Wie gewonnen, so zeronnen

Ich habe – unter vielen anderen Ticks… – den kleinen Tick, dass bei meinen Outfits farblich immer alles abgestimmt sein muss, selbst der Regenschirm. In meiner üppigen Sammlung fehlte mir noch ein knallroter Schirm.

Eines schönen Tages  im letzten Winter schlenderte ich durch einen sehr bekannten Drogeriemarkt und sah rote Regenschirme im Angebot. Sie kosteten nur wenige Cent. Mein Schnäppchenjägerinnenherz schlug höher. Ich hatte schon sehr viele Waren in meiner Hand und hängte den Griff des Schirmes an mein Handgelenk.

So marschierte ich zur Kasse. Ich stand etwas an, hing meinen Gedanken nach, legte dann alles, was ich in Händen hielt auf das Band und zahlte. Draussen räumte ich alles schön in den Kofferraum, fuhr Richtung Heimat und sang noch ein paar Lieder im Radio mit. Ich war richtig guter Dinge, bis mir siedend heiß einfiel, dass ich den Schirm ja gar nicht gezahlt hatte. Ich war schon beinahe 20 Km vom Markt entfernt. Zurückfahren wäre in umwelttechnischer Sicht frevelhaft gewesen… doch was tun? Anrufen und sagen, dass ich den Schirm das nächste mal zahle und dass sie ihn “anschreiben” lassen sollen? Das wäre die Lösung gewesen, aber ich war feige. Ich traute mich einfach nicht. Es war mir unfassbar peinlich. Doch dann fiel mir ein, dass ich noch einen 10% Gutschein von dieser Firma hatte. Diesen zerriss ich und warf ihn in den Abfall und beschloss, das nächste Mal so viel dort einzukaufen, dass die 10% auf jeden Fall im Warenwert von dem Schirm wären und dann wäre mein schlechtes Karma wieder ausgeglichen. Gesagt getan. Beim nächsten Einkauf kaufte ich wirklich so viel, dass die 10% dem Warenwert des Schirmes entsprachen und zahlte so quasi den Schirm nachträglich.

Einige Tage nachdem ich den Schirm “bezahlt” hatte, fragte mich eine Bekannte, ob ich von ihr und ihrem kleinen Hündchen Portraitbilder im Schnee machen könnte. Wir hatten ein tolles Schnee Shooting auf einem zugeschneiten Bolzplatz und ich nahm den Schirm mit, um mein Objektiv vor den Schneeflocken zu schützen. Nach einer Weile hörte es auf zu schneien und ich legte den zugeklappten Schirm beiseite. Wir tollten noch etwas mit dem Hund auf einem Fußballfeld herum und machten schöne Bilder. Wir gingen nach Hause, als es wieder anfing dicke Flocken zu schneien und langsam dämmerte.

Etwa eine halbe Stunde, nachdem ich Zuhause angekommen war – es war inzwischen dunkel geworden – erinnerte ich mich wieder an den Schirm und dass er noch auf dem Fußballplatz lag. Ich rannte zurück (soweit es meine “Moon Boots” erlaubten) und suchte das Gelände nach dem Schirm ab. Ungefähr 5cm Neuschnee hatten den Schirm jedoch komplett verdeckt und ich fand ihn nicht mehr.

Als es einige Tage später wieder taute, suchte ich ihn nochmals, aber es hatte ihn wohl schon Jemand anderes gefunden. Es war wohl nie so richtig “mein Schirm” gewesen und ich hoffe, dass er ein gutes Zuhause gefunden hat.

Seither muss ich immer grinsen, wenn ich Leute mit knallroten Schirmen mit schwarzem geschwungenen Griff sehe. Es könnte Derjenige sein, den ich aus Versehen nicht bezahlte und der nur wenige Tage in meinem Besitz war, bevor der Schnee ihn mir wieder weggenommen hatte.

 

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