Artgerecht ist nur die Freiheit?

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Dieses wundervolle Zauberwesen zog heute genau vor zwei Jahren bei uns ein. Er hat einen Nierenschaden und benötigt täglich Spezialfutter und Medikamente.  Ja, er verursacht Kosten und wir verzichten dafür gerne auf so manchen Urlaub. Ihn zu adoptieren war eine der besten Entscheidungen, die wir je getroffen haben. Er lebte 5 oder 6 Jahre auf der Strasse, bis er angeschossen wurde. Eine der Diabolokugeln war im Maul und konnte entfernt werden. Zwei im Bauchraum hat er noch drin und das heißt für uns, regelmässige Ultraschallkontrollen, ob die Teile wandern und auch regelmässige Blutkontrollen, bezüglich des Bleigehalts.

Wir könnten ihn nicht als Freigänger halten, selbst wenn wir wollten. Damit könnten wir nicht mehr die lebenswichtige Gabe der Medikamente und des Spezialfutters sicher stellen. Er hat auch niemals Anstalten gemacht, raus zu wollen. Er ist glücklich, wenn er mit seinen Geschwistern kuscheln und schmusen kann und natürlich mit uns Zweibeinern. Er hätte draussen nur eine sehr kurze Lebenszeit. So jedoch hat er Aussicht auf noch viele Jahre des Wohlbefindens.

Viele Tierrechtler und Tierschützer stellen sich “freie Katzen und Hunde” wildromantisch vor. Ich habe hier schon öfter was zu dem Thema geschrieben und es kann sein, dass ich mich wiederhole, aber ich muss das los werden. Wir reden hier von domestizierten Tieren. Nicht von einer Waldkatze, sondern von Hauskatzen. Streuner sind verwilderte Hauskatzen. Das ist etwas gänzlich anderes. Ich habe früher selbst mit zwei sehr lieben Menschen zusammen Katzen auf einem großen Industriegelände mit einer Lebendfalle eingefangen um sie kastrieren und ärztlich versorgen zu lassen. Die meisten Tiere waren dort entweder ausgesetzt worden oder von umliegenden Gehöften zugewandert, in der Hoffnung, dort Nahrung zu finden. Es war nicht wildromantisch. Die meisten Kater hatten Verletzungen von Kämpfen, die Weibchen wurden oft schon schwanger, wenn sie selbst noch Kinder waren. Inzest war ein großes Problem. Wir brauchten fast 2 Jahre, bis wir alle Katzen kastriert und versorgt hatten und es war ein Fass ohne Boden, den es kamen immer neue dazu. Viele der Landwirte, die zwei Kilometer entfernt ihre Höfe hatten waren uneinsichtig und ließen “ihre” Tiere nicht kastrieren. Selbst nicht, als wir anboten, die Kosten zu übernehmen. Sie argumentierten damit, dass die naheliegende Bundesstraße eine Überpopulation immer “von selbst regeln würde”.

Ich wiederhole mich ungern, aber es ist bei ausgesetzten Hauskatzen so, wie wenn man mich irgendwo zum Beispiel im Amazonasgebiet, fernab jeglicher Zivilisation aussetzen würde. Im besten Fall würde ich ein paar Monate mehr schlecht als recht überleben, aber vermutlich wären es höchstens ein paar Wochen, wahrscheinlich nur wenige Tage. Auch ein Hausschwein, würde in der Natur nicht ohne menschliche Hilfe überleben, ganz im Gegensatz zu einem Wildschwein.

Wenn wir mal irgendwann eine (bis jetzt noch recht utopische) Zukunft haben, in der alle Tiere als “nicht menschliche Personen” anerkannt sind mit allen dazu gehörenden Persönlichkeitsrechten, dann kann man die Rinder, Schafe, Schweine, Ziegen, Hühner nicht einfach “sich selbst überlassen”. Sie würden nicht lange überleben. Ich bin keine Biologin, ich kann nicht einschätzen, wie lange es dauern würde, bis die ganzen überzüchteten Rassen sich irgendwann wieder zurück entwickelt hätten, so dass sie wieder ohne menschliche Hilfe leben könnten. Wir sprechen hier von Jahrhunderten und Jahrtausenden der Domestizierung. Ich fürchte, wir werden in dieser möglichen Zukunft noch lange auf Lebenshöfe angewiesen sein.

Das gleiche Problem haben die Tierrechtler in Argentinien mit der Schimpansin Sandra. Sie wurde in den 80er Jahren in einem deutschen Zoo geboren und bekam 2014 gerichtlich den Status einer Person zugesprochen. Aber was nun? Auswildern nach so vielen Jahren der Gefangenschaft ist beinahe unmöglich. Es ist ein Dilemma. Ein größerer Wildpark mit Artgenossen könnte vielleicht eine Lösung sein. Die “Freiheit” wäre mit großer Wahrscheinlichkeit ihr Todesurteil.

Freunde von mir haben einen Gnadenhof. Die Tiere sind dort glücklich, das sieht man. Klar, sie sind eingezäunt und nicht “frei”, aber sie sind auch beschützt, weil sie eben “frei” nicht lange überleben würden. Ich finde Gnaden- (wobei ich den Ausdruck echt nicht mag) und Lebenshöfe eine gute Lösung.  Genauso wie Familien, in der Hunde und Katzen, Kaninchen etc als geliebte Familienmitglieder leben.

Wer die “Freiheit” für domestizierte Tiere fordert, soll mal in ein südliches Land reisen und schauen, wie dort die ausgesetzten Tiere eher vegetieren als leben. Aber so weit braucht man gar nicht gehen. Einfach mal bei einer größeren Firma fragen, ob die Streunerkatzen haben. Werden sie in den meisten Fällen haben. Dann schauen, wie die Katzen ausschauen und sich dann die Frage stellen, ob man immer noch die “Freiheit” fordert.

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