Mecker Mecker Mimimi

Der Sommer ist zu bewölkt, zu regnerisch, zu windig, zu kühl. Letztes Jahr war er zu heiß, zu trocken, zu extrem.

Eine meiner Freundinnen hörte kürzlich, wie sich eine Gruppe von Leuten an einem Badesee ewig über den nicht vorhandenen, schlechten Sommer ausließ. Diese Menschen lagen dabei an einem warmen Sommertag an einem idyllisch gelegenen See. Sie beschwerten sich auch über das Schnattern der Enten und das Quaken der Frösche. Vermutlich störten auch die Sonnenstrahlen und die Vögel, die dort gerne ihre Bahnen fliegen.

Viele von uns haben den Kontakt zur Natur auch gänzlich verloren.

Ich kenne das von mir selbst. Als ich noch Vollzeit gearbeitet habe, stand ich um 5:30 morgens auf, fuhr kurz nach 6:00 zur Arbeit, kam um 17:00 nach Hause, wo dann noch Einkauf, Kochen und der Haushalt auf mich wartete, bis ich irgendwann gegen 22:00 müde ins Bett fiel. Bei so einem Leben bleibt keine Zeit für Spaziergänge in der Natur.  Die Jahreszeiten fliegen einfach so an einem vorbei. Man sitzt in einem klimatisierten Büro. Womöglich gibt es noch Sensoren für die Jalousien, die einen dazu zwingen selbst bei strahlendem Sonnenschein in einem abgedunkelten Büro mit Kunstlicht zu sitzen. Wenn dann der Feierabend endlich naht, begibt man sich ins klimatisierte Auto oder ein öffentliches Verkehrsmittel. Im Winter sieht man manchmal über Wochen kein richtiges Tageslicht. Man geht bei Dunkelheit zur Arbeit und kommt bei Dunkelheit nach Hause. Man erledigt alles automatisch und ist dann froh, einfach nur seine Ruhe zu haben. Dies läßt wenig Raum für Entfaltung und Kreatives.

Jemand der noch nie Vollzeit gearbeitet hat, kann es wahrscheinlich nicht nachvollziehen, wie sehr einem so ein Lebensstil Energie raubt. Ich persönlich möchte nie wieder Vollzeit arbeiten (zumindest nicht im konventionellem Sinn – Home Office bei freier Zeiteinteilung wäre wieder eine ganz andere Sache). Klar verdiene ich bei Teilzeit weniger Geld und dennoch habe ich so viel mehr. Ich erlebe die Jahreszeiten wieder bewußter. Ich genieße bewölkte Sommertage, die nicht zu heiß sind. Ich mag regnerische Herbsttage. Ich zehre von der Sonne, die mich wärmt. Ich schätze das angenehme Lüftchen. Ich habe “gestohlene Stunden” nur für mich – nicht nur im Urlaub, sondern jede Woche. Eine Auszeit, die mir gut tut.

Wenn ich ab und an mal wieder eine Woche durcharbeiten muss, weil es die Arbeit verlangt, dann merke ich das sofort. ich bin dann wieder ausgelaugt und gestresst, weil es meine innere Balance stört.

Leider gibt es noch immer Arbeitsplätze, die einen dazu zwingen Vollzeit zu arbeiten, weil sie so schlecht bezahlt sind, dass man bei Teilzeit nicht über die Runden kommen würde, geschweige denn, eine Familie ernähren könnte. Oftmals reicht nichtmal ein Vollzeitjob und viele müssen sich noch Nebenjobs suchen.

Vielleicht tun wir den Leuten, die ständig über das Wetter meckern unrecht. Vermutlich sind sie nur so in ihrer Tretmühle gefangen, dass sie den Blick auf das Schöne verloren haben. Sie haben am Wochenende eventuell nur einen oder eineinhalb Tage frei und wenn dann das Wetter nicht den Erwartungen entspricht, sind sie enttäuscht. Jetzt, wo sie etwas entspannen könnten, macht ihnen die Natur auch noch einen Strich durch die Rechnung. Keine ersehnte Ruhe, sondern laut quakende Amphibien und kreischende Vögel. Ein kühler Wind, der das Badevergnügen trübt. Nicht jeder hat das Glück, sich öfters eine Auszeit zu gönnen und die Natur zu genießen. Es ist schon ein Privileg und ich bin dankbar dafür, dass ich nicht mehr 100% arbeiten muss. Das sollten wir im Hinterkopf behalten, wenn uns mal wieder Jemand begegnet, der über Kleinigkeiten meckert. Man steckt nicht in dessen Schuhen.

Leider haben nur sehr Wenige das unsägliche Glück, von dem leben zu können, das sie lieben. Dann fühlt es sich auch nicht wie Arbeit an. Wenn man das tut, was man von Herzen gerne tut und was einen erfüllt, dann graut einem auch nicht schon nach Feierabend vor dem nächsten Morgen, freitags vor dem kommenden Montag, oder schon zu Beginn des Urlaubs vor dessen Ende…

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