Quite the opposite

Ich hatte vor einigen Wochen von einer medizinischen Behandlung berichtet, die mich komplett heruntergezogen hatte. Mit etwas bangen Schritten ging ich heute wieder dort hin, doch meine Befürchtung verflüchtigte sich schnell. Ich hatte heute eine andere Therapeutin. Eine sehr liebe Frau. Sie stellte sich mir nett vor und erzählte ein bissle von sich. Sie sprach meine Ohrringe an, die ihr sehr gefielen. Sie war weder belehrend noch hielt sie sich für allwissend. Sie war einfach nur nett und angenehm. Ich muss noch einmal hin und ich sagte ihr, dass ich den nächsten Termin unbedingt wieder bei ihr haben möchte.

Die beiden Termine waren ein Unterschied wie Tag und Nacht. Heute fühlte ich mich danach wohl, während mich die Dame vom letzten Mal echt heruntergezogen hat. So unterschiedlich kann es sein. Es steht und fällt mit den Menschen. So ist es immer und überall. Es gibt Menschen, die einem guttun und welche, die einem alles andere als guttun. Egal ob Dienstleister, medizinische Fachkräfte, Verkäufer, Bekannte.

Manchmal greift das Gesetz der Resonanz, aber nicht immer. Ich bin der ersten Frau genauso freundlich und offen entgegengetreten, wie der Frau vom heutigen Termin. Ich glaube auch nicht, dass es etwas mit mir zu tun hatte. Die Frau litt einfach an großer Selbstüberschätzung und hielt sich für die Tollste. Ich habe heute mitbekommen, wie sie im Nebenzimmer andere Patienten genauso lehrmeisterhaft behandelte und mit ihren “Weisheiten” überschüttete. Es ist einfach ihre Natur. Es gibt so Leute, die ein übersteigertes Selbstvertrauen haben und sich für die Schlausten, Besten, Tollsten halten. Es sind nach meiner Erfahrung meistens die, die nicht viel auf dem Kasten haben.

Ich kann nicht ausschließen, dass ich wieder an die “Gutste” geraten werde. Wenn meine Favoritin krankheitsbedingt ausfällt, kann es gut sein, dass ich wieder die “Spezialbehandlung” erhalten werde. Ich weiss aber nun, dass ich es nicht persönlich zu nehmen habe, weil es mich nicht betrifft. Das zu wissen, hilft schon viel.

Hypnose

Anfang Februar ließ ich mich von einer ausgebildeten Hypnosetherapeutin hypnotisieren und während der Behandlung einige, im Unterbewusstsein verankerte, Denkmuster auflösen. Es hat gewirkt. Ich spüre eine Veränderung. ich bin vielen Dingen gegenüber gelassener geworden und weniger harmoniesüchtig. Ich sage jetzt öfter mal deutlich Nein und handle auch nicht mehr so diplomatisch wie früher. Ich spreche Bullshit deutlich und direkt an, wenn ich damit konfrontiert werde. Es gibt keinen “heißen Brei” mehr, den ich umtanze. Meiner Gutmütigkeit wurden Grenzen gesetzt, oder wie es eine meiner Freundinnen kommentierte “Ich feiere Deine Hypnose!”

Ja, es gab schon mehrfach Vorfälle, die ich nun anders handhabe, wie ich es vor der Therapie getan hätte. Früher hätte ich nachgegeben um des “Lieben Friedens Willen” oder ich hätte meinen Mund zu bestimmten Situationen gehalten. In einer Situation sagte das Gegenüber “So kenne ich Dich gar nicht”. Ich mich auch nicht, aber ich finde mich so gut!

Es gab – mal wieder – “Schwund” dadurch. Natürliche Auslese. Denjenigen, denen meine Gutmütigkeit zu Nutzen kam, bin ich nun unnütz geworden. Auch hier zitiere ich wieder meine oben erwähnte Freundin “Ich vermisse diese Leute nicht”. Alles ist gut so!

Ich werde mir in den nächsten Monaten nochmals eine Sitzung gönnen. Mal sehen, was danach passiert! Es kann nur besser werden! Die unangepasste Sau muss aus dem Stall raus und dieses brave Mädchen, das immer sagt und tut, was andere von ihr erwarten, muss endlich der Vergangenheit angehören. Die Revoluzzerin in mir muss wieder die Oberhand gewinnen. Die Spreu muss sich noch mehr vom Weizen trennen. To be continued

WTF

Ich war bei einem Dienstleister. Welcher Art kann ich hier nicht schreiben, die Stadt ist klein. Ich muss auch die Umstände zur Unkenntlichkeit umschreiben.

Normalerweise meide ich Dienstleister und versuche alles selbst hin zu bekommen, aber es war eine medizinische Notwendigkeit.

Ich komme also dort an. Die Person jammert mich sofort zu, wie viel Stress wäre. Dann ein Blick auf das zu behandelnde Körperteil. Schlimm Schlimm Schlimm. Da müsse ich dringend etwas tun. Meine Ärztin hatte es als harmlos eingestuft, aber jetzt mache ich mir Sorgen.

Zuerst werde ich noch als “Junge Frau” tituliert und dass “in meinem Alter” so eine fortgeschrittene Degeneration des Körperteils ungewöhnlich wäre. Dann ein Blick auf den Anmeldebogen, auf dem mein Geburtsdatum steht und sofort ändert sich die “Lage”. Jetzt wird mir mitgeteilt, dass das “im Alter” halt so wäre und nebenbei wird angemerkt, wie stumpf und glanzlos mein Haar wäre und dass es “im Alter” eben nicht mehr so wachsen würde. Bei der Randbemerkung mit dem “nicht mehr wachsen” stockte die Person selbst, aber es war glaub zu spät für das Gehirn, den Satz zurück zu stecken. Der Blick hing aber auf meinen seeeeehr lang gewachsenen Haaren.

Es gab noch ein paar ungefragte Ratschläge zu meinem Leben und der generellen Weltlage und ich war froh dort weg zu kommen. Die Person selbst war vermutlich gleich alt oder geringfügig älter als ich, sah aber mit Sicherheit mindestens 10 Jahre älter aus und hatte sehr stumpfes, glanzloses Haar. Die Haut sah jetzt auch nicht so prickelnd prall aus. Es ist doch immer dasselbe. Was maßen sich diese Leute an? Wieso labbern die Menschen einfach so mit ihrem Zeug voll.

Mache ich sowas auch? Nein, ich bin mir sicher, dass ich das nicht tue. Es gibt da zwar eine Person in meinem Umfeld, von der ich denke, sie hat “Haare wie ein Besen” und jedesmal wenn sie neben mir steht, juckt es mich in den Fingern, ihr Arganöl ins Haar zu kneten, aber das würde ich ihr nie und nimmer sagen. Das kann man denken, aber doch nicht aussprechen.

Es gibt aber so einen Schlag Menschen, die müssen anderen ihre “Weisheiten” aufzwingen. Seltsamer- oder bezeichnenderweise sind es immer diejenigen, die so gar nicht dem Bild dessen entsprechen, was sie anderen predigen. Es gab da mal auch eine Frau, die meinen Kleidungsstil wieder und wieder kritisierte, selbst aber angezogen war, wie frisch aus dem Altkleidersack herausgezogen.

Trau, schau, wem.

Ich lasse mir gerne was sagen, von Personen, die wirklich eine Ahnung haben und dem entsprechen, was sie von sich geben. Wenn die Person nun wirklich wunderschönes Haar und Haut gehabt hätte, wäre ich offen für die Tipps gewesen, aber so? Eher nicht. So ziemlich die Meisten haben im Winter trockenere Haut als im Frühjahr / Sommer und ja kann sein, dass meine Haare in meinem exorbitant hohen Alter etwas stumpfer sind als früher, aber das ist glaub nicht so arg schlimm, dass andere denken “Meine Güte, hat die Margit stumpfes Haar”, wenn sie mich sehen.

Vor allem war auch der “Wandel” der Person bezeichnend. Eben wurde ich noch als “Junge Frau” bezeichnet und keine 10 Minuten später, war ich plötzlich “alt”, als sie mein Geburtsjahr gesehen hatte.

Ich muss es sagen wie es ist: Die Person war mir unsympathisch. Sie machte noch eine Aussage über Tiere, die ihre Sympathiewerte nicht wirklich steigerten. Wenn ich Alternativen hätte, würde ich dort nicht mehr hin gehen, aber leider sind solche Dienstleistungen rar und ich bin darauf angewiesen. Ich hoffe nur, dass sich nächstes Mal eine andere Person meinem Problem annimmt und dass das Problem auch in naher Zukunft behoben ist und ich dort gar nicht mehr hin muss.

Ich hatte gestern aber auch einen “Lauf”. Abends hatte ich noch eine schlimmere Begegnung. Diesmal kann ich es schreiben, weil es davon sehr viele in der Stadt gibt und man keine Rückschlüsse ziehen kann. Ich interessierte mich für die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio. Ich hatte mich telefonisch angemeldet und auch mein Anliegen schon erzählt und extra den Termin vereinbart. Ich kam dort an und die Angestellten redeten mit sich selbst und ignorierten mich, bis ich winkender Weise auf mich aufmerksam machte. Ein Herr fragte nach meinem Begehr. Ich nannte auch ihm nochmals mein Anliegen. Er sagte nur “Die kommt gleich”. “Die” kam 15 Minuten später und fragte (ohne Begrüßung oder Vorstellung) “Ich weiss nicht, was Sie wollen”. Ich erklärte höflich und nett, dass ich mich entweder für eine Mitgliedschaft interessiere oder einen bestimmten Kurs (den ich hier nicht näher benennen kann, weil das dann doch wieder Rückschlüsse zulassen würde) und wann die Kurse stattfinden würden. Sie legte mir ohne Erklärung drei Flyer hin sowie den Vertrag einer anderen Person (mit deren Daten drauf!), wo der Preis ersichtlich war. Sie sagte mir ausserdem, dass alle Kurse ausgebucht wären. Mir gefiel es dort ganz und gar nicht. Weder die Atmosphäre, noch das Ambiente und das Personal schon gleich 10x nicht. Es erklärt sich von selbst, dass ich dort weder einen Kurs buchen, geschweige denn eine Mitgliedschaft abschließen werde.

Vielleicht habe ich inzwischen zu hohe Ansprüche, kann gut sein, aber sowas gebe ich mir doch in meiner Freizeit nicht. Vorher mache ich einen Online Kurs, wo ich meine Ruhe habe, mit freier Zeiteinteilung und angenehmer Umgebung und der wundervollen Gesellschaft meiner kleinen Familie!

Wir werden alle nicht jünger

Vor einigen Wochen waren wir bei einer Veranstaltung eines ehemaligen Bandkumpels meines Mannes. Ich hatte ihn schon mehrere Jahre nicht mehr gesehen. Wir begrüßten uns nett und er sagte so in die Runde “Schön, dass wir uns alle mal wieder sehen. Wir werden alle nicht jünger” wobei sein Blick durch die Menge schweifte und bei mir hängen blieb und er ergänzte beinahe etwas lauter “ausser Du, Du alterst irgendwie gar nicht”.

Es war schön zu hören, doch auch ich altere. Ich spüre, dass ich keine 20 oder 30 mehr bin und auch keine 40 und 50 mehr. Ich bin näher an der 60 als an der 50. Hier zwickt es und da knirscht es. Mein Körper schüttet zuviel Cortisol aus, ich muss Sport machen, was ich vorher niemals getan habe, aber ohne funktioniert mein Körper nicht mehr so. Meine Haare wären grau wie ein Novembertag, wenn ich sie nicht färben würde. So manches funktioniert nur noch mit “Nachilfe” von Nahrungsergänzungsmitteln. Magnesium zum Beispiel muss nun in großen Mengen kompensiert werden, genauso wie B-Vitamine, die ich verstärkt benötige und ich verbrauche Unmengen an Augentropfen.

Dennoch gibt es Schlimmeres. Auch wenn altern nichts für Feiglinge ist, so geht es mir gerade ziemlich gut. Ich gehe zweimal die Woche ins Training, halte mein Gewicht von 68,5 kg, was bei meiner Größe von 1,76m völlig in Ordnung ist. Dann trage ich jetzt eben Kleidergröße 40 /42 und nicht mehr 36 /38 wie früher. Dafür esse ich aber auch echt viel und gerne.

Es sind nur Äußerlichkeiten. Hier ein paar Pölsterchen mehr, dort ein paar Fältchen, da ein dickeres Bäuchlein. Schade finde ich im Nachhinein nur, dass ich es früher nicht zu schätzen wusste und nicht erkannte, wie dünn und hübsch ich war. Vielleicht denke ich das in 20 Jahre auch über mein heutiges Ich. Ziemlich sicher sogar. Deshalb werde ich mich so kleiden wie ich es gut finde, die Haare so lange wachsen lassen, wie ich es für richtig halte. Mich schminken wie ich mag, Heute und so lange ich lebe. Egal ob das irgendjemand für “altersgerecht”, angemessen oder ästhetisch hält oder eben nicht. Ich muss nur einer Person gefallen: MIR.

40 Jahre

Das bin ich mit 16 und heute:

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Das schwarzweiß Bild entstand 1984 und das Farbbild letzte Woche.

Ich weiss noch, wie unsicher ich als Teenager war. Ich fühlte mich hässlich und fett und und und und. Dabei hatte ich nur eine unvorteilhafte Brille und eine typische 80er Friese.

Heute fühle ich mich so oft genauso unsicher wie damals.

Es gab jedoch auch eine Zeit, wo ich mich selbstsicher und schön fand:

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Dieses Bild stammt vom August 2003. Es ist also 21 Jahre alt. Damals war ich mit mir selbst zufrieden. Mäkelte nicht ständig an mir rum und fühlte mich hübsch und dünn (was ich damals auch war). Wieso gibt es immer wieder Phasen, in denen ich so ein verzerrtes Selbstbild habe. Im Nachhinein betrachtet war ich 1984 auch recht süss. Trotz der Brille und der Frisur. Ich hatte auch damals ein echt hübsches Gesicht und habe es heute noch. Trotz der kleinen Fältchen um die Augen und der Brille, die ich nun wieder tragen muss.

Wieso sind wir manchmal so hart mit uns selbst? Das ist nicht nur bei mir so, ich beobachte das auch manchmal bei Freundinnen. So wie wir selbst mit uns ins “Gericht” gehen, würden wir niemals mit Freundinnen umgehen. Ich würde nie im Leben zu einer meiner Freundinnen sagen “Du bist alt, fett und hässlich”. Mir selbst sage ich sowas aber. Das ist doch schlimm und muss aufhören. Selbstliebe ist für mich schwerer als die Liebe zu anderen. Ich kann andere bedingungslos lieben, egal wie egoistisch, narzisstisch und übergriffig sie sich verhalten. Ich liebe sie trotzdem. Nur bei mir selbst setze ich viel viel viel strengere Regeln an und verurteile und bestrafe mich.

Das ist nur in meinem Kopf und muss da raus. Ich bin nach wie vor eine hübsche Frau und werde es höchst wahrscheinlich immer sein.

Es wurde etwas exzessiv

Es begann vor circa 2,5 Wochen. Meine beste Freundin und ich waren in der Stadt unterwegs und entdeckten einen Popup Store mit Braut- und Festmoden. Modelle aus 2020 wurden dort sehr günstig verkauft, ebenso wie Schmuck, Haarreifen, Diademe, Gürtel und Fascinatoren.

Wir waren wie im Prinzessinnenrausch und probierten Kleider an. Kauften auch Modelle und waren glücklich. Bis wir die Aktionen wiederholten und wiederholten. Letztendlich kauften wir echt viel Schmuck und viele Kleider.

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Meine beste Freundin hat all ihren Glitzerschmuck ausgebreitet und sich am Funkeln erfreut. Warum auch nicht. Wir werden nicht alle Kleider behalten, aber 1 oder 2 Modelle garantiert. Damit werden wir auch mal im Garten sitzen oder einfach in der Wohnung herumflanieren.

Ja, wir geben zu, es wurde etwas zur Manie, aber wir hatten so viel Spaß, dass wir den Laden – nun da er geschlossen ist – vermissen. Die Verkäufer kannten uns schon ziemlich gut und gestern sagte einer von ihnen zu mir, dass er sich immer freute, wenn wir kamen. Wir waren noch nie so oft und so gerne in einem Laden, wie in diesem. Dort wurde die Prinzessin in uns geweckt und wir konnten all die Feen und Elfenkleider anziehen und uns darin wundervoll fühlen, auch wenn die Meisten uns zu eng waren (Gr. 36). Die Welt hat eh viel zu wenig Glitzer auf dem Boden der Tatsachen. Da tut es wirklich gut, sich ab und an etwas Glamour zu gönnen.

Altern macht echt keinen Spass

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Momentan habe ich wieder eine etwas ausgeprägtere dysmorphophobe Phase und finde mich mal mehr mal weniger hässlich, wenn ich in den Spiegel schaue.

Der Lack ist ab, ich bin keine 20 mehr, ich sehe dennoch gut aus für mein Alter. Gott ,wie ich diese Sprüche hasse. Entweder man sieht gut aus oder nicht, das hat nichts mit dem Alter zu tun. Trotzdem fällt mir das Altern schwer. Ich altere nicht “in Würde”. Auch so ein saublöder Spruch. Ich bin mir sicher, dass insgeheim niemand gerne älter wird. Jung möchte ich jedoch auch nicht mehr sein. Also nicht jünger als 28.

Unsichtbarer zu werden hat seine Vorteile. Man ist nicht mehr, oder nur noch sehr selten von Spinnern umgeben. In jüngeren Jahren gab es so manche Kandidaten, wo ich echt berechtigte Angst hatte, die könnten sich daheim einen kleinen Schrein mit Bildern von mir gebastelt haben, wie in einem schlechten Film. Diese Typen habe ich jetzt los, für die bin ich zu alt geworden.

Hier ein paar Pluspunkte für höheres Alter:

  • Man erregt nicht mehr die Aufmerksamkeit von obsessiven Psychos
  • Man ist “zu alt” für so manchen Bullshit und muss sich das nicht mehr geben
  • Man wird beim weggehen nicht mehr von besoffenen Trotteln angebaggert
  • Andere Frauen hassen einen nicht mehr so wegen dem Aussehen
  • Man muss nicht mehr fürchten ungewollt schwanger zu werden
  • Man bekommt irgendwann ermässigte Eintritts- und Bahnkarten
  • Bis zur Rente ist es nicht mehr so lange

So hat doch alles sein Gutes, auch das altern.

Brautkleiderwahn

Meine beste Freundin und ich entdeckten letzte Woche einen Popup Store, der Braut- und Festmoden extrem günstig verkauft. Er ist nur für eine kurze Zeit in einem leerstehenden Gebäude ansässig und die Aktion ist einmalig.

Wir fühlten uns wie im Paradies und probierten einen Großteil der Kleider an und fühlten uns wie Prinzessinnen. Die Kleider hatten mal bestimmt so um die 1000 Euro gekostet und wurden nun zu massiven Schleuderpreisen verkauft.

Wir konnten nicht widerstehen und kauften Kleider, auch wenn wir keinen wirklichen Bedarf dafür haben.

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Das bin ich, in einem der gekauften Kleider. Der Verkäufer kennt uns schon und grinst immer, wenn wir den Laden betreten. Nächste Woche gehen wir wieder hin und ich fürchte, wir werden wieder ein Braut- oder Festkleid mitnehmen. Warum auch nicht. Wir haben Spass daran und wir haben sicher Geld schon unsinniger ausgegeben als für wunderschöne Kleider in denen wir uns königlich fühlen. Vielleicht machen wir mal eine Royal Party und ziehen unsere Schätze an. Eine Bekannte fragte “Was, Du hast schon wieder so ein Kleid gekauft, aber warum und weshalb?” Weil ich es kann!

Rebel yell

Jemand aus meinem weiteren Umfeld sagte zu mir, dass ich doch darüber nachdenken solle, meine langen Haare schneiden zu lassen. In meinem Alter wären solch langen Haare nicht mehr angebracht.

Wisst Ihr, was daraufhin geschehen ist? Richtig, ich habe sie noch länger wachsen lassen.

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So sehen sie gerade aus. Sie gehen exakt bis zu meiner OP Narbe und sie werden noch länger. Jetzt erst recht!

Immer wenn sich jemand anmasst, mir vorschreiben zu wollen, was ich tun oder lassen soll, hat das den gegenteiligen Effekt und weckt die Rebellin in mir.

So einen Blödsinn, wie dass man ab einem bestimmten Alter dies oder das zu tun oder zu lassen hat, ging mir schon immer gewaltig auf den Zeiger!

Ab Mitte 20 wird einem eingeredet, dass man nun nicht länger Sachen tragen darf, die Teenager tragen. Ungefähr zeitgleich fangen die saublöden Fragen an, wie “Hast Du einen Freund”, “Wann heiratet Ihr”, später gefolgt von “Wann kommt den endlich was Kleines”. Ab 30 wird man schräg angeschaut, wenn man noch immer Party macht und tanzen geht und ab und an einen über den Durst trinkt. Man sollte doch jetzt vernünftig sein. Blablabla. Irgendwann werden kurze Röcke und Kleider sanktioniert, lange Haare geächtet und bunte Sachen sowieso.

Ich denke, wir sind aus den Zeitaltern raus, wo man ab 40 nur noch schwarz, dunkelblau oder mausgrau tragen durfte und am besten eine adrette Kurzhaarfrisur trug.

Das mit den Haaren ist bei mir vermutlich ein kleines Kindheitstrauma, weil meine Mutter lange Haare doof fand und sie mir immer abschneiden ließ. Seit ich 17 bin, habe ich deshalb lange Haare. Immer wieder mal so richtig lang. Meist nach Bemerkungen wie dem, des Bekannten, der mir eine Kurzhaarfrisur aufschwatzen wollte. Aufgrund von Trotzreaktionen wurden sie dann immer sehr lang, so wie nun wieder. Ich finde kurze Haare bei den wenigsten Frauen schön. Dafür muss man wirklich eine ganz bestimmte Kopfform haben, ansonsten steht es den wenigsten. Gerade bei älteren und alten Frauen finde ich es ganz schlimm und es sieht nicht mehr weiblich, sondern sehr burschikos aus.

Kennt Ihr diese Personen, die von hinten ausschauen wie Männer, bis sie sich umdrehen und man feststellt, dass es doch Frauen sind? Ist es gewollt so, dass Frauen ab, sagen wir circa 50 unsichtbar werden sollen mit ihren “pflegeleichten” Kurzhaarschnitten? Es ist ok für mich, wenn jemand kurze Haare gefallen und die Person das für sich selbst – ohne diese Bemerkungen, dass man das ab einem gewissen Alter so haben sollte – entscheidet, hey, ich fühl mich super mit dem Kurzhaarschnitt. Dann ist das absolut fein für mich, auch wenn es mir nicht gefällt. Mir muss sicher nicht alles gefallen. Geschmäcker sind verschieden. Ich würde auch sicher nie verlangen, dass alle Frauen lange Haare tragen müssen. Das wäre genauso bescheuert.

Ich finde meinen langen Haare übrigens extrem pflegeleicht. Ich wasche sie einmal die Woche, trage 5 Minuten eine Kur für langes Haar auf, knete ins nasse Haare eine leave in Pflege und bei Bedarf kommt etwas Haaröl in die Spitzen. Ich lasse sie lufttrocknen und ab und zu – zu besonderen Anlässen – mache ich mir Locken mit meinem Lockengerät, oder glätte sie mit der Glättbürste. Das wars. So wie auf dem Bild, sehen sie aus, wenn ich sie einfach nur durch kämme. Kein Styling, kein Spray, kein stundenlanges Herumgewurstel, wie es bei kurzen Haaren aufgrund meiner vielen Wirbel der Fall war. Ich habe selten bad hair days. Lange Haare sind alles andere als pflegeaufwendig.

Und um den “Willst nicht endlich mal Deine Haare kurz schneiden lassen” – Personen zu antworten: NÖ! Macht Ihr doch mit Euren Haaren was Ihr wollt und lasst mich mit meinen Haaren machen was ich will! Das geht Euch nämlich einen feuchten Kehricht an!

Fake new world

Das bin ich, ungeschminkt (nur mit etwas Wimperntusche) und ohne Filter:

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Und das bin ich mit Filter, digitalem Make-up und leicht retuchiert:

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und das bin ich komplett retuschiert:

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Mit ein paar Mausklicks wurde ich so “verschönt”. Makellosigkeit ist langweilig und diese Einheitsgesichter auf Insta sind meiner Meinung nach sehr gefährlich. Mit Filtern und retuschiert entspricht man einem unerreichbaren “Idealbild”, aber im wahren Leben gibt es keinen Filter, keine Retusche, die man drauflegen könnte. Da ist das Gesicht unbearbeitet (ausser Make-up).

Es gibt in meinem Umfeld so ein paar Kandidatinnen, die verändern ihre Profilbilder so sehr, dass man sie nur noch mit Mühe erkennen kann. Aber das ist doch eigentlich bescheuert, weil wenn man sie in Natura trifft, dann sehen sie eben aus, wie sie aussehen und nicht wie auf Social Media. Ich kenne auch Fotografen, die Bildbearbeitung so betreiben, dass die Bilder zwar makellos aussehen, aber die Menschen sich nicht einmal mehr ansatzweise selbst ähneln. Es werden die Gesichtszüge komplett umgemodelt. Sowas schürt unterschwellig vorhandene dysmorphophobe Tendenzen und fördert den ungesunden Schönheitswahn. Alle jagen einem scheinbaren Ideal hinterher. Volle, pralle Lippen und perfekte Augenbrauen, hohe Wangenknochen und ein spitzes Kinn.

Ich las mal auf einem Plakat “In a world full of Kardashians, be a Janis (Joplin)”. Ich drücke das jetzt einfach mal so aus: “In einer Welt voller Prinzessinnen, sei eine Hexe!”