Manchmal überkommt mich das untrügliche Gefühl, anders zu sein, als die Anderen. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an.
Es ist Winter und hat – 5C°. Viele meiner Kolleginnen tragen nichts desto trotz Pumps oder Ballerinas mit dünnen Feinstrümpfen. Ich trage warm gefütterte Winterstiefel, habe die Heizung auf 4 gedreht und friere noch immer, obwohl ich in den Stiefeln natürlich noch dicke Socken trage. Trotzdem sind meine Zehen eiskalt.
Im Sommer kann ich ohne Probleme bei + 30C° im Schatten in eine Decke gewickelt am See sitzen und mich fröstelt es noch immer leicht, während alle anderen um mich herum in ihrem eigenen Sud braten.
Letztes Jahr war ich einige Tage in London. Eine großartige Stadt! Mir fiel auf, dass die Engländerinnen keine Jahreszeiten zu kennen scheinen. Man erkannte die Festlandtouris sofort an den Winterjacken und Stiefeln. Die Engländerinnen trugen teilweise Hotpants und Sandalen. Es war Ende Januar. Natürlich ist das Inselklima milder, aber so mild nun auch wieder nicht. Besteht etwa ein Zusammenhang zwischen der leichten Bekleidung und den Hinweisen in allen WC`s, bei Anzeichen einer Blasenentzündung einen Arzt auf zu suchen? Ich denke schon. So einen Hinweis habe ich in Deutschland zumindest noch nie irgendwo gesehen, in London jedoch an jeder Ecke.
Vor 2 Jahren war ich ein paar Wochen in den Staaten. Auch hier bin ich wieder absolut unnormal. Es war interessant, einen Teil des Landes mal zu sehen und auch New York war einen Besuch wert, aber nochmal möchte ich glaub nicht wieder hin. Wenn ich eine Reise in eine Metropole gewinnen würde und wählen könnte zwischen New York und London, würde ich auf jeden Fall London wählen.
Ich glaube, wenn mich in New York auch nur noch ein einziger Mensch mit „hey guys how are you“ angesprochen hätte, hätte ich womöglich meine gute Kinderstube vergessen und ihm ein gepflegtes „fuck you“ entgegnet.
Nein, New York war nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nicht so, wie ich es aus Gossip Girl und SatC kannte… dort liegen keine Drogenabhängigen vor den U-Bahneingängen. Dort sieht man keine Kriegsveteranen mit fehlenden Gliedmaßen auf der 5th Avenue betteln und es wird keiner angeschrien, wenn man den Bettlern was gibt (ist mir tatsächlich passiert!). Es war in der Realität nicht annähernd so cool und glamourös, wie es einem die Filme immer weiß machen wollen.
Die Vororte von London waren auch total herunter gekommen und mit Sicherheit soziale Brennpunkte. Trotzdem versprüht die Stadt mehr den Charme einer kultivierten Weltstadt. Ich habe noch nie so viele gestylte, individuelle Menschen gesehen, wie in der Tube. Ich liebte es, einfach nur da zu sitzen und die Leute zu beobachten. In New York sahen die Leute auch nicht anders aus, wie in der kleinen deutschen Provinzstadt, in der ich wohne. Eher weniger trendy und weniger gestylt… weniger individuell…
Auch essenstechnisch tat ich mich in London als Veganerin leichter, dem Rinderwahn sei gedankt. Es gab überall etwas für mich zu essen und noch dazu in sehr großer Auswahl. Wenn ich noch länger in den Staaten geblieben wäre, hätte ich vermutlich bald an Skorbut gelitten. In New York gab es zwar viele Delis und auch koschere Läden mit Hummus und Falafeln, aber alles doch sehr hochpreisig, trotz des damals sehr günstigen Umrechnungskurses. Ich fand die USA nicht so toll. Immer wenn ich das jemand sage, werde ich schräg angeschaut. Jeder findet doch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten toll. Ich fand es oberflächlich, voll der Verschwendung, zu viel Müll produzierend und nicht sehr gastfreundlich.
Vielleicht schaue ich mir irgendwann mal noch Florida an, Las Vegas, oder Kalifornien. Aber in naher Zukunft zieht es mich nicht mehr dort hin. Es muss erst etwas Zeit zum Vergessen ins Land ziehen. Vergessen der 1000 Kontrollen am Flughafen, oder wann immer man etwas besichtigen will. Den Nacktscanner am Flughafen, die unverständlichen Verkäufer, die einen an den eigenen Englischkenntnissen zweifeln lassen und zu guter letzt die Supermärkte, in denen es nur Tiefkühlfertigfraß gibt und wo Obst und Gemüse Fremdwörter sind. Am Flughafen Gatwick wurde ich höflich gefragt, ob man meine Weleda Augentropfen denn bitte untersuchen dürfte. Welch ein angenehmer Unterschied.
Ich mag auch keine Musicals. Mich nervt es, wenn die immer singen. Ist ja wie bei Disney. Nein, ganz und gar nicht mein Ding. Ich mag auch kein Theater und auch keine akrobatischen Vorführungen à la Circ de Soleil. Langweilig. Ich kann nichts dafür, es reist mich einfach nicht vom Hocker. Ich hoffe, dass nie jemand auf die Idee kommt mir Eintrittskarten für sowas zu schenken. Es wäre eine Qual für mich.
Vielleicht bin ich keine normale Frau. Ich mag auch keine Blumensträuße. Diese Dinger haben für mich was morbides an sich und ich finde sie gruselig. Ich hasse Clowns oder sonstige Slapstick Vorführungen. Ich mochte schon als Kind Dick & Doof nicht.
Die meisten Museen finde ich ebenfalls langweilig. Es sei denn, es handelt sich um Ausstellungen von mindestens 2000 Jahre altem Bauschutt. Alles was neuer ist, ist uninteressant.
Allerdings mag ich auch keine Rockkonzerte oder Festivals. Nicht ohne Grund nennen mich meine Freunde oft Adriana Monk. Ich habe einen klitzekleinen Waschzwang und muss immer ein sauberes WC in der Nähe haben. Ich mochte auch schon als Teenager keine Camping Ausflüge oder Open Air Veranstaltungen mit Dixieklos. Ich war schon immer etwas Etepetete. Heute ist mir ein gewisser Komfort wichtiger den je. Eine Flasche Sterilium habe ich immer in der Handtasche, für den Fall, dass mir Leute die Hand schütteln, die ich nicht leiden kann und kein Waschbecken ist in der Nähe. Oder Leute, von denen ich weiss, dass sie es mit der Körperhygiene nicht so genau nehmen. Aber egal, ob Unsymphaten oder kleine Dreckschweinchen, die eigentlich ganz nett sind, der Ekelfaktor bleibt gleich und ich muss meine Hände immer mit Desinfektionsgel reinigen. Das ist auch der Grund, weshalb meine Hände immer sehr trocken sind. Ich weiß, dass es eine neurotische Störung ist, aber ich kann nichts dagegen tun und vermutlich wäre auch ein Psychologe jahrelang damit beschäftigt, meine Marotten aus zu merzen.
Faschingsumzüge sind auch ganz weit oben auf meiner No Go Liste. Jedes Jahr der gleiche Affenzirkus und Tausende rennen hin, stehen sich die Füße in der Kälte platt und werden dann auch noch mit halbvergammelten Fischen beworfen und mit grenzdebilen Liedern beschallt wie „Frau Maier, Frau Maier hat gelbe Unterhosen an, mit roten Mascherln dran“.
Mein Gatte zog mich vor kurzem etwas auf und meinte, ich würde doch so gerne Frauenfilme schauen. Es war natürlich ein Scherz. Er weiß sehr wohl, dass ich die Krätze bekomme bei Rosamunde Pilcher oder Nikolas Sparks. Was ich mag und was vielleicht noch als Frauenfilme durchgehen könnte, sind Filme wie „10 Dinge, die ich an Dir hasse“, „ wie werde ich ihn los in 10 Tagen“, „und dann kam Polly“ oder „30 über Nacht“. Ansonsten stehe ich eher auf Paul, Underworld, Blade Trinity, Man in Black 1 und 3, die Glücksritter, das Leben des Brian , die Besucher und Zurück in die Zukunft 1 und 3.
Höchstwahrscheinlich bin ich echt abnormal, aber eigentlich lässt es sich damit ganz gut leben.