Eine weitläufige Bekannte, die ich von früher recht gut kannte, traf ich vor kurzem zufällig wieder. Sie weiss sehr wohl, dass ich Veganerin bin. Nichtsdestotrotz erzählte sie mir mit schriller Stimme „Der Jens, der damals in unserer Clique war, der will ein veganes Restaurant irgendwo im Norden aufmachen. Dem seine Freundin ist Veganerin und von dort. Der hatte so eine große Karriere vor sich als Abteilungsleiter eines großen Konzerns. Aus dem hätte echt was werden können und jetzt sowas (Stimme wurde immer schriller)… zuerst hat er sich die Karriere schon stark selber beeinträchtigt, in dem er in Elternzeit ging und jetzt auch noch das!!!“ „Also seit der mit der Freundin zusammen ist, geht es mit dem stets bergab“. Ich dachte mir meinen Teil, sagte aber lieber nichts.
Definiere „Karriere“ und „aus dem hätte was werden können“. Was ist er jetzt? Raus aus dem Hamsterrad und ziemlich sicher glücklicher, sonst hätte er es ja wohl kaum getan.
„Das ist alles nur der ihr Einfluss“. Als sie das sagte, musste ich das doch kommentieren und ich sagte „wenn er es wirklich nur ihr zuliebe machen würde und selbst nicht dahinter stehen würde, wäre es in der Tat fatal“. Sie verstand es aber nicht und lamentierte weiter „Ja genau, der macht das nur wegen der. Der hat sich früher ausschließlich von Steaks ernährt und jetzt ist er Veganer!“
Sie spie das Wort beinahe aus, als wäre es ein Schimpfwort. So als ob sie eigentlich hätte sagen wollen „Diese vegane Hexe hat ihn verhext. Er stieg so die Karriereleiter hoch und jetzt macht er ein veganes Restaurant auf, ja wo gibt es denn sowas!!!“. Sie murmelte dann noch „Überall begegnet mir jetzt dieses Veganzeugs“ und ich sagte „Ja das ist doch prima“.
Da dämmerte es ihr glaub wieder, dass ich ja auch so eine vegane Hexe bin. Vermutlich ratterte es in ihrem Kopf, dass ich meinen Mann genauso verhext habe, wie die Lebensgefährtin den ehemaligen Karrieremenschen. Überall begegnet ihr jetzt dieses Veganzeugs und es ist in aller Munde. Das ist auch gut so bei demnächst fast 10 Milliarden Menschen. Es muss ein Umdenken stattfinden.
Männer wie Jens sind gut für die Gesellschaft. Er nimmt sich Elternzeit für sein Kind, er steigt aus der Tretmühle aus. Er hat erkannt, was wirklich wichtig ist im Leben. Nicht das, was dieser Bekannten wichtig ist. Vielleicht wird sie irgendwann erkennen, wie unwichtig es ist Konsumgüter anzuhäufen und sich mit Statussymbolen einzudecken und die “Karriereleiter” empor zu klettern. Den meistens zahlt man einen sehr hohen Preis dafür: mit seiner Seele.