Der Tod, das Leben und alles dazwischen

Meine Mutter starb Mitte Juli. Es ist nicht nur so, dass ich traurig bin und sie vermisse, sondern auch der Umstand, dass nun beide Elternteile nicht mehr leben und ich jetzt eine “Waise” bin. Egal wie alt man ist, man bleibt das “Kind” und wenn die Eltern sterben, ist man plötzlich niemandem’s Kind mehr.

Auch das schmerzliche Erkennen, dass man selbst jetzt die Generation ist, die “als nächstes dran” ist. Das ist natürlich nur subjektiv. In meiner Familie werden die Menschen hochbetagt und ich bin ja sowieso das Nesthäkchen unter uns Geschwistern. Statistisch gesehen bleiben mir schon noch Jahrzehnte, aber man weiss nie, vielleicht bleibt auch nicht mehr so viel Zeit.

Ich bin in einer Phase meines Lebens angelangt, wo ich oft denke “War’s das jetzt? Kommt da nicht noch was? Das kann doch nicht alles gewesen sein!”. Das sind undankbare Momente, die auch hormonell gesteuert sind, oder besser gesagt einem Mangel an Östrogen und Progesteron geschuldet sind, was in meinem methusalemischen Alter natürlich schwindet.

Objektiv betrachtet geht es mir gut. Ich bin glücklich verheiratet, wir haben schöne Katzenkinder, ein schönes Haus, eine Handvoll feiner Freunde, beruflich ist auch alles im grünen Bereich, ich lebe mit niemand im Unfrieden und bin mit allen “rein”. Das können nicht so viele von sich sagen. Wie viele Menschen sind zerstritten und verbittert und unerbittlich gefangen in ihrer Zwietracht. Das möchte ich nicht haben und nicht mit mir herumtragen. Irgendein schlauer Mensch hat mal gesagt: “Verbittert sein, ist wie Gift trinken und denken, der andere stirbt daran”. So unnötig.

Dennoch habe ich Phasen der Melancholie, wo ich Menschenansammlungen nicht ertrage, wo ich mich gerade unter Menschen fehl am Platz fühle, wo ich einen Zerrspiegel habe, der mir einredet, ich wäre fett, alt und hässlich. Wo ich denke, ich sehe ein Monster wenn ich in den Spiegel schaue. Auch wenn ich weiss, dass das alles dem Auf- und Ab der Hormone geschuldet ist und ich jetzt quasi überwiegend PMS Level habe in der Perimenopause, ändert es nichts an dem Gefühl. Man kann es rational und logisch erklären, aber es fühlt sich trotzdem beschissen an. Altern ist echt nichts für Weicheier.

Was auch noch tief in mir verankert ist, ist eine gewisse Grundunsicherheit und dass ich immer etwas Schlimmes erwarte. Das Damocles-Schwert des Todes schwebte schon so lange über uns, dass das in Fleisch und Blut übergegangen ist. Vor drei Wochen dachte ich, mein Orpheus stirbt mir auch noch. Er hatte wieder einen akuten Schub IBM (sowas wie Morbus Crohn beim Menschen) und lag nur noch malad rum. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie glücklich ich war, als ich wieder den ersten wohlgeformten Haufen von ihm sah. Als es ihm so schlecht ging, hatte ich Herzrasen, Panikattacken und schlief tagelang nicht richtig, weil ich so in meiner Angst gefangen war, dass er stirbt.

Wie bei meiner Mutter wird auch bei ihm der Tag kommen, wie bei uns allen. Er ist 16 Jahre alt und aufgrund seiner chronischen Erkrankung sehr dünn. Er hat wenig Reserven. Er hat sich jetzt dem Einhorn sei Dank echt wieder gut stabilisiert und ich habe mich wieder etwas beruhigt. Trotzdem ist es, als ob eine Grundangst tief in meinen Zellen verwurzelt wäre und wenn eine der Katzen auch nur ein winziges Anzeichen hat, dass etwas nicht stimmen könnte, bestehe ich nur noch aus Panik.

Deswegen habe ich keinen Bock auf oberflächliches Geplänkel, Rumgenöle, Jammerei wegen Alltäglichem. Das Leben ist zu kurz dafür. Ich brauche wieder etwas mehr Frieden, Leichtigkeit, Unbekümmertheit und Sorglosigkeit. Es war jetzt lange schwer genug.

Es ist nicht mehr dasselbe

oder vielleicht (wahrscheinlich) bin ich nicht mehr dieselbe.

Dieser Gedanke kam mir gestern, nach einem langen Volksfestwochenende.

Früher war klar, am dritten Septemberwochenende gehen alle zurück in die Heimat um dort die “5te Jahreszeit” zu feiern. Das lokale Volksfest.

Seit einigen Jahren ist Freitagabend der traditionelle Freundinnentag, an dem meine drei Freundinnen und ich als Clique feiern gehen. Normalerweise beginnt die Party schon am Bahngleis und auf dem Weg zum Festplatz.

Doch dieses Jahr war alles anders. Es kam am Gleis keine Stimmung auf, im Zug erst recht nicht und auch auf dem Weg zum Platz war keine Party wie sonst. Auch auf dem Platz war es “irgendwie anders”. Es war nicht greifbar, aber dennoch kam nicht das Feeling auf, das wir sonst hatten. Vielleicht weil es noch extrem heiß war mit sommerlichen Temperaturen, die es auf einem Herbstfest normalerweise nicht mehr hat.

Ich hatte mich so gefreut und dann war es ganz anders als erwartet. Der Samstag war auch nicht besser und ich war richtig traurig, weil sich “mein Fest” so verändert hatte. Doch dann kam der Sonntag und ich ging ohne Erwartungen hin und es war grandios. Partystimmung pur. Jeder war gut drauf und es war einfach nur schön. Ich hatte auch ein sehr schönes Erlebnis, mit einer Frau, die mich fragte, ob sie mir eine schöne Schleife an meiner Dirndlschürze binden dürfte. Sie band dann wirklich die schönste Schleife, die man sich vorstellen kann. Da war es wieder, das Gefühl “hier bin ich Zuhause, hier sind die Leute anders drauf”.

Das Fest hat sich im Laufe der Jahre verändert. Lieb gewonnene Lokalitäten verschwanden, wie das Weinzelt, andere wechselten den Standort. Meine Freundinnen mögen eine bestimmte Hütte recht gern, die ich seid Standortwechsel nicht mehr so gerne mag. Ich finde es zu laut, zu stickig zu viel Raucher. Ich mag aber auch nicht sagen, dass ich es dort nicht so prickelnd finde. Die Lokalitäten am Sonntag waren viel gechillter. Wir kamen auf die unsinnigsten, aberwitzigsten Ideen und hatten einfach richtig Spaß. Auch diesmal waren seltsame Menschen um uns herum, aber es juckte uns nicht. Alles war friedlich und gechillt.
Am Freitag hatten wir auch eigenartige Erlebnisse und Begegnungen, aber eher der schrägen Art. Wir sahen eine Gruppe von 8 Personen, wo während des Abends jeder mal mit jedem Speichelaustausch betrieb. Wir sahen einen Typen mit nacktem Oberkörper, der in sein Shirt rotzte und ein Mädchen mit blutig gelaufenen Füßen und wie ein junger Mann in einen Kofferraum einstieg.
Einen Teil der Knutsch-Clique sah ich am Sonntag auch wieder. Diesmal machten sie nur eine Polonäse.

Dieselbe Location und doch war alles anders. War ich anders? War es, weil ich keine Erwartungen hatte oder war es einfach eine ausgelassenere Atmosphäre?
Vielleicht eine Mischung aus allem. Letztendlich war es doch noch ein schönes Fest.

Sind es die “Anderen” oder wir?

Diese Frage stellte mir eine Freundin. Sie meinte damit, ob die “Anderen” immer seltsamer, schräger, skurriler werden oder ob wir immer seltsamer, schräger, skurriler werden. Ich bin mir auch unsicher. Wir alle haben uns verändert. Die vergangenen Jahre, haben etwas mit der Menschheit gemacht, keine Frage.

Da ist die eine Freundin, die ich echt gern habe. Doch seit einiger Zeit und ich rede hier nicht von einer kurzzeitigen Phase, sondern eigentlich seit Jahren, jammert sie viel. Das Wetter ist zu heiss oder zu regnerisch. Sie lamentiert über Alltagssituationen. Sie hat sich in den Finger geschnitten, sie hat Kopfschmerzen, sie hat etwas verloren, sie musste lange beim Arzt warten, sie muss zum Zahnarzt, sie hat einen Parkschein verlegt, sie muss auf ein Taxi warten, obwohl sie schon lange nach Hause will, ein Zug fiel aus und sie verpasste den Anschlusszug. Wir alle haben uns mal in den Finger geschnitten, Kopfschmerzen, Kreuzschmerzen, klamme Knöchel, was verloren und sitzen regelmässig rum und warten auf etwas.

Als ich vor 2 Jahren den Bandscheibenvorfall hatte, war ich mal zwischen den Jahren bei einem Vertretungsarzt um ein Rezept für ein MRT zu bekommen und hatte solche Schmerzen, dass ich weder stehen noch sitzen konnte. Ich weiss noch gut, wie mich mein Mann abholte und ich vor der Praxis in der Kälte auf dem Boden lag, weil ich es sonst nicht mehr ausgehalten hätte. Darüber könnte ich noch Jahre jammern, auch davon traumatisiert sein, aber es ist sowas von Schnee von gestern. Ich trainiere seither regelmässig, weil ich so etwas nie wieder erleben möchte. Auch meiner Mutter mehrere Monate beim Sterbeprozess zuzusehen und ganz speziell die letzten drei Wochen war wahrlich nichts, was angenehm war. Das hängt mir noch immer nach, ist ja auch erst zwei Monate her, aber es nützt auch niemandem, wenn ich darüber ständig reden würde. Es ist wie es ist.

Manchmal wünschte ich, ich könnte der Freundin helfen. Es ist offensichtlich, dass sie nur jammert, weil sie nicht viel Schönes sieht, oder sieht sie nicht viel Schönes, weil sie in ihrem Jammertal festhängt? Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Sie ist ein liebenswerter Mensch und ich habe sie wirklich gern. Ich wünschte nur, sie könnte etwas mehr Lebensfreude empfinden. Ja, sie hat in den letzten Jahren viel Dramatisches erlebt, aber das haben andere auch. Durch das Jammern ändert sich ja nichts daran. Ich denke in solchen Momenten oft an meinen Oprheus. Er leidet seit mindestens 6 Jahren an einer chronischen Darmerkrankung. Wir waren bei so vielen Ärzten und Heilpraktikern und und und – keiner konnte helfen, nur etwas lindern. Er ist so tapfer. Er lebt im hier und jetzt und hat jeden Tierarztbesuch sofort vergessen, sowie er aus der Transportbox steigt. Er nölt nicht noch stundenlang, wie grausig die Fahrt, wie unangenehm es in der Praxis war und wie grob ihn die Sprechstundenhilfe angefasst hat. Er steigt aus, schüttelt sich, geht zum Napf und isst und fängt danach an zu schnurren. Er grübelt nicht noch ewig über Vergangenes oder Zukünftiges. Er macht sich keinen Kopf über sein Aussehen (er sieht eh immer genial aus!). Er zählt keine Kalorien (muss er leider auch nicht, weil er durch die Krankheit eh zu dünn ist) und hat keine Angst vorm Altern. Darüber machen sich nur Menschen Gedanken. Egal wie alt und teilweise dement er geworden ist, er wird immer mein geliebter Schatz sein und das weiss er auch. Er ist einfach nur unfassbar wundervoll!

Ich wünschte, die Freundin (und ich selbst auch) und eigentlich die gesamte Menschheit könnte mehr so sein, wie mein Orpheus. Wir sollten uns viel öfter nach unangenehmen Situationen einfach schütteln, was gutes Essen und uns dann wohlig des Lebens freuen.

Ich sagte der Freundin schon vor einiger Zeit, dass ich im Moment selbst keine Kraft habe. Ich kann ihr Genöle einfach nicht immer wieder anhören. Das mag egoistisch sein, aber es bringt doch nichts. Weder ihr noch mir. Ich brauche so dringend wieder etwas Leichtigkeit und Sorglosigkeit in meinem Leben. Ich bin nicht der Jammerlappenkummerkasten. Ich will diesen Job nicht haben, so wie ich viele andere Jobs nicht möchte. Ich will sie aber auch nicht verletzen, will ja für sie da sein, aber ich weiss nicht wie. In dem ich mir das Gejammer über ihre Alltagssituationen anhöre, wird ja nichts anders und schon gar nicht besser. Ihr zu sagen, dass sie viel jammert habe ich subtil versucht, aber ich glaube, sie hat es nicht verstanden. Ich weiss aber auch nicht, wie ich es direkt sagen könnte. Kann man so etwas direkt sagen? Ich bring das nicht!

Ich würde mir so sehr für sie wünschen, dass auch sie wieder mehr Leichtigkeit und Lebensfreude empfindet. Ich wünsche ihr alles Glück der Welt. Wenn ich den Eurojackpot gewinnen würde, würde ich mit dem Geld (und da würde ja ein Bruchteil der 120 Millionen reichen) dafür sorgen, ihre Probleme zu lösen. Geld löst Vieles. Ich schätze ihr Hauptproblem charakterlich so ein, dass mit ein paar Hunderttausend Euro das Dilemma gelöst wäre und sich dieses “Problem” für immer aus ihrem Leben fern halten würde und sie hätte dann auch finanzielle Freiheit und sozusagen “ausgesorgt”. Wäre sie dann glücklich? Liegt es überhaupt in meiner Macht (oder irgendjemandem’s Macht) Andere glücklich zu machen? Selbst wenn ich alle Widrigkeiten entfernen könnte, würde sie dann aufhören zu jammern oder ist es etwas, das tief in ihr verankert ist, dass heilen müsste, bevor sie mit der Jammerei aufhören könnte? Da ich leider nicht den Jackpot gewonnen habe, werde ich es vermutlich nie erfahren, fürchte aber, das Letzteres der Fall ist. Selbst wenn alle wirklichen Hindernisse aus dem Weg geräumt wären, ist man immer noch man selbst und nimmt sich überall hin mit. Man kann nicht vor sich selbst davonlaufen, egal wohin man geht.

Lasst uns alle Zusammen Jammerfasten! Die Welt ist ohnehin am Arsch. Darüber zu jammern, rum lamentieren, ewig darüber zu stöhnen und seinen Unmut bekunden über Unabänderliches, Unvermeidbares, Vergangenes, Ungeschehen ist nicht nur sinnlos, sondern es vergrößert das Leid nur unnötig.

Keine Zeit für Trauer

Schon das 3. Mal habe ich einen geliebten Menschen beim Sterben begleitet und zwei meiner Katzen. Es ist immer ähnlich. Man sieht, wie sich die Lebensenergie zurück zieht. Man spürt den baldigen Tod. Man weiss es, auch wenn man es zunächst nicht wahrhaben will. Dazwischen gibt es immer zweimal ein Aufbäumen von Lebensenergie, auch das gehört dazu und wird mit dem spannen der Silberschnur bezeichnet. Sie spannt sich zweimal, bevor sie reißt.

Der Sterbeprozess zog sich diesmal über mehrere Wochen und wir lebten in einer Art “Parallelwelt”. Wir saßen an ihrem Sterbebett, streichelten sie, wischten ihre Stirn ab, redeten mit ihr, sangen ihr vor, laßen ihr vor, spielten ihr Lieder vor, die sie mochte und erzählten uns auch manchmal witzige Anekdoten mit ihr.

In der letzten Phase waren wir bei ihr, hörten das sogenannte “Todesrasseln” und sahen das “Todesdreieck” und wussten, dass es nun der endgültige Abschied war. Es war eindeutig, dass sie sich nicht mehr erholen wird, wie die Jahre zuvor mehrfach. Wir spürten, dass sie nicht gehen konnte, solange wir da waren und in den letzten 3 Stunden ließen wir sie deshalb bewusst alleine.

Zum trauern bleibt aber erstmal keine Zeit nach einem Todesfall, denn alles muss organisiert werden und so standen wir schon keine 5 Stunden später in einem Sarglager und organisierten die Trauerfeier. Auch die Zeit danach ist geprägt von organisatorischen Dingen. Zur “Ruhe” komme ich erst jetzt, beinahe 3 Wochen nach ihrem Tod.  Die Gefühle sind unterschiedlich. Manchmal breche ich einfach so in Tränen aus, weil mir wieder bewusst wird, dass sie für immer weg sein wird. Ich kann sie nicht mehr anrufen, nicht mehr besuchen, ihr keine Himbeeren, Brombeeren und Rosen mehr mitbringen, die sie gerade in der letzten Zeit so geliebt hatte. Diese Phasen wechseln sich ab mit einer “Leere”, wo ich gar nichts spüre und einfach ausgelaugt bin. Ich schlafe nachts schlecht, dafür tagsüber öfter als mir lieb ist.

Der Tod gehört leider zum Leben und niemand von uns bleibt für immer hier. Wir alle werden nach und nach gehen müssen. Es ist schwer, aber wir müssen geliebte Menschen und Tiere los lassen, wenn ihre Körper zu schwach geworden sind und sie nur noch Schmerzen haben. Dann wird es Zeit, sie nicht zurückzuhalten, nur weil wir sie gerne noch um uns hätten. Das wäre egoistisch. Man muss sie um ihretwillen gehen lassen, damit sie frei sind von Leid und Schmerz.

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Jetzt, nachdem alles organisiert ist und die Bestattung vorüber, darf ich mir endlich die Zeit zum trauern nehmen. Ich muss nicht mehr irgendwie funktionieren. Ich darf Treffen absagen, ich darf mich aus Menschenansammlungen zurück ziehen, ich darf Grenzen setzen, ich darf unsensible Personen meiden, ich darf weinen, ich darf sie vermissen, ich darf traurig sein. Auch das ist völlig normal.

Zeichen

Meine Mutter starb vor 2,5 Wochen und als wir zu ihr fuhren, machte ich dieses Bild aus dem fahrenden Auto heraus:

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Für mich hatte dieser Sonnenaufgang etwas Tröstliches, so als ob sie ihn mir geschickt hätte.

Einige Tage später zog ein Gewitter auf und ich fotografierte Wolken. Ich liebe Wolkenformationen und fotografiere sie öfter. Erst später, als ich die Bilder durchsah, fiel mir auf, dass eine Wolke die Form einer Taube hatte:

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Nur wenige aus meinem Freundeskreis sahen die Taube. Für mich ist sie jedoch eindeutig zu erkennen. Die Taube steht für Frieden und auch den Übergang in die geistige Welt, weshalb das sehr stimmig ist.

Am Tag ihrer Urnenbeisetzung bat ich um ein Zeichen und als ich nach Hause fuhr (als Beifahrerin) machte ich diese Aufnahme aus dem fahrenden Auto heraus:

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Hier war es eindeutiger als bei der Taube und die meisten sahen den “Engel” sofort.

Viele denken sich vermutlich “die Margit spinnt sich da was zusammen”. Mag ja sein, aber es ist auch irrelevant. Hauptsache mir tut es gut, darin Zeichen zu sehen. Es gab auch noch ein Erlebnis mit einer schneeweißen Motte, die auf meinem Badezimmerspiegel sass und sich von mir berühren ließ und als ich abends unterwegs war, sass auf einem Eingangstor ein kleiner Vogel, der mich anschaute. Meine älteste Katzentochter schläft exakt seit meine Mutter verstarb jede Nacht auf meiner Schulter. Das hat sie vorher noch niemals gemacht und sie lebt seit 2011 bei uns.

An einem Abend, an dem ich sehr traurig war (Montage sind noch emotional schwierig), flackerte in der Küche das Licht. Ich sagte zu Muffin “Bitte sag Oma, dass mir das mit dem Licht Angst macht” und sofort hörte es auf. Hat davor nie geflackert und danach auch nie wieder. Es tat mir danach auch leid, dass ich mich fürchtete.

Das kann natürlich alles Zufall gewesen sein, für mich jedoch sind es Zeichen, dass es meiner Mutter gut geht und sie gut angekommen ist und das ist alles was zählt.

Viel Kraft

In schweren Zeiten wird einem recht häufig viel Kraft gewünscht. Das ist sicher gut gemeint. Hilft aber nicht wirklich. Ich weiss, dass das gemacht wird, weil man nicht weiss, was man sonst sagen soll.

Meine Erfahrung war bisher immer die, dass ich in Krisensituationen weitestgehend “gemieden” wurde. Niemand will mit schicksalhaften Ereignissen zu tun haben. Das Thema sterben und Tod ist in unserer Gesellschaft ein Tabu. Wie oft habe ich schon gehört, dass Sterbende “in Ruhe gelassen” wurden von angeblichen Freunden.

Ich wurde selbst bei meinem Bandscheibenvorfall “in Ruhe gelassen”. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich im Falle einer ernsthaften Erkrankung nur meinem Mann und evtl. noch 3-4 weitere Personen an meiner Seite hätte. Alle anderen würden mich “nicht stören” wollen, oder es gäbe sogar noch die, die mich mit ihren Sorgen und Problemen belasten würden.

Angehörigen, Freunden und seinen Tieren in der finalen Lebensphase bei zu stehen erfordert Stärke. Das kann man einem wünschen, viel besser würde es mir aber gehen, wenn jemand mich einfach in den Arm nehmen würde oder fragen würde “Kann ich irgendwas für Dich tun?”.  Auch das erfordert Stärke, für einen da zu sein, nicht nur mit Floskeln, sondern mit Taten.

Addicted to a certain kind of sadness?

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Momentan habe ich wieder eine akute dysmorphe Phase. Ich weiss, sie wird wieder vorübergehen. Es ist nur eine Phase Hase. So wie der Mond zu und abnimmt, wird auch dieser Zustand wieder verschwinden. Es ist kein Trost, dass es anderen Frauen auch so geht. Geteiltes Leid ist kein halbes Leid.

Ohne erkennbaren Grund bin ich traurig. Die Melancholie ist dieser Tage ein ständiger Begleiter. Nach außen hin lache ich, wirke fröhlich, manchmal sogar ausgelassen. Doch tief in mir ist da eine bodenlose Traurigkeit, die ich nicht ändern kann. Vielleicht muss ich das auch gar nicht. Anstatt sie zu bekämpfen, könnte ich sie annehmen. Es ist wie es ist. Man kann aus allem ein Drama machen. Auch die melancholische Phase wird vorübergehen. Egal ob ich darüber lamentiere oder nicht. Vielleicht bin ich schon etwas “süchtig” nach dieser Melancholie. Dann wird es Zeit für einen Entzug. Ich möchte wieder wirklich fröhlich sein, nicht nur pretend to be. Ich kann mich kaum erinnern, wann ich letztmals wirklich glücklich war und mich lebendig gefühlt habe. Ja klar, es gibt so kleine Momente, die Freude bringen, aber so ein überschäumender Funke des Glücks? Niente, Nada. Sind andere Menschen glücklich? Ich weiss es nicht. Vielleicht sind es nur diese kleinen Momente und das war’s und ich erwarte zu viel. First world problems. Anderen geht es immer dreckiger, schon klar.

Es gibt oft Leute, die geben anderen die “Schuld” an ihrer “Misere” oder jammern ständig über Kleinigkeiten. Die gehen mir gewaltig auf den Zeiger. Ich bin das Gegenteil davon. Ich fresse meist alles was mich bedrückt in mich rein und suche die “Schuld” bei mir selbst. Beides ist nicht gut. Ein gesundes Mittelmaß wäre auch hier richtig.

Ich sah kürzlich ein Reel auf Insta, wo ein Typ behauptet hat, dass andere immer ein Spiegel sind. Das gießt Öl ins Feuer von Menschen wie mir. Ich versuche zu entschlüsseln, was genau andere spiegeln und was ich damit zu tun habe. Ich reflektiere und analysiere doch manchmal ist man einfach von Narzissten und Arschlöchern umgeben und das hat nichts mit einem selbst zu tun. Nicht immer hat man was “gespiegelt” oder sind Situationen die “Resonanz” auf das eigene Verhalten.

So ein Denken ist eh blöd! Mir hat mal ein selbsternannter Life Couch gesagt, dass man alles im Leben anzieht. Wir hatten zu der Zeit einen leichten Wasserschaden durch einen Marder, der die Solaranlage durchgebissen hatte. Wer war nun dafür verantwortlich? Habe ich den Marder “angezogen” mit meinen Gedanken oder mein Mann oder gar wir beide? Wenn einer von uns das “angezogen” hat, wieso muss der andere dann auch darunter “leiden”? Das macht doch gar keinen Sinn. Scheiße passiert einfach. Der Marder hat getan, was Marder tun. So simpel! Narzissten und Arschlöcher tun was Narzissten und Arschlöcher tun! Das tun sie immer, egal ob ich in der Nähe bin oder nicht. Vielleicht bin ich auch nicht süchtig nach einer bestimmten Art von Traurigkeit sondern bin zu oft von Arschlöchern umgeben.

Ich bin echt nicht stolz drauf

Ich traf kürzlich eine Frau, die ich von früher kannte. Die Umstände, durch die ich sie kannte, kann ich leider nicht preisgeben, weil sonst sehr leicht Rückschlüsse auf ihre Identität gezogen werden können. Sagen wir es einfach so: Ich mag sie nicht! Ich hatte sie jedoch auch schon Jahre nicht mehr gesehen.

Ich stand mit meiner BFF auf einem Platz und schaute so in die Menge und entdeckte sie ungefähr 5 Meter hinter uns. “Sie” schaute alles andere als taufrisch aus. Etwas aufgedunsen die Gute. Und ja, ich finde es gut, dass die so Scheiße ausgeschaut hat. Ich bin wahrlich nicht stolz drauf und schäme mich auch etwas dafür, aber da ist auch eine triumphierende Margit in mir, die laut schreit “Karma Baby, Karma!” Man muss nur warten können, auch wenn es Jahrzehnte dauert.

Ich bin auch nur ein Mensch. Es ist ok, dass ich mich darüber freue, dass sie so fertig ist, zumindest ein klitzeklitzekleines bisschen. Diese Tusse hat mir so viel schlaflose Nächte beschert, aber letztendlich, im Nachhinein betrachtet, hat sie mir Glück gebracht. Ich wünsche ihr niemals etwas Übles und bin ihr offen gesagt dankbar. Sie soll lang und in Frieden leben, nur halt weit weg von mir, hahahaha.

Gleich ist nicht immer gleich

Ich hatte mal eine Bekannte (wie immer habe ich hier mehrere Personen zu einer zusammengefasst! Wenn sich hier also jemand “erkennen” sollte: Dies ist eine stark verfremdete Geschichte, die sich zwar so ereignet hat, aber unter anderen Rahmenbedingungen), die hat sich das Recht herausgenommen, Verabredungen, Partys, Geburtstagsfeiern etc. kurzfristig abzusagen, wenn ihr nicht danach war. Das ist ja grundsätzlich ok. Oftmals denke ich mir bei manchen Zeitgenossen “Hey, wenn Du so mies drauf bist, weshalb bist Du nicht besser daheim geblieben???”.

Ich feierte mal einen Geburtstag und die Hälfte der Gäste kam erstens zu spät und zweitens echt richtig übellaunig bei der Party Location an. Sie hatten wegen irgendwas Beef, was Null mit mir zu tun hatte, aber trotzdem waren sie gekommen und hatten ihre Missstimmung mitgebracht.

Alles was ich wollte, war ein lustiger Geburtstag, aber nein, der Eine saß schmollend im Eck und redete so gut wie gar nichts. Die Andere war nur am schimpfen. Ein Weiterer war sauer, weil er der Fahrer war und nichts trinken konnte. Irgendwann war ich die gesamte Bagage leid und diejenigen Gäste, die gut drauf waren, zogen mit mir weiter und wir ließen sie zurück in ihrem Elend. Danach war der Abend schön!

Doch zurück zur ehemaligen Bekannten. Ich hatte mich eines schönen Tages mit ihr zum Essen  in einem Restaurant verabredet und wurde plötzlich krank. Wirklich, ungelogen, zwei Stunden vor dem vereinbarten Treffpunkt hatte ich wie aus dem Nichts Gliederschmerzen, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und wollte nur noch ins Bett. Ich sagte ihr ab und sie war richtig richtig sauer. Wie ich so spät absagen könnte, jetzt könne sie auf die Schnelle keinen Ersatz finden und sie hätte sich so auf den Abend gefreut und allein wolle sie da nicht hin. Ich hatte an diesem Abend keinen Nerv mehr dafür, war aber noch so schafig und fragte eine andere Bekannte, ob sie vielleicht mit ihr Essen gehen würde, was dann auch klappte. Es kamen im Laufe des Abends WhatsApp Nachrichten, wie schön es mit der anderen Bekannten gewesen wäre und was ich verpasst hätte.

Es ist so bezeichnend. Immer wenn die Befindlichkeiten solcher Personen wichtig sind, können Termine abgesagt werden und jeder muss dafür Verständnis haben. Nicht weil sie krank sind sondern weil Ihnen einfach nicht “danach ist”, was ja auch völlig ok ist. Dasselbe Recht sollte man aber auch anderen Menschen zugestehen und erst recht, wenn sie krank sind. Ich hätte mir auch was Schöneres vorstellen können, wie ne Grippe. Die hatte ich sicher nicht “bestellt”.

Immer diejenigen, die für sich selbst alles einfordern, sind nicht bereit, es anderen auch zuzugestehen. Es wird immer diese eine Bekannte /diesen einen Bekannten geben, die / der immer nur nimmt und nimmt und nimmt und nichts zurück gibt, die Person die andere angiftet mit “Lass mich gefälligst ausreden”, andere aber ständig unterbricht. Die oder Denjenigen, die sich absolut asozial verhalten, von Anderen aber verlangen, dass man sich für sie ins Zeug legt und ihnen hilft, egal ob im Privaten oder im Arbeitsleben. Es wird immer diejenigen geben, die gleicher als gleich sind.

Wie geht man damit um? Das Beste, was man tun kann, ist, sich von den Leuten fern zu halten. Wenn das nicht möglich ist, so weit es geht Distanz wahren. Wenn das auch nicht geht: Es muss einem klar sein, dass es sich um narzisstisch geprägte Egomanen handelt, die einem leid tun können.

The next generation

Am Samstag war ich mit meiner BFF im Kino in “Bridget Jones – Verrückt nach ihm”. Mit uns noch weitere Frauen etwa im Durchschnittsalter von 50 und 5 Jungs, schätzungsweise allerhöchstens 16 Jahre alt. Sie waren mit dem Fahrrad gekommen, wie wir feststellten, als wir das Lichtspielhaus verließen.

Vor einigen Wochen hatten wir auf dem Straßenfasching einen junge Mann kennengelernt, der als Zahnfee verkleidet war.

Ich finde sowohl die Zahnfee, wie auch die 5 Jungs in Bridget Jones echt toll.

Dazu fällt mir eine Episode aus meiner Jugend wieder ein, als mich ein damals 19 Jähriger zu einem Date ins Kino eingeladen hatte. Er hatte den Film ausgesucht. Es war “Fire & Ice”, Ein Sportfilm von Willy Bogner aus 1986. Ich bin damals vor Langeweile eingeschlafen. Mit dem Typen gab es selbsterklärend auch kein zweites Date. Undenkbar, dass dieser Typ damals in einen Film wie “Pretty in Pink” mitgegangen wäre, der mir zu dieser Zeit gefallen hätte.

In den 80ern interessierten sich Jungs / Männer – zumindest hier in der Provinz – selten für Mode oder ihr Aussehen, geschweige denn, dass was einem Mädchen / einer jungen Frau gefallen könnte. Ja es gab auch damals Ausnahmen. Die Popper, die man heute wohl als Preppy Style Anhänger bezeichnen würde. Aber als Gegenentwurf die Typen mit ihren Jeansjacken, denen sie die Ärmel abgeschnitten und hinten drauf Bügelbilder ihrer Lieblingsbands aufgebügelt hatten, dazu natürlich ein Vokuhila.

Als etwas später die ersten “metrosexuellen” Männer auftauchten, die sich stylten, Cremes benutzten und einfach einen Ticken gepflegter waren, mokierten sich die oben beschriebenen Typen darüber und unterstellten Homosexualität, weil auch die schwulen Männer oft sehr gepflegt daher kamen. Als ob es ein “Makel” wäre, oder gar “unmännlich”, sich zu pflegen und gut auszusehen.

Zum Glück hat sich das gewandelt. Die Typen von damals eher nicht. Wenn ich sie sehe, laufen sie zu 90 % noch genauso herum wie vor 40 Jahren und verhalten sich auch oft noch so. Es sind nicht nur die Männer. Ich kenne auch Frauen in meinem Alter, die noch immer ihre Dauerwellenfrisur von 1985 haben und sich auch kleidungstechnisch nicht viel weiterentwickelten, ganz zu schweigen vom blauen Kajal und einem dunklen Lippenkonturenstift.

Aber zurück zu den “neuen” Männern / Jungs, die sich nicht in ihrer “Männlichkeit” bedroht fühlen, wenn sie einen “Frauenfilm” anschauen oder sich an Karneval als Zahnfee verkleiden. Ich feiere diese Männer. Die gefallen mir viel besser, als die ewig gestrigen, die nichts dazulernen und noch immer die alten Machosprüche drauf haben und sich hauptsächlich durch unqualifiziertes Mansplaining hervorheben.