Viel Kraft

In schweren Zeiten wird einem recht häufig viel Kraft gewünscht. Das ist sicher gut gemeint. Hilft aber nicht wirklich. Ich weiss, dass das gemacht wird, weil man nicht weiss, was man sonst sagen soll.

Meine Erfahrung war bisher immer die, dass ich in Krisensituationen weitestgehend “gemieden” wurde. Niemand will mit schicksalhaften Ereignissen zu tun haben. Das Thema sterben und Tod ist in unserer Gesellschaft ein Tabu. Wie oft habe ich schon gehört, dass Sterbende “in Ruhe gelassen” wurden von angeblichen Freunden.

Ich wurde selbst bei meinem Bandscheibenvorfall “in Ruhe gelassen”. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich im Falle einer ernsthaften Erkrankung nur meinem Mann und evtl. noch 3-4 weitere Personen an meiner Seite hätte. Alle anderen würden mich “nicht stören” wollen, oder es gäbe sogar noch die, die mich mit ihren Sorgen und Problemen belasten würden.

Angehörigen, Freunden und seinen Tieren in der finalen Lebensphase bei zu stehen erfordert Stärke. Das kann man einem wünschen, viel besser würde es mir aber gehen, wenn jemand mich einfach in den Arm nehmen würde oder fragen würde “Kann ich irgendwas für Dich tun?”.  Auch das erfordert Stärke, für einen da zu sein, nicht nur mit Floskeln, sondern mit Taten.

Addicted to a certain kind of sadness?

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Momentan habe ich wieder eine akute dysmorphe Phase. Ich weiss, sie wird wieder vorübergehen. Es ist nur eine Phase Hase. So wie der Mond zu und abnimmt, wird auch dieser Zustand wieder verschwinden. Es ist kein Trost, dass es anderen Frauen auch so geht. Geteiltes Leid ist kein halbes Leid.

Ohne erkennbaren Grund bin ich traurig. Die Melancholie ist dieser Tage ein ständiger Begleiter. Nach außen hin lache ich, wirke fröhlich, manchmal sogar ausgelassen. Doch tief in mir ist da eine bodenlose Traurigkeit, die ich nicht ändern kann. Vielleicht muss ich das auch gar nicht. Anstatt sie zu bekämpfen, könnte ich sie annehmen. Es ist wie es ist. Man kann aus allem ein Drama machen. Auch die melancholische Phase wird vorübergehen. Egal ob ich darüber lamentiere oder nicht. Vielleicht bin ich schon etwas “süchtig” nach dieser Melancholie. Dann wird es Zeit für einen Entzug. Ich möchte wieder wirklich fröhlich sein, nicht nur pretend to be. Ich kann mich kaum erinnern, wann ich letztmals wirklich glücklich war und mich lebendig gefühlt habe. Ja klar, es gibt so kleine Momente, die Freude bringen, aber so ein überschäumender Funke des Glücks? Niente, Nada. Sind andere Menschen glücklich? Ich weiss es nicht. Vielleicht sind es nur diese kleinen Momente und das war’s und ich erwarte zu viel. First world problems. Anderen geht es immer dreckiger, schon klar.

Es gibt oft Leute, die geben anderen die “Schuld” an ihrer “Misere” oder jammern ständig über Kleinigkeiten. Die gehen mir gewaltig auf den Zeiger. Ich bin das Gegenteil davon. Ich fresse meist alles was mich bedrückt in mich rein und suche die “Schuld” bei mir selbst. Beides ist nicht gut. Ein gesundes Mittelmaß wäre auch hier richtig.

Ich sah kürzlich ein Reel auf Insta, wo ein Typ behauptet hat, dass andere immer ein Spiegel sind. Das gießt Öl ins Feuer von Menschen wie mir. Ich versuche zu entschlüsseln, was genau andere spiegeln und was ich damit zu tun habe. Ich reflektiere und analysiere doch manchmal ist man einfach von Narzissten und Arschlöchern umgeben und das hat nichts mit einem selbst zu tun. Nicht immer hat man was “gespiegelt” oder sind Situationen die “Resonanz” auf das eigene Verhalten.

So ein Denken ist eh blöd! Mir hat mal ein selbsternannter Life Couch gesagt, dass man alles im Leben anzieht. Wir hatten zu der Zeit einen leichten Wasserschaden durch einen Marder, der die Solaranlage durchgebissen hatte. Wer war nun dafür verantwortlich? Habe ich den Marder “angezogen” mit meinen Gedanken oder mein Mann oder gar wir beide? Wenn einer von uns das “angezogen” hat, wieso muss der andere dann auch darunter “leiden”? Das macht doch gar keinen Sinn. Scheiße passiert einfach. Der Marder hat getan, was Marder tun. So simpel! Narzissten und Arschlöcher tun was Narzissten und Arschlöcher tun! Das tun sie immer, egal ob ich in der Nähe bin oder nicht. Vielleicht bin ich auch nicht süchtig nach einer bestimmten Art von Traurigkeit sondern bin zu oft von Arschlöchern umgeben.