Kleine Challenges in Zivilcourage

Meine beste Freundin und ich unterhielten uns kürzlich darüber, dass wir uns zu viel gefallen lassen, weil wir uns oft nicht trauen, uns zur Wehr zu setzen oder deutliche Grenzen aufzuzeigen.

Wir beschlossen deshalb, dies in kleinen Aktionen zu trainieren. Wir fangen damit an, in Restaurants zu sagen, wenn etwas nicht in Ordnung war und z.B. das Essen nicht schmeckt. Wir machen gleich den Mund auf, wenn Dienstleistungen nicht ok sind.

Diese Woche fing ich damit an, dem Schneider, dem ich ein Kleid zum Umnähen gebracht hatte, nett aber bestimmt die Meinung zu sagen.

Angefangen hatte es vor 7 Wochen. Ich brachte ihm ein Kleid, an dem etwas geändert werden musste. Nichts Aufwendiges. Er versprach, dass es eine Woche später fertig sein sollte. Ich wollte es zum vereinbarten Termin abholen, aber es war nicht fertig. Er wäre nicht dazu gekommen. Ich war so gutmütig und ging auf seinen Vorschlag ein, dass er mich anruft, wenn es fertig ist. Ich wartete 1 Woche, 2 Wochen, 3 Wochen… nach 6 Wochen ging ich hin. Natürlich war mein Kleid noch immer nicht fertig. Er sagte auch noch frech “Sie waren doch damit einverstanden, dass es nicht eilt”. Und dann platzte mir der Kragen. Ich sagte ihm, dass ich damit nicht gemeint hatte, dass mein Kleid nun hinterste Priorität hat und am St. Nimmerleinstag fertig wird. Über 6 Wochen sind ja wohl genug Zeit, auch wenn er viel beschäftigt ist. Ich bestand darauf, dass es nächste Woche Mittwoch fertig ist. Wehe ihm, wenn es am Mittwoch nicht fertig ist! Es ist ein Sommerkleid verdammt noch mal. Wann soll es denn fertig werden, im Herbst vielleicht? Unverschämt.

Er hatte meine Gutmütigkeit ausgenutzt und genau das ist bezeichnend. Damit ist nun Schluss! Er merkte, dass er zu weit gegangen war (weil ich es zugelassen hatte!) und entschuldigte sich. Gestern rief er mich an, dass er mein Kleid schon fertig hat. Er entschuldigte sich nochmals. Er hat es wirklich richtig toll gemacht und man sieht überhaupt nicht, dass etwas geändert wurde. Es ist sehr professionell abgeändert und passt nun wie angegossen. Leider hat er die Träger vergessen, aber das sehe ich ihm nach. Die brauche ich nicht unbedingt und kann ich auch selbst anbringen. Er ist bei mir sozusagen wieder aus dem Schneider. Es war auch nicht seine “Schuld”. Ich habe zugelassen, dass mein Anliegen nicht gebührend beachtet wurde. Ich alleine war das. Weil ich mal wieder dachte, ich müsste es allen recht machen, selbst fremden Dienstleistern, die ich bezahle.

Ich will dass meine Wünsche respektiert werden. Ich will, dass bei Dienstleistungen – für die ich ja bezahle – alles zu meiner Zufriedenheit ausgeführt wird und so wie ich es will und wann ich es will. Ich werde nicht mehr zulassen, dass ich vertröstet und hingehalten werde und hinten anstehe. Ich zahle schließlich genauso wie andere. Schluss mit verständnisvoll und geduldig. Ich huldige ab jetzt dem Gott der Ungeduld: Hammersbald!!!

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