Meine Erfahrung mit balinesischem Astronauten-Techno

Ich war bei einer Kakao-Zeremonie. Was hatte ich mir eigentlich darunter vorgestellt? In meiner unendlichen Naivität dachte ich, es wäre etwas ähnliches wie eine Teezeremonie, nur eben mit Kakao. Ich sollte eines Besseren belehrt werden.

12 Teilnehmer trafen sich bei der Veranstalterin in einem Raum, der mit Kristallen, Häkeldecken und Kakaobohnen hübsch dekoriert war.

Die Teilnehmer trudelten nach und nach ein und einige unterhielten sich über Themen wie AUM Tanzen – nie gehört – und irgendwelche Gruppenkuscheltreffen, die sich für mich wie “Ringelpietz mit Anfassen” anhörten. Diejenigen, die es kannten, bekamen glänzende Augen, bei den Erzählungen zweier Teilnehmerinnen und kommentierten es mit “voll schööööööön”, während ich dachte “WTF mache ich hier?”. Mir schwante Böses.

Die Gastgeberin hatte den zeremoniellen Kakao leicht erwärmt und mit Gewürzen verfeinert. Jeder hatte seine Lieblingstasse mitgebracht. Die Zeremonienmeisterin schenkte den Kakao in jede Tasse und gab sie in den Kreis, mit der Bitte, sie mit guten Wünschen zu besprechen, bis sie dann beim Besitzer ankam. Das war wirklich eine schöne Idee und ich entspannte mich wieder etwas.

Der Kakao schmeckte bitter, aber nicht ungenießbar. Wir erhielten eine kleine Einleitung über Herkunft und Wirkung des Kakaos. Danach spielte eine der Teilnehmerinnen auf der Gitarre und wir sangen alle dazu.

Bis hierher war es ein schöner Abend und damit hätte es für mich eigentlich auch beendet sein können. Doch nun begann der Teil, der mich an die Grenzen meiner Komfortzone brachte.

Es fing mit Paarübungen an. Zwei Mitwirkende taten sich zusammen und Eine/r knetete, massierte und streichelte die / den Andere/n. Nach ungefähr 15 Minuten wurde gewechselt. Ich war so froh, dass ich diese Übung mit meiner Freundin machen konnte, mit der ich diese Kakao-Zeremonie zusammen gebucht hatte. Unter Freunden ist das doch etwas anderes, als mit fremden Menschen, für mich zumindest. Ich umarme Familienmitglieder und Freunde echt gerne, aber mit dem Berühren von Fremden tue ich mich massiv schwer.

Der nächste Programmpunkt wurde für mich noch “schlimmer”. Wir wurden zum “freien Tanzen” aufgefordert. Leider kann ich nicht auf balinesischen Astronautentechno tanzen. Offen gesagt kann ich gar nicht tanzen, aber wenn, dann nur auf Musik, die mir richtig richtig richtig saugut gefällt. Wahrscheinlich dauerte diese “Tanzzeit” nur 5 Lieder, aber gefühlt waren es für mich Stunden. Irgendwann machte ich einfach die Augen zu und flüchtete in meine eigene Welt. Ich war nicht die Einzige. Ein paar der Anderen fanden ebenfalls keinen Zugang zur Musik. Es gab Momente, da flüsterte mir der komplett unspirituelle Wesensteil in mir zu “Für das Geld, das das hier kostet, hättest Du Dir besser doch den Lockenstab für extragroße Locken bestellt”.

Als nächstes war Eye-Gazing angesagt und ich muss gestehen, das war echt überraschend gut. Jedoch funktionierte das “Seelenlesen in den Augen” bei mir nur bei den Personen, die ich vorher schon auf Anhieb sympathisch fand. Ich “las” in ihren Augen Anmut, Liebe, Dankbarkeit, Freude, Weisheit und vieles mehr. Bei ein paar wenigen spürte ich sogar so etwas wie Vertrautheit, als ob ich sie, beziehungsweise ihre Seelen kennen würde. Bei Denjenigen, die mir nicht so lagen zog sich die Minute ewig und es fiel mir schwer, ihnen ein “Feedback” zu geben.

Der Abend wurde abgeschlossen mit dem “Angel-Walk”. Wir bildeten eine Gasse und Jede/r lief einmal hindurch und wurde von den anderen gestreichelt. Das war für mich auch wieder eine massive Herausforderung. Es fiel mir bei Denjenigen, die ich mochte wieder deutlich leichter, wie bei denen, die ich eher “merkwürdig” fand. Unsympathisch war mir niemand, aber dennoch gab es schon Menschen, die mir eher lagen und welche, mit denen ich weniger anfangen konnte. Ich denke, das ist auch völlig normal.

Fazit des Ganzen: Es war eine aussergewöhnliche Erfahrung. Ich habe nette Menschen wieder getroffen, bzw. neu kennengelernt, wiederholen möchte ich das Erlebnis jedoch nicht.

Heute zeigt der peruanische Kakao seine Wirkung. Ich fühle mich wie verkatert, bin leicht reizbar und übellaunig. Vielleicht nicht gerade der ideale Zeitpunkt um ein Resümee zum gestrigen Abend zu posten, aber vielleicht ist es dadurch auch ehrlicher. Ich fand den Abend offen gesagt teilweise schön und teilweise unschön. Das lag aber nicht an den anderen Leuten, sondern nur an mir selbst. Es ist aber auch gut für mich zu erkennen, dass ich nicht der Typ bin für Veranstaltungen dieser Art. Ein zweites Mal werde ich auf keinen Fall an einer Kakaozeremonie teilnehmen und auch kein anderes Kursangebot der Gastgeberin mehr wahrnehmen.

Es ist wie mit anderen Dingen, die ich nicht so gerne mag. Musicals, Blumensträuße etc. Das soll und darf anderen Leuten gefallen und guttun. Für mich ist es aber auf keinen Fall etwas, was ich wiederholen möchte, auch wenn die Gastgeberin und ein Großteil der Teilnehmer echt tolle Menschen waren. Es ist ähnlich wie bei einem Theatherstück. Es kann noch so gut und super gespielt sein. Ich bin einfach mehr der Kinogänger. Ein Film ist für mich immer besser als jedes Theatherstück. So ist es auch mit Veranstaltungen, die etwas ins Esoterische / Spirituelle abdriften. Ich bin generell nicht wirklich unspirituell, aber ich möchte das für mich alleine, auf meine Art ausleben. Sämtliche Veranstaltungen dieser Art, die ich bis jetzt besucht habe, waren nicht für mich geeignet, gänzlich unabhängig davon, ob die Gastgeber professionell und perfekt vorbereitet waren. Es ist vollkommen legitim zu erkennen, wenn etwas einfach nicht zu MIR passt. Das hat nichts mit den anderen zu tun und dieser Bericht ist auf jeden Fall vollkommen subjektiv und nur mein Empfinden. Ich bin mir sicher, dass die anderen Teilnehmer lückenlos begeistert waren.

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