Im Tal des ewigen Jammerns

Diese Woche hatten eine Freundin und ich das Thema “geborene Opfer”. In unserem Umfeld tummeln sich einige “Kandidaten”, die oft und gerne jammern. Wir stellten fest, dass die immer mit ihrer Jammerei durchkommen und wir das auffangen. Das muss aufhören. Eine ist zu allem “zu schwach”, schon seit Jahren. Sie ist nicht etwa alt und gebrechlich, sie gibt nur immer und überall kund, dass ihr dies und das “zu viel” ist, sie das nicht schafft, weil sie “keine Kraft” dafür hätte. Wir reden hier nicht von massiven Anstrengungen, die sie mit diesen Aussagen ablehnt, sondern Alltägliches. Irgendwo anrufen und einen Termin ausmachen zum Beispiel, oder sich an einem Ort treffen, wo sie angeblich nicht hin kann, weil es zu steil zum laufen wäre (obwohl dort hin alle 15 Minuten Busse fahren). Es sind offensichtlich Ausreden und wir arrangieren alles so, damit die Person keinen Aufwand hat. Den haben wir dafür!

Es gibt immer zwei Seiten: Die Jammerlappen, die mit allem durch kommen und diejenigen – wie meine Freundin und ich – die es auffangen. Wir rufen an und vereinbaren die Termine, wir nehmen uns zurück und gehen an Orte, die weniger “aufwendig” zu erreichen sind, wir passen uns an, während sich die “Opfer” in ihrer Opferrolle wälzen und suhlen. Wir tun denen damit nichts Gutes.

Es geht hier nicht darum, dass man Rücksicht nimmt, wenn jemand wirklich krank ist und Hilfe braucht. In diesen Fällen wären wir die letzten, die nicht reagieren würden. Es geht um die eingebildeten “Opfer”. Die ja gar nichts dafür können und denen immer nur “Scheiße” passiert. Die “Scheiße” ist meist belangloser Alltag über den die Meisten gar nicht reden. Ich hatte heute morgen schon eine Lache Katzenkotze gefunden und aufgeputzt. Darüber könnte ich den ganzen Tag endlos lamentieren, wie eklig das war und allen lang und breit von der Konsistenz und dem Aussehen erzählen. Könnte ich, würde nur nichts bringen, ausser, dass ich meinen Mitmenschen zu Recht gehörig auf den Zeiger gehen würde. Ich habe aber welche in meinem Umfeld die tun das. Nicht explizit über Katzenkotze, das ist nur eine Metapher. Deren Katzenkotze kann ein defektes Gerät sein, viel Arbeit, anstrengende Kollegen.

Darüber kann man sich schon mal auskotzen, das ist auch nicht das, was ich meine. Es gibt aber so ein paar Zeitgenossen, denen das ins Blut überging. Die jammern nur noch und stellen sich als das Opfer da. Bei denen ist immer was. Die ziehen die “Scheiße” magisch an, weil sie in allem “Scheiße” sehen.

Mit einer dieser Personen hatte ich kürzlich ein Telefonat. Ich habe mit Absicht nicht viel gesagt, hat die Person eh nicht interessiert, was bei mir so abgeht. Es ging ihr nur ums endlose Jammertal. Die Scheisse ist ihr passiert und da war alles Kacke, dort gibt es nur Beschissenes. Manchmal denke ich, ob es helfen würde, wenn sie sich mal hören würde, aber ich glaube nicht, dass sie erkennt, dass sie nur am rumnölen ist. Sie hat auch ein paar körperliche Gebrechen. Klar ist das nicht spaßig und immer Schmerzen zu haben ist weissderKuckuck nicht schön. Ich habe auch noch immer Schmerzen. Vielleicht bleibt das, vielleicht auch nicht. Ich könnte darüber alle in meinem Umfeld zujammern und immer wieder betonen, welche Schmerzen ich habe. Würde es etwas ändern? Ganz sicher nicht.

Ich habe “keine Kraft” mehr, ich bin zu “schwach” für die gequirlte, sich immer wiederholende, endlose “Scheiße” anderer. Ich bin es wirklich endgültig leid. Erzählt es Eurem Friseur, Fremden auf der Strasse, schreibt Tagebuch oder macht was immer ihr wollt, aber hört auf, mir eure endlosen Tiraden zuzumuten. Ich will sie nicht hören. Bei Euch ist immer was. Es hört nie auf. Das Leben ist so kurz und die eigenen Problemchen und Befindlichkeiten sind schon genug. Ich mag nicht auch noch Euren Ballast mittragen. Den könnt Ihr schön selber in Euren Jammerrucksack packen. Wälzt Euch schön im Unglückstal Ihr armen Unglücksraben. Denn objektiv betrachtet, geht es Euch echt gut! Ihr nagt nicht am Hungertuch, Ihr habt keine wirklich echten, richtigen, schweren Probleme. Eure körperlichen Beschwerden sind auch vorübergehend und heilen wieder ab (übrigens um so langsamer, je mehr ihr Euch da reinsteigert!) und ihr habt – eigentlich – ein gutes Leben. Seid einfach mal etwas dankbarer dafür!

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