Meine älteste Katzen-Tochter starb vor 4,5 Wochen im Alter von 17 Jahren. Wir haben uns bewusst gegen eine Euthanasie entschieden. Sie hatte keine Schmerzen und sie schlüpfte friedlich aus ihrem Körper.
Ich sehe Euthanasie differenziert. “Erlösen” wir wirklich das Tier von Schmerzen und Qualen, oder eher uns Menschen, weil wir es nicht sehen können oder wollen, dass unser ehemals agiles Tier nicht mehr durch`s Haus springt wie ein junges Reh? Leiden nicht eher die Menschen? Ist es einfacher, ein Tier vermeintlich aus Liebe töten zu lassen, anstatt es auf seinem letzten Weg zu begleiten, bis seine natürliche Zeit gekommen ist?
Ich habe vor vielen Jahren meinen Kater Walter auf anraten der damaligen Tierärztin einschläfern lassen. Er hatte FIV und zu diesem Zeitpunkt dachte man, wie bei HIV auch, dass das auf jeden Fall ein Todesurteil wäre. Heute weiss man es besser, aber damals sagte mir die Tierärztin, dass ich ihn von seinem Leiden erlösen solle. Er kämpfte stark gegen den künstlich herbeigeführten Tod an und das mit anzusehen, geht mir noch heute nach. Es fühlte sich falsch an. Seine Zeit war noch nicht gekommen.
Als man dann kurz darauf herausfand, dass FIV Katzen noch lange leben können fühlte ich mich wie seine Mörderin. Ich hatte der Tierärztin vertraut. Sie hatte auch nach bestem Wissen gehandelt. Dennoch war es falsch. So unendlich falsch. Mein Bauchgefühl sagte mir das damals auch. Ich hätte darauf hören sollen. Zur Strafe werde ich nie seinen Blick vergessen, als er starb. Das war kein friedliches einschlafen. Es war ein Todeskampf. Furchtbar und schrecklich.
Tieren kann man – wie Menschen auch – die letzte Phase ihres Lebens mit Schmerzmitteln erleichtern. Betagte Menschen schläfert man auch nicht ein.
Viele Menschen werden das jetzt sicher nicht verstehen. Ja, es war schlimm MissC sterben zu sehen. Es gab viele Stunden, wo sie nur noch döste und schon mehr in der anderen Welt war wie hier und es zerriss mir das Herz zu wissen, dass sie bald nicht mehr da sein wird. Ich passte mich ihrem Sterbeprozess an. Sie wollte die Tage vor ihrem Tod nur noch auf dem Boden liegen, also legte ich mich ebenfalls Tag und Nacht zu ihr auf den Boden. Ich brachte ihr Essen und Trinken, wenn ich das Gefühl hatte, sie will was. Ich glaube, sie hat nur mir zuliebe gegessen und getrunken, damit ich nicht das Gefühl hatte, ich würde sie verhungern lassen. An ihrem letzten Tag schob sie alle Näpfe mit den Pfoten von sich und schüttelte deutlich den Kopf. Ich zwängte ihr nichts mehr auf. Es war Zeit, das spürten wir alle im Haus nur zu deutlich. Wir legten sie ins Bett zwischen uns und streichelten und küssten sie den ganzen Tag über immer wieder, während sie meistens döste. Als dann ihre letzten Minuten gekommen war, schnurrte sie nochmals ganz leise, dann strampelte sie mit den Beinen, als wolle sie ihren Körper abstreifen und machte drei “große Schnaufer”, sah mich nochmal ganz genau an und dann hörte sie auf zu atmen.
Die letzten Stunden waren schön und grausam zugleich. Schön, sie noch zu spüren, sie streicheln und küssen zu können und grausam, weil wir wussten, dass es die letzten Male sein würde. Wir kosteten jede Minute aus, rochen an ihrem Köpfchen um uns ihren Duft und ihr seidiges, wundervolles Fell einzuprägen. MissC ging friedlich aus ihrem Körper . Es fühlte sich richtig an, wie wir es gemacht hatten. Die Tierärztin hatte uns schon zwei Wochen zuvor zur Euthanasie geraten. Wenn wir das getan hätten, hätten wir so viel wertvolle Zeit verloren und MissC und uns diese Zeit genommen. Natürlich kostet es sehr viel Kraft, sein geliebtes Kind (und das ist sie für uns) gehen zu lassen, egal auf welche Art, aber sie natürlich und ohne Zwang gehen zu lassen, fühlte sich einfach um so vieles besser an.