Selten so unwohl gefühlt

wie bei diesem Shooting. Es war ein sonniger Nachmittag und ich traf mich mit der Frau, die Portraits von mir wollte. Es war ihre Freundin dabei und ich war schon etwas gereizt, weil ich 15 Minuten in der Gegend herumgefahren war, aufgrund der Beschreibung des Treffpunktes mit “Am Misthaufen links abbiegen und an der alten Scheune wieder rechts”. Natürlich gab es in dem Kaff zig Misthaufen und auch sehr viele alte Scheunen drum herum und die Dame hatte links mit rechts verwechselt, weshalb ich auf der entgegen gesetzten Seite der Ortschaft auf die Frauen wartete. Die “Kundin” (ich verdiene daran nichts und mache das ehrenamtlich für den Tierschutz) redete nichts mit mir, sondern nur mit ihrer Freundin, so als ob ich überhaupt nicht da wäre. Das war sehr unangenehm. Sie fand die Bilder super und es war soweit alles ok, bis auf die Tatsache, dass ich mich selten in meinem Leben so massiv unwohl gefühlt habe, fast schon ausgeschlossen. Das waren keine Fremden, sondern ich kannte beide schon vor dem Shooting.

Getoppt wurde dieses Erlebnis nur noch von einem anderen Shooting. Die “Kundin” (in dem Fall eine Bekannte, die das Ganze als Geburtstagsgeschenk bekam) holte mich ab und schon auf der Fahrt zur Location erzählte sie mir, dass sie vor Jahren schon mal ein Shooting hatte in den Weinbergen, bei Abendsonne und wie toll das gewesen wäre. Sie hatte nur wenig Zeit und auch nur nachmittags, weshalb wir nicht in die Weinberge fahren und auch nicht die sogenannte “Goldene Stunde” nutzen konnten. Ich hätte auch keinen Bock gehabt, die Bilder von damals “nachzustellen”. Ich sagte ihr auch “Die Bilder in den Weinbergen hast Du doch schon, jetzt gibts halt mal was anderes”. Es kamen dann noch Bemerkungen ihrerseits, wie dass die Sonnenblumen auf dem Feld, welches ich ausgesucht hatte, schon stark die Köpfe hängen ließen und dass zu viele Menschen unterwegs wären. Rahmenbedingungen, die nicht in meiner Macht stehen. Sie wiederholte ungelogen mindestens 5x wie toll die Bilder in den Weinbergen waren und wie schade es wäre, weil hier keine Berge sind und auch keine Abendsonne. Mich hat das echt genervt und ich war froh, als wir mit den Bildern fertig waren.

Ich bearbeitete die Bilder und schickte sie ihr zu und es kam ein knappes “Passt für mich, Danke” zurück, mit einem Kuss-Smiley. Anscheinend war sie sehr begeistert von den Bildern und hat sie anderen Bekannten stolz herum gezeigt.

Mich beschäftigt das Shooting mehr als es sollte. Wahrscheinlich habe ich zu hohe Erwartungen, daran, dass man sich anständig für etwas bedankt, wenn man etwas geschenkt bekommen hat, wo jemand echt viele Stunden an Zeit für investiert hat. Vermutlich bin ich doch in vielen Dingen nicht “locker” genug und eindeutig ein Kind der Generation X. Uns wurde Anstand beigebracht und wir hatten eine gute “Kinderstube”.

Die Frau will nochmals ein Shooting im Herbstlaub. Darauf habe ich aber echt keinen Bock. Ich fühle mich ausgenutzt. Wenn ich schon etwas “umsonst” mache, dann sollte ich mich wohlfühlen und Spass daran haben, was hier eindeutig nicht der Fall war. Sie sagte, dass ich die Bilder für meine Homepage verwenden “darf”, aber Portraits habe ich eh schon genug. Eigentlich eh schon zu viele: Pärchenbilder bräuchte ich nochmals welche, aber keine Fraueneinzelportraits, die ich schon massig habe. Ich will die auch gar nicht auf meine Homepage stellen, weil sie mich immer an diesen Nachmittag erinnern an dem ich mich so übergangen gefühlt habe.

Vielleicht hat die Frau es auch gar nicht gemerkt und einfach so dahin geplappert und es ist ihr nicht aufgefallen, dass ich mich immer unwohler gefühlt habe. Vermutlich nehme ich das Ganze zu persönlich, aber auch meine Gefühle haben ihre Berechtigung. Ich will sie nicht immer unterdrücken und herunterspielen. Ich habe keinen Bock mehr auf solche Ereignisse. Soll sie die nächsten Bilder bei der Fotografin vor 5 Jahren in den Weinbergen im Herbstlaub machen, aber ich bin raus!

Es ist nicht mehr dasselbe

oder vielleicht (wahrscheinlich) bin ich nicht mehr dieselbe.

Dieser Gedanke kam mir gestern, nach einem langen Volksfestwochenende.

Früher war klar, am dritten Septemberwochenende gehen alle zurück in die Heimat um dort die “5te Jahreszeit” zu feiern. Das lokale Volksfest.

Seit einigen Jahren ist Freitagabend der traditionelle Freundinnentag, an dem meine drei Freundinnen und ich als Clique feiern gehen. Normalerweise beginnt die Party schon am Bahngleis und auf dem Weg zum Festplatz.

Doch dieses Jahr war alles anders. Es kam am Gleis keine Stimmung auf, im Zug erst recht nicht und auch auf dem Weg zum Platz war keine Party wie sonst. Auch auf dem Platz war es “irgendwie anders”. Es war nicht greifbar, aber dennoch kam nicht das Feeling auf, das wir sonst hatten. Vielleicht weil es noch extrem heiß war mit sommerlichen Temperaturen, die es auf einem Herbstfest normalerweise nicht mehr hat.

Ich hatte mich so gefreut und dann war es ganz anders als erwartet. Der Samstag war auch nicht besser und ich war richtig traurig, weil sich “mein Fest” so verändert hatte. Doch dann kam der Sonntag und ich ging ohne Erwartungen hin und es war grandios. Partystimmung pur. Jeder war gut drauf und es war einfach nur schön. Ich hatte auch ein sehr schönes Erlebnis, mit einer Frau, die mich fragte, ob sie mir eine schöne Schleife an meiner Dirndlschürze binden dürfte. Sie band dann wirklich die schönste Schleife, die man sich vorstellen kann. Da war es wieder, das Gefühl “hier bin ich Zuhause, hier sind die Leute anders drauf”.

Das Fest hat sich im Laufe der Jahre verändert. Lieb gewonnene Lokalitäten verschwanden, wie das Weinzelt, andere wechselten den Standort. Meine Freundinnen mögen eine bestimmte Hütte recht gern, die ich seid Standortwechsel nicht mehr so gerne mag. Ich finde es zu laut, zu stickig zu viel Raucher. Ich mag aber auch nicht sagen, dass ich es dort nicht so prickelnd finde. Die Lokalitäten am Sonntag waren viel gechillter. Wir kamen auf die unsinnigsten, aberwitzigsten Ideen und hatten einfach richtig Spaß. Auch diesmal waren seltsame Menschen um uns herum, aber es juckte uns nicht. Alles war friedlich und gechillt.
Am Freitag hatten wir auch eigenartige Erlebnisse und Begegnungen, aber eher der schrägen Art. Wir sahen eine Gruppe von 8 Personen, wo während des Abends jeder mal mit jedem Speichelaustausch betrieb. Wir sahen einen Typen mit nacktem Oberkörper, der in sein Shirt rotzte und ein Mädchen mit blutig gelaufenen Füßen und wie ein junger Mann in einen Kofferraum einstieg.
Einen Teil der Knutsch-Clique sah ich am Sonntag auch wieder. Diesmal machten sie nur eine Polonäse.

Dieselbe Location und doch war alles anders. War ich anders? War es, weil ich keine Erwartungen hatte oder war es einfach eine ausgelassenere Atmosphäre?
Vielleicht eine Mischung aus allem. Letztendlich war es doch noch ein schönes Fest.

Sind es die “Anderen” oder wir?

Diese Frage stellte mir eine Freundin. Sie meinte damit, ob die “Anderen” immer seltsamer, schräger, skurriler werden oder ob wir immer seltsamer, schräger, skurriler werden. Ich bin mir auch unsicher. Wir alle haben uns verändert. Die vergangenen Jahre, haben etwas mit der Menschheit gemacht, keine Frage.

Da ist die eine Freundin, die ich echt gern habe. Doch seit einiger Zeit und ich rede hier nicht von einer kurzzeitigen Phase, sondern eigentlich seit Jahren, jammert sie viel. Das Wetter ist zu heiss oder zu regnerisch. Sie lamentiert über Alltagssituationen. Sie hat sich in den Finger geschnitten, sie hat Kopfschmerzen, sie hat etwas verloren, sie musste lange beim Arzt warten, sie muss zum Zahnarzt, sie hat einen Parkschein verlegt, sie muss auf ein Taxi warten, obwohl sie schon lange nach Hause will, ein Zug fiel aus und sie verpasste den Anschlusszug. Wir alle haben uns mal in den Finger geschnitten, Kopfschmerzen, Kreuzschmerzen, klamme Knöchel, was verloren und sitzen regelmässig rum und warten auf etwas.

Als ich vor 2 Jahren den Bandscheibenvorfall hatte, war ich mal zwischen den Jahren bei einem Vertretungsarzt um ein Rezept für ein MRT zu bekommen und hatte solche Schmerzen, dass ich weder stehen noch sitzen konnte. Ich weiss noch gut, wie mich mein Mann abholte und ich vor der Praxis in der Kälte auf dem Boden lag, weil ich es sonst nicht mehr ausgehalten hätte. Darüber könnte ich noch Jahre jammern, auch davon traumatisiert sein, aber es ist sowas von Schnee von gestern. Ich trainiere seither regelmässig, weil ich so etwas nie wieder erleben möchte. Auch meiner Mutter mehrere Monate beim Sterbeprozess zuzusehen und ganz speziell die letzten drei Wochen war wahrlich nichts, was angenehm war. Das hängt mir noch immer nach, ist ja auch erst zwei Monate her, aber es nützt auch niemandem, wenn ich darüber ständig reden würde. Es ist wie es ist.

Manchmal wünschte ich, ich könnte der Freundin helfen. Es ist offensichtlich, dass sie nur jammert, weil sie nicht viel Schönes sieht, oder sieht sie nicht viel Schönes, weil sie in ihrem Jammertal festhängt? Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Sie ist ein liebenswerter Mensch und ich habe sie wirklich gern. Ich wünschte nur, sie könnte etwas mehr Lebensfreude empfinden. Ja, sie hat in den letzten Jahren viel Dramatisches erlebt, aber das haben andere auch. Durch das Jammern ändert sich ja nichts daran. Ich denke in solchen Momenten oft an meinen Oprheus. Er leidet seit mindestens 6 Jahren an einer chronischen Darmerkrankung. Wir waren bei so vielen Ärzten und Heilpraktikern und und und – keiner konnte helfen, nur etwas lindern. Er ist so tapfer. Er lebt im hier und jetzt und hat jeden Tierarztbesuch sofort vergessen, sowie er aus der Transportbox steigt. Er nölt nicht noch stundenlang, wie grausig die Fahrt, wie unangenehm es in der Praxis war und wie grob ihn die Sprechstundenhilfe angefasst hat. Er steigt aus, schüttelt sich, geht zum Napf und isst und fängt danach an zu schnurren. Er grübelt nicht noch ewig über Vergangenes oder Zukünftiges. Er macht sich keinen Kopf über sein Aussehen (er sieht eh immer genial aus!). Er zählt keine Kalorien (muss er leider auch nicht, weil er durch die Krankheit eh zu dünn ist) und hat keine Angst vorm Altern. Darüber machen sich nur Menschen Gedanken. Egal wie alt und teilweise dement er geworden ist, er wird immer mein geliebter Schatz sein und das weiss er auch. Er ist einfach nur unfassbar wundervoll!

Ich wünschte, die Freundin (und ich selbst auch) und eigentlich die gesamte Menschheit könnte mehr so sein, wie mein Orpheus. Wir sollten uns viel öfter nach unangenehmen Situationen einfach schütteln, was gutes Essen und uns dann wohlig des Lebens freuen.

Ich sagte der Freundin schon vor einiger Zeit, dass ich im Moment selbst keine Kraft habe. Ich kann ihr Genöle einfach nicht immer wieder anhören. Das mag egoistisch sein, aber es bringt doch nichts. Weder ihr noch mir. Ich brauche so dringend wieder etwas Leichtigkeit und Sorglosigkeit in meinem Leben. Ich bin nicht der Jammerlappenkummerkasten. Ich will diesen Job nicht haben, so wie ich viele andere Jobs nicht möchte. Ich will sie aber auch nicht verletzen, will ja für sie da sein, aber ich weiss nicht wie. In dem ich mir das Gejammer über ihre Alltagssituationen anhöre, wird ja nichts anders und schon gar nicht besser. Ihr zu sagen, dass sie viel jammert habe ich subtil versucht, aber ich glaube, sie hat es nicht verstanden. Ich weiss aber auch nicht, wie ich es direkt sagen könnte. Kann man so etwas direkt sagen? Ich bring das nicht!

Ich würde mir so sehr für sie wünschen, dass auch sie wieder mehr Leichtigkeit und Lebensfreude empfindet. Ich wünsche ihr alles Glück der Welt. Wenn ich den Eurojackpot gewinnen würde, würde ich mit dem Geld (und da würde ja ein Bruchteil der 120 Millionen reichen) dafür sorgen, ihre Probleme zu lösen. Geld löst Vieles. Ich schätze ihr Hauptproblem charakterlich so ein, dass mit ein paar Hunderttausend Euro das Dilemma gelöst wäre und sich dieses “Problem” für immer aus ihrem Leben fern halten würde und sie hätte dann auch finanzielle Freiheit und sozusagen “ausgesorgt”. Wäre sie dann glücklich? Liegt es überhaupt in meiner Macht (oder irgendjemandem’s Macht) Andere glücklich zu machen? Selbst wenn ich alle Widrigkeiten entfernen könnte, würde sie dann aufhören zu jammern oder ist es etwas, das tief in ihr verankert ist, dass heilen müsste, bevor sie mit der Jammerei aufhören könnte? Da ich leider nicht den Jackpot gewonnen habe, werde ich es vermutlich nie erfahren, fürchte aber, das Letzteres der Fall ist. Selbst wenn alle wirklichen Hindernisse aus dem Weg geräumt wären, ist man immer noch man selbst und nimmt sich überall hin mit. Man kann nicht vor sich selbst davonlaufen, egal wohin man geht.

Lasst uns alle Zusammen Jammerfasten! Die Welt ist ohnehin am Arsch. Darüber zu jammern, rum lamentieren, ewig darüber zu stöhnen und seinen Unmut bekunden über Unabänderliches, Unvermeidbares, Vergangenes, Ungeschehen ist nicht nur sinnlos, sondern es vergrößert das Leid nur unnötig.

Der Blutmond

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Gestern war mal wieder ein sogenannter Blutmond. Das erinnerte mich an ein Seminar in Frankfurt vor 13 Jahren. Es fand kurz nach einem Blutmond statt und eine der Seminarteilnehmerinnen wollte uns weismachen, wie unheilvoll so ein Mond wäre. Es ist einfach ein Effekt, ähnlich wie bei einem Sonnenuntergang. Sonnenuntergänge werden gefeiert, Blutmonde verteufelt. Ich fand den Mond gestern einfach nur schön.