Irrelevanter Schnickschnack

Ich habe eine sehr liebe und nette Bekannte, die ich seit beinahe 40 Jahre kenne. Wir telefonieren circa 2-3x pro Jahr. Meistens zu unseren Geburtstagen. Wie gesagt, ist sie eine Nette und ich mag sie gerne. Ich würde auch öfter mit ihr telefonieren, doch leider erzählt sie mir bei wirklich jedem Telefonat in epischer Breite die gesamte Lebensgeschichte von Menschen, die ich nicht kenne, nie kennen werde und die mich null interessieren.

Vielleicht ist es dem Umstand geschuldet, dass wir nicht so viel gemeinsam haben und irgendwann die Schnittpunkte “abgegrast” sind und man sonst nicht so wirklich weiss, was man miteinander sprechen soll. Mach ich das auch? Erzähle ich anderen auch irrelevanten Schnickschnack? Bestimmt ab und an, aber ich glaube nicht immer und auch nicht stundenlang.

Es gibt so ein Sprichwort, ich bekomme es nicht mehr ganz genau zusammen, aber es geht ungefähr so: Bevor Du sprichst, überlege ob es wichtig ist, ob es nett ist und ob es wahr ist. Die Wenigsten von uns beherzigen diese Empfehlung. Meistens plappern wir einfach drauf los und das ist auch durchaus menschlich. Ich fürchte, die liebe Bekannte erzählt anderen auch meine gesamte Lebensgeschichte, in dem Ausmaß, wie sie sie kennt. Selbst wen n dem so ist, ist es mir gleichgültig. So interessant ist mein Leben nun wahrlich nicht. Auch das ist für andere ganz sicher langweiliger und irrelevanter Schnickschnack.

Eigentlich sind auch die “Schnittpunkte” ,welche die Bekannte und ich gemeinsam haben, irrelevant. Unsere gemeinsamen Bekannte sind entweder tot oder ich habe sie mindestens 10 Jahre nicht mehr gesehen und  seither auch echt nicht groß vermisst. Manchmal ist es schön, in Erinnerungen zu schwelgen und witzige Anekdoten wieder zu beleben, dennoch ist all das Schnee von vorvorgestern. Es juckt heute keine Sau mehr, dass ich damals mal so betrunken war, dass ich mir einen Weihnachtsstern wie einen Hut auf den Kopf gesetzt habe. Oder als ich, wie abgesprochen, mit einer Startrek Uniform samt Communicator zur Arbeit erschien und die Einzige war, die sich an die besprochene Verkleidung zu Fasching gehalten hatte. Es ist auch irrelevant, dass ich noch heute ab und zu von dieser Zeit träume. Träume sind Schäume. Ich möchte nie wieder in diese Zeit zurück. Es war zwar nur mein drittschlimmster Arbeitsplatz und es gab viel Schlimmere, aber ich möchte nicht dorthin zurück, weil ich diese Variante von mir selbst nicht mehr bin.

Vermutlich haben sich auch die Bekannten von damals geändert und sind nicht mehr dieselben, obwohl ich bei besagter Bekannten oft denke “Die ist immer noch genauso wie früher”. Vielleicht aber auch nur mir gegenüber. So wie man immer das Kind bleibt, egal wie alt man ist und wie alt die Eltern sind, so ist es vielleicht auch mit ehemaligen Kollegen oder Freunden. In deren Erinnerung ist man noch Dieselbe wie Mitte der 90er und man selbst kategorisiert sie vermutlich auch so ein. Es ist selten, dass man sagt “Die/ der hat sich total verändert”, aber vermutlich haben sich immer alle bis zu einem gewissen Grad verändert, aber eben nicht in der jeweiligen “Umgebung”. Jeder verhält sich in verschiedenen Lebensbereichen anders. Ich bin Zuhause eine andere Margit als auf der Arbeit und wieder eine Andere unter meinen Freundinnen. So verhält es sich wahrscheinlich bei jedem. Es ist selten, dass jemand immer gleich ist, egal in welchem Umfeld. Wir spielen also nicht nur verschiedene Rollen in verschiedenen Lebensabschnitten, sondern auch im jeweiligen Lebensabschnitt wieder andere in unterschiedlichen Lebensbereichen.

Die Bekannte hat mich daran erinnert, nicht so viel irrelevanten Schnickschnack von mir zu geben. Bitte erinnert mich, wenn ich es mal wieder vergessen sollte.

Quite the opposite

Ich hatte vor einigen Wochen von einer medizinischen Behandlung berichtet, die mich komplett heruntergezogen hatte. Mit etwas bangen Schritten ging ich heute wieder dort hin, doch meine Befürchtung verflüchtigte sich schnell. Ich hatte heute eine andere Therapeutin. Eine sehr liebe Frau. Sie stellte sich mir nett vor und erzählte ein bissle von sich. Sie sprach meine Ohrringe an, die ihr sehr gefielen. Sie war weder belehrend noch hielt sie sich für allwissend. Sie war einfach nur nett und angenehm. Ich muss noch einmal hin und ich sagte ihr, dass ich den nächsten Termin unbedingt wieder bei ihr haben möchte.

Die beiden Termine waren ein Unterschied wie Tag und Nacht. Heute fühlte ich mich danach wohl, während mich die Dame vom letzten Mal echt heruntergezogen hat. So unterschiedlich kann es sein. Es steht und fällt mit den Menschen. So ist es immer und überall. Es gibt Menschen, die einem guttun und welche, die einem alles andere als guttun. Egal ob Dienstleister, medizinische Fachkräfte, Verkäufer, Bekannte.

Manchmal greift das Gesetz der Resonanz, aber nicht immer. Ich bin der ersten Frau genauso freundlich und offen entgegengetreten, wie der Frau vom heutigen Termin. Ich glaube auch nicht, dass es etwas mit mir zu tun hatte. Die Frau litt einfach an großer Selbstüberschätzung und hielt sich für die Tollste. Ich habe heute mitbekommen, wie sie im Nebenzimmer andere Patienten genauso lehrmeisterhaft behandelte und mit ihren “Weisheiten” überschüttete. Es ist einfach ihre Natur. Es gibt so Leute, die ein übersteigertes Selbstvertrauen haben und sich für die Schlausten, Besten, Tollsten halten. Es sind nach meiner Erfahrung meistens die, die nicht viel auf dem Kasten haben.

Ich kann nicht ausschließen, dass ich wieder an die “Gutste” geraten werde. Wenn meine Favoritin krankheitsbedingt ausfällt, kann es gut sein, dass ich wieder die “Spezialbehandlung” erhalten werde. Ich weiss aber nun, dass ich es nicht persönlich zu nehmen habe, weil es mich nicht betrifft. Das zu wissen, hilft schon viel.