Eine Szene aus dem Alltag

Ich hatte einen Gutschein geschenkt bekommen für ein Speiselokal. In der Kleinstadt in der wir leben gibt es genau zwei Restaurants, wo es nichts veganes gibt und dieses war eines davon. Ich schaute auf der Onlinespeisekarte und fand zwei Gerichte, die man leicht und ohne Aufwand veganisieren könnte. Wir beschlossen daher, dem Geschäft eine Chance zu geben.

Wir trafen dort ein und fragten den Kellner, ob noch ein Tisch für zwei Personen verfügbar wäre, was er mit “Ja, aber nur noch Vorne” bejahte. Es gibt vor dem Restaurant ein paar Tische und im Innenhof ebenfalls. Natürlich ist der Innenhof schöner, aber das war uns gleich und wir sagten, dass wir den Tisch vorne nehmen werden. Er nickte und wir liefen zu dem Tisch, der “vorne” noch frei war. Er sah wie wir uns setzten. Wir warteten 5 Minuten, bis er die Bestellung aufnahm, aber er stand an der Tür und schaute in die Luft. Wir warteten 10 Minuten. Wir warteten 14 Minuten, aber er stand noch immer an der Tür. Nach 15 Minuten kam er zu uns an den Tisch und fragte, ob wir reserviert hätten. Wir schauten ihn verständnislos an und erinnerten ihn an unser Gespräch zuvor. Er sagte er hätte mit “vorne” gemeint, dass noch im Restaurant vorne am Tresen ein Tisch frei wäre. Wir sagten ihm, dass wir an einem schönen, lauen Sommerabend nicht im Innenraum sitzen möchten und dass wir gehen werden.

Wir werden das Restaurant sicher nicht so schnell wieder betreten. Das war sehr merkwürdig. Den Gutschein werden wir an Omnis verschenken, oder wir gehen mal hin und saufen uns die Hucke voll, aber ich glaube eher nicht.

perfectly imperfect

Es sind die kleinen Ticks und vermeintlichen “Schwächen”, die uns sympathisch machen. Die Versprecher und tollpatschiges Verhalten, ein zu schrilles Lachen, nicht perfekte Umgangsformen oder schrullige Marotten.

Ich mag es sehr, dass sich eine meiner Freundinnen immer einsaut. Sie kann nichts essen, ohne zu kleckern. Eine andere Freundin spricht Wörter seltsam aus. Sie spricht Beeren immer aus wie Bären und das englische Wort für Insel spricht sie immer aus, wie das englische Wort für Island. Meine Tochter ist mega tollpatschig veranlagt und mein Mann pflegt zu sagen “Ganz die Mama”. Wir sind tatsächlich schon mal beide aus dem Bett gefallen, weil wir uns zu weit nach aussen gedreht hatten. Ich stolpere oft und viel durch die Gegend auf meinen langen Storchbeinen. Unser Sohn Yoshi sieht glaube ich schlecht. Er hat auch einen leichten Silberblick. Manchmal sieht er die Leckerli glaub nicht, sondern riecht sie eher. Deswegen mögen wir ihn nicht weniger, im Gegenteil. Auch unser Muffin ist so unglaublich süss mit seinen X-Beinchen. Ich mag es, das eine meiner Freundinnen es faustdick hinter den Ohren hat, man es ihr aber niemals zutraut. Sie sieht unschuldig und total süss aus, hat aber mal zum Schrottwichteln einen Porno mit gebracht, was alle anderen Teilnehmer nachhaltig verstört hat. Das hätte man vermutlich jeder anderen Person zugetraut nur ihr nicht. Sie sass einfach nur da wie eine Sphinx und hat in sich rein gegrinst, während allen anderen am Tisch die Kinnlade runterfiel. Meine langjährigste Freundin neigt dazu, immer von Haushaltsaktivitäten zu reden, wenn sie sehr unglücklich ist. Sie redet dann vom waschen, bügeln, putzen und ich weiss dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass eine ihrer Beziehungen zu Ende geht. Wenn sie glücklich ist, redet sie nicht von solchen Dingen. Das ist ihr vermutlich selbst noch nie aufgefallen. Ich selbst habe den Hang, seltsame – wirklich mega seltsame – Menschen anzuziehen, wie Motten das Licht. Egal ob im Bus, beim Einkaufen oder wo auch immer. Ich ziehe die Waldschrats, Exzentriker, seltsamen Trullas, komischen Käuze dieser Welt an. Immer. Schon seit Urzeiten. Erst am Freitag wurde ich in der nächstgelegenen Großstadt von einem Mann mit nacktem Oberkörper eingeladen, ob ich eine Flasche Schnaps mit ihm trinken will. Ich habe das Angebot nett und höflich abgelehnt. Dennoch sind es gerade diese Eigenarten, die auch mich ausmachen. Diese Anziehung von seltsamen Gestalten mag nicht perfekt sein, sorgt aber immer wieder für Erheiterung im Familien- und Freundeskreis.

Perfektionismus ist sowieso unerreichbar und wer es versucht, ist mega langweilig. Ich mag Menschen, die “Originale” sind. Damit meine ich nicht die narzistischen Egomanen, die nur das tun, was sie wollen, ohne Rücksicht auf Verluste, sondern richtig originelle Menschen. Urgesteine mit liebenswerten (!!!) Schrullen und Macken. Es leben die Kleckereien, die Versprecher, Verstolperer, die versehentlichen Rülpser, die Anziehung seltsamer Gestalten, die Icelands und Islands, die Brombären, Erdbären, Himbären, Stachelbären und Johannisbären. All die süssen Ticks und Macken, die uns menschlich und sympathisch machen.

 

Selbstportrait

IMG_9126_pp

Heute habe ich ein paar Selbstportraits von mir gemacht und sie leicht (wirklich nicht so sehr) bearbeitet. Ist ganz passabel geworden. Was ich aber noch lieber fotografiere, sind meine Kinder. Die sind immer wunderschön und ich muss nichts an ihnen bearbeiten. Sie sind auch zeitlos wundervoll und sie altern irgendwie nicht so wirklich. Manchmal wirken sie noch wie Kitten, obwohl zwei der Kinder in 5 Wochen schon 12 Jahre alt werden. In meiner nächsten Inkarnation möchte ich eine Katze sein. Eine vegane Katze hahahahhahaa, die Fleisch verweigert werde ich dann. Eine Katze, die nur Salat, Obst, Gemüse und Tempeh isst. Eine wunderschöne hellrote, fast aprikosenfarbene Katzendame werde ich sein mit grünen Augen und einem dunkler geringeltem Schwanz mit hellrosa Pfötchen.