhause und ich setzte das federleichte Wesen vorsichtig auf den Rasen vor dem Haus. Sie gab kein Geräusch von sich, bewegte sich auch kaum. Nur den Kopf streckte sie noch tapfer nach oben.
Mein Mann hatte inzwischen einen Mann und eine Frau gefunden, die auf dem Hof ihre Pferde untergestellt haben. Ich hatte in der Zwischenzeit versucht, herauszufinden, welcher Tierarzt an Ostern Notdienst hat. Wurde jedoch nicht fündig.
Wir zeigten den Beiden das verletzte Tier und fragten, ob sie wüssten, zu wem sie gehört. Die Frau kannte tatsächlich die Familie und rief sie gleich per Handy an und informierte sie über den Unfall. Der Mann fragte mich, was ich jetzt vor hätte und ich sagte, dass ich die Ente zum Tierarzt bringen will. Darauf sagte er “Das ist doch rausgeschmissenes Geld, die wird eh nimmer. Die ist überfahren worden. Das rentiert sich doch nicht, die behandeln zu lassen”. Ich sagte ihm “Das sehe ich anders!”
Genau daran krankt unsere Gesellschaft! Es “rentiert” sich nicht, ein Leben zu retten. Die Behandlung der Ente würde den “Warenwert” bei weitem übersteigen. Ich denke jedoch, dass jedes Leben zählt und viel mehr wert ist als Geld!
Das Entlein hat leider nicht überlebt. Ich fühle mich hilflos, weil ich ihr nicht helfen konnte. Die Familie, wo sie lebte, sind sehr tierliebe Menschen. Vermutlich vermissen Sie die Kleine. Sie kennen bestimmt alle ihre Enten mit Namen. Vielleicht haben sie sie beerdigt. Es war ein Unfall und niemand von uns konnte etwas dagegen tun. Ich hoffe, dass das Entlein geliebt wurde. Mit Sicherheit hatte sie ein Leben in Freiheit, auch wenn ihr diese zum Verhängnis wurde.