Der Klassiker

Am Freitagmorgen wartete ich auf meinen Bus und wie des öfteren, gesellte sich eine nette ältere Dame zu mir. Sie ist schätzungsweise in den 70ern. Wir halten öfter Smalltalk über das Wetter oder die neuesten Nachrichten.

Gestern standen wir etwas verloren da und keiner wußte so recht, was man noch sagen könnte, als das Wetterthema durch war, bis sie plötzlich in die Stille hinein fragte “Finden Sie es nicht auch so schade, dass es in unserem gesamten Stadtviertel keinen einzigen Metzger gibt?”.

Ich antwortete ihr höflich und nett “Nein, das finde ich überhaupt nicht schade. Ich vermisse garantiert keinen Metzger. Ich bin Veganerin”.

Daraufhin weiteten sich ihre Augen und sie sagte den Satz, der dann wirklich in mindestens 80% der Fälle kommt “Ich esse auch ganz wenig Fleisch und Wurst”. Sie setzte noch eins drauf mit “Man hat ja erst diese Woche wieder gelesen, wie schädlich Wurst sein soll”.

Ich ließ Beides unkommentiert, dachte aber im Bus noch etwas darüber nach.  Bei vielen Omnivoren greift sofort der Verteidigungsmechanismus, sowie ich auch nur erwähne, dass ich Veganerin bin. Sie beteuern dann sofort, dass sie nur ganz wenig Fleisch essen. Es muss ihnen also doch auf irgend einer Ebene bewusst sein, dass das, was die Menschheit den Tieren antut, nicht ok ist.

Doch die Karnismus-Prägung ist oftmals (noch!) zu stark. Dennoch ist da Hoffnung. Ein Mensch, den ich sehr liebe und der mir viel bedeutet, war früher der größte Fleischesser, den ich kannte. Ohne das ich ihn “missioniert” habe, hat er seine Ernährung selbstverantwortlich umgestellt. Auch er konnte sich vor wenigen Jahren wahrscheinlich noch nicht vorstellen, dass er “ohne Fleisch leben kann” und das auch noch sehr gut. In jedem Menschen steckt früher oder später das Potential zur Erkenntnis, dass man nicht länger mitverantwortlich sein will, für das Töten und Misshandeln von Tieren.

Veganismus ist ganz sicher kein kurzlebiger “Trend”, sondern die Zukunft. Jeder muss seinen eigenen Weg dazu finden. Es hilft schon, wenn man seinen Konsum tierischer “Produkte” reduziert. Wir sind fast alle nicht als Veganer geboren worden und haben früher Fleisch, Milch, Eier und Honig gegessen und Lederschuhe und Kleidung getragen. Es ist ein guter Anfang, den Konsum nach und nach zu reduzieren, vielleicht merkt dann die Eine oder der Andere, dass es eine riesige Vielfalt an Alternativen dazu gibt.