Als Kind hatte ich einen schweren Silberblick und die Kinder im Kindergarten gaben mir den Spitznamen „Clarence, der schielende Löwe“. Damit konnte ich gut leben, den ich liebte Clarence aus Daktari und hätte selber gerne so einen zahmenLöwen gehabt.
In meiner frühen Teenagerzeit war ich sehr dünn und schlaksig und die Mitschüler tauften mich „Giraffe“. Auch damit kam ich gut zurecht, weil ich Giraffen schon immer mochte.
Später wurde aus der „Giraffe“ eine „Gazelle“ und auch daran störte ich mich kein bisschen – ganz im Gegenteil.
Noch etwas später hatte ich ein ernsthaftes Problem mit der Nahrungsaufnahme. Spätpubertär setzte ich Essensverweigerung als Waffe ein, um zu rebellieren, bis ich nur noch 50kg wog. Damals bekam ich den Spitznamen Weberknecht. Nicht sehr schmeichelhaft und es gab mir doch zu denken. Ich wollte lieber wieder eine Gazelle sein, anstatt eine Spinne mit kleinem Kopf und langen Beinen… und so aß ich sehr schnell wieder normal und bekam wieder mein Idealgewicht und wurde so wieder zur Gazelle.
Im Laufe der Jahre kamen noch Bezeichnungen wie Storch, Flamingo, Graureiher und Kranich dazu. Je nach dem, was ich anhatte.
So blieb es bis heute.
Ich finde Störche, Flamingos, Graureiher und Kraniche sind sehr schöne Tiere und man könnte schlimmere Tiernamen haben… ich glaube, wenn mich jemand Nilpferd, Stachelschwein, Schlange oder Pottwal nennen würde, hätte ich da schon eher ein Problem mit.
Natürlich sind auch dies alles sehr schöne Tiere, aber man assoziiert damit eben gewisse Stereotypen, zu denen ich nicht gerade gehören möchte. So bin ich doch lieber ein langbeiniges, schlankes Tier als ein rundliches Tier, oder eines, dem man Falschheit unterstellt.
Oft kann man auch beobachten, dass Menschen ihren Haustieren mit der Zeit immer ähnlicher werden. Auch damit hätte ich kein Problem, wenn ich diesen edlen Geschöpfen, die bei uns Zuhause das Regiment führen, ähnlich werden würde. Für sie gilt die Aussage „looking great without efforts“ und sie sind alterslos schön. Ich würde auch gerne alterslos schön bleiben, wie meine Katzen. Vielleicht kann ich auch dies von meinen kleinen Zen-Meistern lernen.
Ich habe mal irgendwo gelesen „der Mensch in seiner unendlichen Grausamkeit hat ein 11. Gebot erschaffen: Du darfst nicht alt aussehen“.
Noch ist alle im grünen Bereich. Ich werde meistens mindestens 10 Jahre jünger geschätzt als ich bin. Ob es daran liegt, dass ich tatsächlich jünger ausschaue, oder nur daran, dass ich jünger wirke, weil ich meistens extrem infantil bin, mag dahingestellt sein.
Meine Vorbilder sind jedoch eindeutig Michele Pfeiffer, Iris Berben, Senta Berger, Eveline Hall und Andi Mc Dowell. Frauen, die immer schön sind, egal wie alt sie werden und an denen nicht groß rumgeschnippelt wurde.
Für mich bedeutet „in Würde altern“ nicht, dass man verbraucht, faltig und gegerbt ausschaut, sondern dass man sich immer einen Hauch Jugendlichkeit bewahrt. Ich bin mir sicher, dass ich auch mit 50,60 und 70 noch gut aussehen werde.
Doch manchmal habe ich schwache Momente… ich, die es in meiner Singlezeit gewohnt war, sich armseligerweise ihr Selbstvertrauen aus der Bewunderung ihrer Verehrerschar zu ziehen… bin plötzlich damit konfrontiert, dass ich nicht mehr so oft angeschaut werde, angesprochen werde, angebaggert werde… nicht das sich das wollte… ich bin schließlich glücklich verheiratet, doch trotzdem bilde ich mir ein, dass ich „unsichtbarer“ geworden bin, seit ich Brille tragen muss und Kontaktlinsen verbannen musste. Doch objektiv betrachtet weiß ich, dass das alles nur in m einem Kopf ist. Ich werde nicht weniger angeschaut, weil ich nun eine graue Maus bin, sondern weil ich denke, dass ich eine graue Maus wurde… wieder einmal die Begrenzung und Schranke in meinem Kopf, die mich reduziert. Ich mache mich selber klein, sonst niemand. Nicht die Leute, die mich scheinbar nicht mehr ansehen, nicht Irgendjemand, der mir einreden will, ich wäre zu dick – ich dickes Elefantenmädchen mit der Kleidergröße 38 und meinen 64kg bei einer Größe von 1,76m. Nein, dafür bin alleine ich selber verantwortlich. Auch hier muss ich wieder lernen, mein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Ich bin nicht dick, ich bin nicht hässlich und ich bin nicht alt. Niemand kann mir diese Bestätigung geben, außer ich mir selbst.
Mein Trost ist, dass Flamingos, Störche und Kraniche auch alterslos altern und auch im hohen Alter noch genauso ausschauen, wie als Jungstörche und da ich nun mal so ein Storchentier bin, wird es bei mir genauso sein.