Trauer unerwünscht

gestern wurde mir gesagt, dass ich noch immer zu oft in Gedanken versunken wäre. Ja manchmal wäre ich sogar total abwesend und noch schlimmer, ich würde ab und an regelrecht teilnahmslos wirken. Mir wurde geraten, mir dringend professionelle psychologische Trauerhilfe zu holen, weil man mir anmerken würde, dass ich anders wäre als früher.

Heute wurde mir gesagt, dass man “es doch nur gut mit mir meinen würde” und mir deshalb psychologische Hilfe dringlich anrät.

Meine beste Freundin, die für mich wie eine Schwester war, starb vor 3 Wochen. Ich denke, da ist es vollkommen normal, wenn ich manchmal etwas geistig abwesend bin und meinen Gedanken nachhänge. Auch das ich “anders” bin ist ja wohl vollkommen verständlich. Es ist doch einfach noch keine Zeit vergangen.

Aber in unserer Gesellschaft gesteht man einem trauernden Menschen offensichtlich nur wenige Tage zu, die man “unnormal” sein darf. Darüber hinaus wird man sofort mit dem Stempel “psychisch labil” versehen.

Ich fand beide Bemerkungen dieser Menschen zum jetzigen Zeitpunkt unangebracht.

Sie haben etwas ganz Wesentliches im Leben noch nicht erkannt. Nämlich, dass es etwas viel Wichtigeres gibt, als immer “zu funktionieren”, wie es Andere von einem erwarten.

Ich habe innerhalb weniger Monate zwei geliebte Menschen verloren. War bis zum Schluss bei ihnen. Da wird man “teilnahmslos” und “unkonzentriert”. No time for trivialities!

Was läuft generell schief in unsere Gesellschaft, wenn einem Menschen nicht einmal eine kurze Zeitspanne zugestanden wird, um einen geliebten Menschen zu trauern? Wo einem sofort geraten wird “professionelle, psychologische Hilfe zu suchen und sich was verschreiben zu lassen, damit man wieder besser drauf ist”, sowie auch nur wenige Wochen verstrichen sind.

Wenn man mehrfach gesehen hat, wie ein Lebewesen in eine andere Welt überwechselt – und ich war jetzt schon 4x bei einem solchen Übergang dabei – dann fragt man sich automatisch nach dem Sinn. Zu was sind wir hier? Was erwartet uns danach? Geht es den von uns gegangenen Wesen gut, dort wo sie jetzt sind? Sind sie glücklich? Haben sie die Zeitspanne ihres Lebens selbst so gewählt? Spüren sie unseren Schmerz? Bekommen sie unsere Gedanken mit? Wie hängt alles zusammen?

Der Tod rüttelt uns wach, achtsam und sorgsam mit unserem Leben umzugehen, weil es kostbar ist und nicht vergeudet werden darf. Das was wir hier aufbauen, das bauen wir uns auch in der geistigen Welt auf. Ohne “Sünde”, “Hölle” etc. Himmel und Hölle trägt jeder von uns in sich und nimmt je nach dem was überwiegt, auch mit in die andere Welt.

Was ist mit meinem Papa? Was mit meiner besten Freundin? Was mit meinen Großeltern, was mit all den verstorbenen, geliebten Tieren, die ich um mich haben durfte? Sind sie dort, wo sie nun sind, gesund und ohne Schmerzen und können das tun, was sie hier nicht tun konnten? Erfüllt sich alles für sie nun dort? Findet meine Freundin ihren Seelenpartner in dieser Sphäre?

Sie sagte oft, dass das letzte Jahr, trotz Krankheit, ihr Bestes war. Weil alles weg fiel, was unwichtig war und nur noch das übrig geblieben war, was wirklich zählt. Wesen, die einen lieben und die man liebt. Bedingungslos.

Dann ist all der alltägliche Müll, mit dem wir uns so gerne zu müllen weg. Dann konzentriert man sich auf das, was man will und nichts ist dann mehr trivial, sondern nur noch bedeutend in der wahrsten Form dieses Wortes. Übrig bleibt das, was einem etwas bedeutet.

Wo der Tod ist, ist auch immer das Leben. Mit dem Verlust müssen wir Hinterbliebenen zurecht kommen, aber er zeigt uns auch, dass wir leben sollen. Tanzen, lachen, SEIN. Das Leben in seiner unendlichen Fülle genießen.

Ich las vorgestern in dem Buch “Das Leben in der Unsichtbaren Welt” von Antony Borgia, dass es angeblich in der anderen Welt keine Jahreszeiten mehr gibt und auch keine Nacht, oder Dämmerung. Seit ich das gelesen habe, schätze ich die Nacht, so lange ich sie erleben kann, ebenso  wie die Jahreszeiten. Der jetzt anbrechende Frühling, laue Sommernächte, Dämmerlicht, Herbstlaub, Schnee, Vereiste Äste, die etwas Mystisches an sich haben. Das alles muss ich genießen, so lange ich es kann, wenn es das tatsächlich danach nicht mehr geben soll.

Ok, dafür kann ich später fliegen und mich teleportieren und ich lerne unfassbar schnell, so wie ein Savant, nur eben nicht als Inselbegabung, sondern ich kann grundsätzlich alles so lernen und mir bis in alle Ewigkeit merken. Auch nicht schlecht.

Der Tod, was ist das? Dieses Mysterium. Vermutlich sind die geliebten Wesen nur einen Schritt von uns entfernt in einer anderen Dimension. Dem vierten Raum? Das was die Kelten den Schleier zwischen den Welten nannten. Nur einen Wimpernschlag von uns und doch so unendlich weit weg, dass wir ihnen nicht mehr Nahe sein können.

Was ist damit gemeint, dass der Tod nur eine Illusion ist? Für uns Hinterbliebenen ist er ziemlich real, weil uns die geliebten Lebewesen weg genommen wurden. Doch sind sie das wirklich, oder erkennen wir es nur nicht, dass sie uns noch immer nah sind? Nicht nur in unseren Gedanken und Erinnerungen, sondern wirklich um uns? Vorgestern war mir, als würde jemand meinen Kopf streicheln und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mir das nicht eingebildet habe. Eine Bekannte von mir, fühlte sich von meiner besten Freundin umarmt. Auch sie hat sich das nicht eingebildet. Ich hörte am Anfang oft meinen Papa reden, inzwischen weniger. Vermutlich weil er denkt, dass ich seinen Trost jetzt nicht mehr so oft brauche.

Alles im Leben hat seinen Sinn, auch der Tod. Wozu und warum und weshalb, das werden wir alle erfahren, früher oder später.

 

 

 

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